Der CDU-Jungstar in Bedrängnis
Rücktrittsforderung an Philipp Amthor wegen einer Tätigkeit für eine US-Fima
BERLIN (dpa) - Die Kritik am CDUBundestagsabgeordneten Philipp Amthor nimmt zu. Während sich die CDU in Mecklenburg-Vorpommern, wo er einziger Kandidat für den Landesvorsitz ist, mit Kritik zurückhielt, forderten die Bundes-SPD und Linke die Aufklärung der Lobbyarbeit des 27-Jährigen für ein US-Unternehmen. „Es reicht nicht, einfach von einem Fehler zu sprechen und zu versuchen, zur Tagesordnung überzugehen. Das ist inakzeptabel“, sagte die Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, am Sonntag. Bundestagsabgeordnete hätten eine Vorbildfunktion. „Wir erwarten, dass die Causa Amthor vollumfänglich aufgeklärt wird.“
Der schleswig-holsteinische SPDFraktionschef Ralf Stegner legte Amthor den Rücktritt nahe, sollte er die Vorwürfe nicht entkräften können. „Wem Käuflichkeit vorgeworfen wird, der muss das ausräumen, wenn er Bundestagsabgeordneter bleiben will, anstatt darüber nachzudenken, neue Ämter wie den CDU-Landesvorsitz und die Spitzenkandidatur in Mecklenburg-Vorpommern anzustreben“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
Amthor ließ bislang offen, ob er 2021 im Nordosten als Spitzenkandidat gegen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) antreten will. Der CDU-Landesvorstand will am Freitag in Güstrow darüber entscheiden, ob der Landesparteitag im August oder erst im Oktober stattfindet.
Amthor hatte am Freitag seine Arbeit für eine US-Firma rückblickend als einen Fehler bezeichnet. Zwar habe er seine Nebentätigkeit für das Unternehmen bei Aufnahme im vergangenen Jahr der Bundestagsverwaltung offiziell angezeigt. „Gleichwohl habe ich mich politisch angreifbar gemacht und kann die Kritik nachvollziehen. Es war ein Fehler“, hatte Amthor erklärt. Er habe die Nebentätigkeit beendet und Aktienoptionen nicht ausgeübt. „Ich bin nicht käuflich“.
Wie der „Spiegel“berichtete, hatte Amthor für die Firma Augustus Intelligence Lobbyarbeit betrieben und im Herbst 2018 mit einem Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) um politische Unterstützung gebeten. Der Entwurf des Schreibens wurde dem „Spiegel“zufolge auf Briefpapier des Bundestags verfasst.
Das Bundeswirtschaftsministerium gibt an, mit der Firma nicht über Kooperationen oder Fördergelder gesprochen zu haben. Amthor und die Geschäftsführung seien am 26. November 2018 zu einem Gespräch empfangen worden, teilte das Ministerium der „Welt“mit. Themen des Termins seien eine kurze Unternehmensvorstellung sowie ein Austausch über Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz und Blockchain gewesen. Folgetermine gab es demnach keine.
Ausweislich einer älteren Regierungsantwort zu dem Treffen hatte es aber vier Tage vorher ein Gespräch gegeben, beide führte der Staatssekretär Christian Hirte (CDU), der nun ebenfalls in den Fokus gerät. Thüringens
linker Ministerpräsident Bodo Ramelow twitterte: „Nicht käuflich aber bezahlbar? Mindestens aber berechenbar – für eine Handvoll Aktienoptionen und Direktorenpöstchen gibt’s halt Gespräche mit der Bundespolitik. Lieber Herr Christian Hirte kannten Sie die Hintergründe? Wussten Sie von den Verbindungen? Wie ist Ihre Bewertung?“Hirte verwies im „Tagesspiegel“auf die Äußerung des Ministeriums und sagte: „Über Einzelheiten und Beteiligte am Unternehmen habe ich erst jetzt durch die Berichterstattung erfahren.“
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, forderte Reformen. „Der Einfluss von Lobbyismus auf die Politik ist da. Das zeigt jetzt auch wieder der Fall Amthor“, sagte sie. „Ein verbindliches, gesetzliches Lobbyregister ist überfällig, klarere Veröffentlichungspflichten bei Nebentätigkeiten und ein legislativer Fußabdruck bei Gesetzgebungsverfahren sind dringend notwendig.“
SPD-Vize Kevin Kühnert forderte im „Tagesspiegel“die Union auf, ihren Widerstand gegen ein Lobbyregister umgehend aufzugeben.