Viele Grenzen in Europa sind wieder offen
Spahn bittet dennoch um Zurückhaltung – Corona-Warn-App startet am Dienstag
BERLIN (AFP/dpa) - Die meisten Grenzen in Europa sind nach rund drei Monaten ab heute wieder offen, gleichzeitig läuft die Reisewarnung für eine Vielzahl europäischer Staaten aus. „Ich bin froh, dass wir bei aller Vorsicht jetzt wieder mehr Freiheit wagen können“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der „Bild am Sonntag“. Wegen der Corona-Pandemie hatte Deutschland am 16. März Kontrollen an den Grenzen zu Österreich, der Schweiz,
Frankreich, Luxemburg und Dänemark eingeführt. Bis zum 11. Juni hätten deutsche Polizisten an den Grenzen 196 000 Zurückweisungen ausgesprochen, sagte Seehofer.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ermahnte die Bürger am Sonntag trotz der Grenzöffnungen. Grundsätzlich solle sich jeder überlegen, ob eine weite Reise mit Flugzeug oder Bahn jetzt unbedingt nötig sei, sagte er in der ARD. Der Ballermann auf Mallorca dürfe nicht das „nächste Ischgl“werden. Auch Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) warnte. Würden Rückkehrer aus einem Corona-Hotspot sich verteilen und die Infektionsketten seien nicht zurückzuverfolgen, „dann kommen wir sehr schnell wieder in eine Situation, in der wir bundesweite Maßnahmen ergreifen müssten“. Dies wolle die Regierung verhindern. Dazu diene auch die CoronaWarn-App, die am Dienstag vorgestellt wird.
BERLIN - Ab in den Süden? Das Auswärtige Amt hat zum heutigen Montag seine Reisewarnungen für einige europäische Länder aufgehoben, während die Reisewarnung für das weitere Ausland bestehen bleibt. Ein Überblick für Sommerurlauber:
Für welche Länder wird die Reisewarnung aufgehoben?
Die Bundesregierung hat beschlossen, die Reisewarnung für die 26 Partnerländer Deutschlands in der Europäischen Union, das gerade aus der EU ausgetretene Großbritannien und die vier Staaten des grenzkontrollfreien Schengenraums, die nicht Mitglied in der EU sind, aufzuheben: Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein.
Wird die Warnung für alle Länder gleichzeitig gestrichen?
Nein. Für voraussichtlich 27 dieser Länder erfolgt die Aufhebung bereits an diesem Montag. Für vier Länder kommt es aber zu Verzögerungen. Spanien, Norwegen und Finnland müssen erst noch ihre Einreisesperre für Ausländer aufheben. Spanien will seine Grenzen für Bürger aus Schengenstaaten ab dem 21. Juni öffnen, in Finnland gilt die Einreisesperre bis zum 14. Juli. In Norwegen ist die Einreisesperre unbefristet. Bis zum 20. Juli soll dort aber neu entschieden werden. In Schweden ist die Zahl der Neuinfektionen noch zu hoch für die Aufhebung der Reisewarnung.
Ist nun ein völlig unbeschwertes Reisen in die Länder möglich, für die es keine Reisewarnung mehr gibt?
Eher nicht. „Genießen sie ihren Sommerurlaub, aber genießen sie ihn mit Vorsicht und genießen sie ihn in Verantwortung“, empfiehlt Außenminister Heiko Maas (SPD). Statt der Reisewarnung wird es ab dem heutigen Montag für die genannten Länder sehr ausführliche Reisehinweise auf der Internetseite des Auswärtigen Amts geben. Dem Reisenden ist es dann selbst überlassen, worauf er sich einlassen will. Kurz gesagt bedeutet das: Urlaub auf eigene Gefahr.
Kann ich auch in ein Land reisen, in dem es noch eine Reisewarnung gibt?
Grundsätzlich ja. „Eine Reisewarnung ist ja kein Reiseverbot“, betont Außenminister Maas immer wieder. Allerdings bieten Veranstalter keine Pauschalreisen in diese Länder an, man kommt also nur auf eigene Faust dorthin – wenn es denn überhaupt Flüge oder Fähren gibt oder die Grenzen für den Autoverkehr geöffnet sind.
Ich habe vor der Krise einen Flug gebucht, doch die Reise erscheint mir immer noch zu riskant, obwohl sie wieder möglich wäre. Kann ich auf einer Umbuchung oder Erstattung bestehen?
Viele Fluggesellschaften kommen ihren Kunden derzeit bei der Umbuchung entgegen – auch dann, wenn sich das Ticket eigentlich nicht ändern lässt. Die Lufthansa beispielsweise bietet eine einmalige Verschiebung des Datums auf derselben Strecke und in derselben Reiseklasse an. „Die Umbuchung muss dabei vor dem ursprünglich geplanten Reiseantritt vorgenommen werden“, warnt ein Sprecher. Der Flug lässt sich hier auch auf den Sommer kommenden Jahres verschieben. Das neue Reisedatum müsse aber vor dem 31. Dezember 2021 liegen. Eine Stornierung gegen Erstattung ist dagegen in der Regel nicht möglich.
Hilft mir eine Reiserücktrittsversicherung, falls die Corona-Zahlen in meinem Reiseland bis zum Urlaubsbeginn wieder steigen sollten?
Nein. Aus Sorge vor einer Ansteckung eine Reise zu stornieren, ist laut dem Bund der Versicherten „in keinem der Tarife am Markt ein versicherter Fall“. Ersetzt werden Stornogebühren vielmehr nur dann, wenn der Versicherte selbst unerwartet krank wird oder an der Abreise durch Ereignisse wie den Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit verhindert ist. Für Buchungen in Länder mit bestehender Reisewarnung spielt die Reiserücktrittsversicherung ebenfalls keine besondere Rolle: Laut dem Bund der Versicherten (BdV) können in einem solchen Fall Pauschalreisen ebenso wie einzelne Reiseleistungen ohne Stornokosten storniert werden, so dass die Versicherung hier gar nicht einspringen muss.
Ich fliege ins Ausland und erkranke dort an Covid-19. Kann ich erwarten, dass meine Krankenversicherung einen Rücktransport nach Deutschland organisiert?
Die großen Krankenversicherer geben sich Mühe, ihre Versprechen einzuhalten, wenn ein Rücktransport im Vertrag enthalten ist. In der Praxis tun sich jedoch bei Covid-19 zahlreiche Besonderheiten auf. Patienten mit einem schweren Verlauf sind meist nicht flugtauglich, warnt der ADAC. „Und auch wenn aus medizinischer Sicht ein Krankenrücktransport in Ordnung wäre, der Patient aber im Urlaubsland unter Quarantäne gestellt wird, können wir keinen Rücktransport durchführen.“Das gleiche gilt, wenn das ADAC-Team wegen Quarantänebestimmungen nicht einreisen darf. Auch die Allianz Krankenversicherung behandelt Corona „grundsätzlich wie alle anderen Krankheiten“, sieht aber in dieser besonderen Situation vergleichsweise große Schwierigkeiten für die Rückholung. Die Versicherer betonen: Patienten mit leichtem Verlauf brauchen keinen Rückflug, weil ihnen eine Behandlung in Deutschland medizinisch nichts bringt.
Komme ich denn wieder zurück, wenn die Grenzen in meinem Urlaubsland plötzlich wieder geschlossen werden?
Eine Rückholaktion für 240 000 Touristen, wie nach Ausbruch der Corona-Pandemie, wird es nicht noch einmal geben. Das hat das Auswärtige Amt mehrmals betont. Unter anderem deswegen wird die Reisewarnung für viele Länder außerhalb der EU auch noch länger bestehen bleiben. Innerhalb der EU war die Rückkehr der Touristen auch nach den Grenzschließungen im März kein größeres Problem. Die Reiseveranstalter versichern, dass sie ihre Kunden selbst zurückbringen. Sie sind laut Pauschalreiserecht auch dazu verpflichtet.
Und wenn die Einschränkungen am Urlaubsort viel weiter gehen als erhofft?
Mit Maske am Strand, der Pool geschlossen, Restaurants im Notbetrieb – Urlaub in Corona-Zeiten kann eine Erfahrung der ganz eigenen Art sein. Welche Rechte Sie haben, hängt ganz davon ab, wie ehrlich der Veranstalter Sie vorher über die Einschränkungen informiert hat. Wenn auf der Webseite schon klar stand, dass das Schwimmbad nicht verfügbar ist und am Strand Hygieneregeln gelten, dann lässt sich nichts machen. „Wenn dagegen eine Leistung versprochen war, die das Hotel oder der Veranstalter dann nicht erbringt, dann hat der Reisende unter Umständen Anspruch auf eine Preisminderung“, sagt Rechtsexperte Robert Bartel von der Verbraucherzentrale Brandenburg.