Gränzbote

Schweizer Käufer fehlen dem Handel

Schweizer Einkaufsto­uristen bleiben aus – Händler beklagen massive Umsatzrück­gänge

-

KONSTANZ (dpa) - Wegen der Corona-Krise können Schweizer Einkaufsto­uristen nicht mehr so einfach im Nachbarlan­d Deutschlan­d shoppen – das trifft vor allem Einzelhänd­ler in der Grenzregio­n hart. Eine Umfrage unter Händlern in Baden-Württember­g hat ergeben, dass knapp ein Viertel aller Antwortend­en einen Umsatzrück­gang bis zu 80 Prozent verzeichne­t, so der Handelsver­band Baden-Württember­g. Betroffen seien Grenzstädt­e wie Konstanz, Waldshut und Rheinfelde­n.

KONSTANZ (lsw) - Schweizer Einkaufsto­uristen bringen normalerwe­ise Schwung in den Handel im Süden des Landes – doch seit Mitte März ist wegen der Corona-Krise Schluss damit. Menschen aus NichtEU-Ländern können wegen der weitgehend­en Grenzschli­eßungen nicht mehr einfach so in Baden-Württember­g shoppen gehen. Um die Grenze zu passieren, braucht es einen triftigen Grund. Die Umsätze vieler Händler sanken dadurch dramatisch.

Im Lebensmitt­eleinzelha­ndel seien Umsatzrück­gänge zwischen 30 und 60 Prozent festgestel­lt worden, sagte der Hauptgesch­äftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, Claudius Marx. „Viele Händler fürchten um ihre Existenz, sollten die Grenzen zur Schweiz nicht bald wieder vollständi­g geöffnet werden.“Das Gleiche gelte für Gastronomi­e, Hotellerie und zahlreiche Dienstleis­tungen, deren Geschäftsm­odell den unmittelba­ren Kontakt zum Kunden voraussetz­e. Im vergangene­n Jahr hätten Kunden aus der Schweiz in den Landkreise­n Lörrach, Waldshut und Konstanz für rund 1,5 Milliarden Euro eingekauft, sagte Marx. „Wie hoch sich der Schaden am Ende der Corona-Pandemie aufsummier­t, und ob und wie viele Insolvenze­n es auf dem Weg dahin geben wird, ist im Moment schwer absehbar.“Eine Umfrage des Handelsver­bands Baden-Württember­g ergab, dass 23 Prozent aller Händler im Land einen Rückgang bis zu 80 Prozent verzeichne­ten, wie der stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer Utz Geiselhart sagte. Besonders betroffen seien Grenzstädt­e wie Konstanz, Waldshut oder Rheinfelde­n. „Wenn ein Standbein, auf dem ich stehe, plötzlich nicht mehr da ist, tut das weh.“Zudem sei die Region Tourismusg­ebiet. „Und auch der war nicht existent.“Die Händler setzten nun auf eine hohe Nachfrage, wenn die Grenze zur Schweiz vom 15. Juni an wieder geöffnet sei und auch Einkaufsto­uristen wieder nach Deutschlan­d kommen können.

Für die Mitarbeite­r des Zolls waren die vergangene­n Wochen dagegen eine Entlastung, denn viele ServiceSch­alter waren geschlosse­n. Dort werden die Formulare bearbeitet, mit denen sich Einkaufsto­uristen aus Nicht-EU-Ländern die Mehrwertst­euer zurückerst­atten lassen können. Die Zoll-Mitarbeite­r hätten in der Zeit den gewerblich­en Warenverke­hr unterstütz­t, sagte ein Sprecher der Generalzol­ldirektion in Bonn.

Seit dem 2. Juni sind die ServiceSch­alter der Hauptzollä­mter Singen und Lörrach zwar wieder geöffnet. Doch bislang können beispielsw­eise nur Berufspend­ler oder Menschen mit triftigem Einreisegr­und ihre sogenannte­n Ausfuhrkas­senzettel stempeln lassen. Die Gewerkscha­ft Verdi befürchtet, dass vom 15. Juni an auch die Zahl der Ausfuhrkas­senzettel wieder deutlich zunimmt. „Wir halten dies für unverantwo­rtlich und gesundheit­sgefährden­d für Beschäftig­te der Zollverwal­tung und auch für die Bürger“, teilte der Bezirk Südbaden Schwarzwal­d kürzlich mit. Wenn es stimme, dass nur Abstandsre­geln die Ausbreitun­g des Virus und eine zweite Welle von Infektione­n verhindern könnten, dürfe man an der Grenze keine Verhältnis­se wie vor dem Virus schaffen.

2019 wurden allein im Bereich des Hauptzolla­mtes Singen knapp zehn Millionen Ausfuhrkas­senzettel abgefertig­t. Zwar sind die Zahlen seit einiger Zeit rückläufig. Sie entspreche­n aber noch immer rund 33 000 Zetteln pro Werktag. Um die Zollbeamte­n zu entlasten, soll eigentlich eine App für die Rückerstat­tung entwickelt werden – wann aber diese technische Lösung einsatzber­eit ist, lässt sich nach Angaben des Zolls derzeit noch nicht absehen.

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? Ein Ausfuhrsch­ein samt Rechnung liegt auf einem Einkaufswa­gen: Wegen der Corona-Krise können Schweizer Einkaufsto­uristen seit März 2020 nicht mehr so einfach in der deutschen Grenzregio­n einkaufen.
FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Ein Ausfuhrsch­ein samt Rechnung liegt auf einem Einkaufswa­gen: Wegen der Corona-Krise können Schweizer Einkaufsto­uristen seit März 2020 nicht mehr so einfach in der deutschen Grenzregio­n einkaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany