„Was wir als Kirche kennen, ist nur Tradition“
Tuttlingen bekommt eine neue Kirche – Pastor David Rominger will Gottesdienste jung und lebensnah gestalten
TUTTLINGEN - Kirche ein neues Image geben – diesem Ziel hat sich die Bewegung ICF (International Christian Fellowship) verschrieben. Nach Singen, Villingen-Schwenningen und Freiburg plant die Freikirche nun auch einen Standort in Tuttlingen. Warum es den braucht und was das Projekt mit dem Radio zu tun hat, hat Pastor David Rominger im Gespräch mit unserer Volontärin Christina Mikalo verraten.
Wie kam es zur ICF-Bewegung?
ICF ist aus dem Traum entstanden, Kirche wieder dynamisch, frisch und lebensnah zu gestalten. Ich selbst bin christlich aufgewachsen, doch mit Kirche konnte ich nie viel anfangen. So habe ich festgestellt, dass viele Menschen Interesse an Gott haben, aber wenige an der Form der Kirche. Daher haben wir uns Gedanken gemacht, wie eine Kirche aussehen könnte, die die Menschen anspricht. In der Bibel finden wir keine Anweisungen, wie ein Gottesdienst aussehen darf oder nicht. Das, was wir als Kirche kennen, ist eigentlich nur Tradition. Daher sagen wir: Unsere Grundlage ist die Bibel. Wir wollen ihrer Botschaft treu bleiben, aber die Gottesdienste freier, ansprechender und moderner gestalten.
Und wie kommt das an den bisherigen Standorten an?
An unseren drei Standorten Singen, Villingen-Schwenningen und Freiburg zusammen hatten wir vor Corona jeden Sonntag etwa 800 Besucher. Es gibt also ein großes Interesse an unseren Gottesdiensten. Unter der Woche bieten wir zusätzlich Hauskreise – sogenannte Smallgroups – an, die die Kirche noch deutlich persönlicher machen. Wir haben keine Mitgliedschaft, denn jeder kann selbst für sich entscheiden, ob er sich selbst als Teil der Kirche sieht oder nicht. Wir sind daher auch offen für jeden, egal, woher er kommt oder was seine Geschichte ist. So wie Jesus jeden Menschen liebt, wollen auch wir jedem
Menschen mit Liebe begegnen.
Wieso braucht es dieses Konzept auch in Tuttlingen?
Es gibt tolle Kirchen in Tuttlingen. Wir sehen jedoch, dass bestimmte Personengruppen nicht in eine der bestehenden Kirchen gehen würden. Mit einem anderen Stil erreicht man diese Menschen womöglich. Wir sehen das ein bisschen wie beim Radio: Dort haben verschiedene Sender verschiedene Stile. Und so haben auch verschiedene Kirchen verschiedene Zielgruppen. Wir haben erlebt, dass manche Tuttlinger wöchentlich weite Strecken – zum Teil bis nach Konstanz – zurücklegen, um in eine für sie ansprechende Kirche zu gelangen. Einige dieser Leute haben wir zusammengebracht. Sie bilden den Kern für ICF in Tuttlingen. Was uns dabei von anderen Kirchen unterscheidet, ist vor allem die Gottesdienstgestaltung. Wir haben eine volle und laute Band mit modernen christlichen Liedern, dynamische Prediger mit Alltagsthemen, die die Leute beschäftigen sowie eine starke Online-Präsenz, was in der Zeit der Digitalisierung sehr relevant ist und womit wir auch ein junges Publikum erreichen können.
Wie weit sind Sie mit der Planung für den Standort Tuttlingen?
Bis zu den Corona-Einschränkungen haben wir uns monatlich zum Teambuilding mit circa 50 Mitgliedern getroffen. Diese sind zweiwöchentlich wiederum in sieben verschiedenen Kleingruppen zusammengekommen. Während der Corona-Krise hatten wir regelmäßige Zoom-Calls, um mit den Tuttlingern in Kontakt zu bleiben. Zudem haben die Mitglieder vor Ort die Online-Gottesdienste in Singen, VillingenSchwenningen und Freiburg verfolgt – die auch im Tuttlinger Autokino gestreamt wurden.
Welche Schritte planen Sie als nächstes?
Wir wollen die monatlichen Teambuildings wieder etablieren und wachsen lassen, um in absehbarer Zeit Gottesdienste anzusetzen. Ich vermute, dass es 2020 wieder zu Treffen kommen kann. Dann wollen wir gegebenenfalls ab 2021 einmal im Monat Gottesdienste starten und dort dann die Frequenz nach und nach hochfahren.
Wie können Sie Menschen in Zukunft unterstützen?
Am besten, indem sie dabei sind und dort mit anpacken, wo gerade etwas gebraucht wird: sei es mit Snacks bei den Teambuilding-Abenden, am Instrument oder mit Gesang, mit technischer Begeisterung, mit Fotografie oder unserem Social-Media-Auftritt, bei der Eventplanung, mit Spenden – oder Scheiben putzen beim Autokino (lacht). Wir finden für jeden eine tolle Aufgabe.