Wirtschaftlich wichtig, aber schwierig
Der aus Biberach stammende Generalkonsul Wolfgang Rudischhauser über China als Partner Deutschlands
BIBERACH/CHENGDU - Vielleicht fällt er dieses Jahr aus. Sein jährlicher Besuch in Biberach. Denn dort ist Wolfgang Rudischhauser aufgewachsen. Heute lebt der 60-Jährige tausende Kilometer von Oberschwaben entfernt. In der chinesischen Millionenstadt Chengdu. Dort arbeitet er seit vergangenem Jahr als Generalkonsul Deutschlands.
In seinem Amtsbezirk betreut Rudischhauser deutsche Staatsbürger und pflegt vor allem auch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China. Er ist für vier chinesische Provinzen zuständig. Ein Gebiet, in etwa so groß wie Deutschland, Frankreich, Schweiz und Österreich zusammen. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“stellt der Volkswirt, der Deutschland bereits bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und
Entwicklung
(OECD) in Paris und bei der Nato in Brüssel vertreten hat, klar:
„Wenn wir uns gegen China behaupten wollen, dann nur als Europäische Union als Ganzes.“
Die Volksrepublik sei ein schwieriger Partner in Hinblick auf ihr totalitäres Regime, die Investitionssicherheit und die Menschenrechte, erklärt Rudischhauser. Und dennoch gewinnt sie immer mehr Einfluss in Europa. „Wenn China in Europa hilft, dann meist mit Krediten“, sagt der Generalkonsul. Davon verspreche es sich wirtschaftliche oder politische Vorteile. Sich unabhängiger von China machen, das gehe nicht von heute auf morgen, meint Rudischhauser. Aber: „Bei Neuinvestitionen wird man sich überlegen, ob es notwendigerweise in China sein muss“, glaubt er. Oder ob es im Sinne einer Diversifizierung auch woanders in Asien möglich sei.
Der Diplomat fordert von Deutschland und Europa, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen. „Wir müssen vor allem selbst innovativ bleiben“, erklärt Rudischhauser. Denn: „China ist immer noch eine Ökonomie, die stark auf Nachahmung basiert.“Diesen Vorteil dürfe Europa nicht verspielen. „Wir müssen schauen, dass wir unsere European Champions entsprechend stützen.“
Eine Forderung, die auch Franziska Brantner, Sprecherin für Europapolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, unterstützt. „Wenn wir das nicht hinbekommen, sind wir der Spielball im Machtkampf zwischen den USA und China.“Auf eigene Faust könnten sich europäische Länder
nicht gegen die beiden Handelsmächte behaupten. China sei ein „systemischer Rivale“, mit dem man dennoch in einzelnen Bereichen kooperiere und kooperieren müsse, sagte Brantner in einer von oberschwäbischen Grünen-Politikern organisierten Onlinedebatte, in der die Politikerin auch mit Wolfgang Rudischhauser diskutierte.
Brantner kritisiert die weltweite Investitionsoffensive chinesischer Unternehmen. „Wenn der deutsche Staat der Lufthansa Milliarden zur Rettung überweist, schaut Brüssel, ob das rechtens ist“, sagte sie. Wenn dagegen de facto chinesische Staatsunternehmen etwa in Deutschland Firmen aufkauften, könne China diese stets flüssig halten. Peking könne so „seine Konkurrenten auf dem europäischen Markt plattmachen“. Da sei man rechtlich noch nicht auf Augenhöhe, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.