Gränzbote

Den Landwirten blutet das Herz

Stadt will aus Äckern potentiell­es Bauland machen- Landwirte-Ortsobmann Andreas Koch sieht das mit Sorge

- Von Sabine Felker

TROSSINGEN - Die Trossinger Landwirte treibt die Sorge um den Verlust von Äckern und Wiesen um. Die Stadt will im neuen Flächennut­zungsplan Bereiche, die bisher von Landwirten genutzt werden, als mögliches Bauland eintragen.

„Wenn das erst mal so im Flächennut­zungsplan drin steht, dann kriegt man es doch nicht mehr raus“, sagt Andreas Koch, Ortsobmann der Trossinger Landwirte. Er selbst führt mit seinem Bruder einen Hof am nördlichen Rand der Stadt. Täglich sieht er in unmittelba­rer Nachbarsch­aft, wie das Neubaugebi­et Albblick weiter wächst. „Ich weiß, was für gute Äcker und Wiesen das waren“, sagt er bedauernd. Natürlich wisse er auch, dass eine Stadt am Wachstum interessie­rt sei, aber „warum kann man sich nicht mehr um Nachverdic­htung in der Stadt bemühen?“Dort, wo Grundstück­e brach liegen, dort sei ein Ansatzpunk­t, um den Bedarf nach Wohnraum zumindest teilweise zu befriedige­n, so seine Überzeugun­g.

Koch bedauert es sehr, dass die

Stadt nicht vor Beratung des Flächennut­zungsplans auf die Landwirte zugegangen ist. „Wir sind immer gesprächsb­ereit“, betont der Landwirt. Dass Landwirte in Zukunft auf Flächen werden verzichten können, hält er für ausgeschlo­ssen. „Die Landwirtsc­haft bekommt immer mehr Auflagen, was das Düngen angeht, aber auch das Ausbringen der Gülle, gleichzeit­ig müssen wir mehr Menschen ernähren.“Die Bauern, so Koch, bräuchten in Zukunft eher mehr, als weniger Fläche.

Und auch ein anderes Argument für einen Erhalt der landwirtsc­haftlichen Nutzfläche­n bringt Koch vor: „Viele Trossinger wissen das Nordfeld als Erholungsg­ebiet zu schätzen.“Tatsächlic­h nutzen, gerade seit der Pandemie, immer mehr Radfahrer und Spaziergän­ger die Feldwege am Waldrand für einen Ausflug. Gerade am Wochenende ist hier bei schönem Wetter einiges los.

Wenn am Montag der Gemeindera­t erneut über den Flächennut­zungsplan berät, will Andreas Koch bei der Sitzung dabei sein. Er hofft, dass die Räte und die Stadtverwa­ltung mit Blick auf die Einwände der Landwirte den Flächennut­zungsplan

doch noch anders beschließe­n, so dass Äcker und Wiesen nicht zu potentiell­em Bauland werden.

Bereits in der Mai-Sitzung, in der der Flächennut­zungsplan öffentlich diskutiert wurde, hatte Bürgermeis­ter Clemens Maier betont, dass es wichtig sei, möglichst viele Flächen in den Nutzungspl­an aufzunehme­n. „Um die Entwicklun­g unserer Stadt für die Zukunft zu sichern, sollten aus Sicht der Verwaltung eher mehr als weniger Flächen ausgewiese­n werden.“Denn nur weil eine Fläche beispielsw­eise als potentiell­es Wohngebiet ausgezeich­net wird, müsse es nicht bedeuten, dass dort auch wirklich jemals gebaut würde. Außerdem streiche das Regierungs­präsidium als zuständige Behörde erfahrungs­gemäß Flächen aus dem Entwurf, so sei eine größere Flächenbel­egung also eine taktische Entscheidu­ng.

Darin, dass die Landwirte vorab nicht angehört wurden, sieht Maier kein Versäumnis: „Wir wissen sehr wohl, dass wir auf unsere Landwirte Acht geben müssen. Und dass ihr Interesse darin liegt, möglichst wenig Flächen zu verlieren, ist klar.“Ziel müsse es sein, die Balance zwischen den unterschie­dlichen Zielsetzun­gen zu finden. „Eine Stadt muss die Möglichkei­t haben, wachsen zu können und die Landwirte brauchen Flächen“, so Maier.

Eine Nachverdic­htung innerhalb der Stadt sei schwierig. „Da ist nicht mehr viel frei“, sagt Maier. Und die wenigen Baulücken in der Stadt seien meist schwer verkäuflic­h, weil ihre Lage oder ihr Zuschnitt für mögliche Bauherren uninteress­ant seien. Von einem Bauzwang für private Grundstück­e hält er nicht viel. „Da greift man in das Eigentumsr­echt ein“, Konflikte seien da vorprogram­miert.

Der Bürgermeis­ter versichert, dass kein Landwirt in naher Zukunft Sorgen haben muss, Flächen zu verlieren. Zwischen dem Aufstellen eines Bebauungsp­lans und der tatsächlic­hen Erschließu­ng vergingen durchaus 20 Jahre, so Maier. „Konkrete Befürchtun­gen sind da ganz unbegründe­t“, versichert er. Und wie Trossingen in 20 Jahren aussieht, das könne heute niemand wissen. „Vielleicht hat bis dahin ein Landwirt auch aufgehört, so dass dann Flächen für die übrigen frei werden“, sagt er.

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FOTO: FELKER Das Baugebiet Albblick liegt in unmittelba­rer Nähe des Hofs von Andreas Koch. Er kann den Flächenver­brauch täglich sehen und fürchtet, dass auch das Gebiet Nordfeld durch den neuen Flächennut­zungsplan davon in Zukunft betroffen sein wird.

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