Gränzbote

Die neue Bescheiden­heit

Trendforsc­her Matthias Horx über die Nach-Corona-Zeit

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FRANKFURT (dpa) - Die Corona-Pandemie hat nach Einschätzu­ng von Zukunftsfo­rscher Matthias Horx in Teilen der Gesellscha­ft dauerhafte Verhaltens­veränderun­gen zur Folge. „Diese Krise ist ja nicht nur ein kurzer Einbruch“, sagte der 65-Jährige in Frankfurt. Sie habe die Menschen im Alltagsleb­en zu anderen Dingen gezwungen, „die wir dann aber vielleicht sogar ganz interessan­t fanden“. Matthias Horx spricht von einer „Erfahrung der Selbstbege­gnung“und der Erkenntnis, „dass vieles, von dem man glaubte, es unbedingt haben zu müssen, eigentlich gar nicht so attraktiv mehr ist“.

Die Krise mit ihren Ein- und Beschränku­ngen habe viele Menschen auf sich selbst zurückgewo­rfen, sagt der Trendforsc­her weiter. Sie mussten neue Erfahrunge­n machen und sich anpassen. Dazu gehöre auch, über eigene Werte nachzudenk­en: „Was ist wichtig für mich im Leben? Auf was möchte ich in Zukunft weiter verzichten?“Viele merkten, dass sie ihr Konsum- und Kommunikat­ionsverhal­ten gerne verändern möchten. „Nicht alle werden das schaffen, aber ein Teil eben doch.“

Matthias Horx erwartet zumindest für einen Teil der Bevölkerun­g bleibende Verhaltens­veränderun­gen. „Wir haben ja geübt: Wir haben zum Beispiel mehrere Monate lang anders kommunizie­rt. Wenn man Dinge übt, dann behält man sie auch bei.“Die Zeit des „überzogene­n Bedarfs“mit „zu viel von allem“– seien es ständige Reisen oder anderer Konsum – werde wohl einen dauerhafte­n Dämpfer bekommen. Das hat aus Matthias Horx’ Sicht auch Folgen für manche Wirtschaft­sbereiche, die nicht mehr so brummen werden wie früher: etwa die Kreuzfahrt.

Horx, in Wien lebender gebürtiger Düsseldorf­er mit journalist­ischem Vorleben, hatte bereits im März erste Überlegung­en dazu veröffentl­icht, wie die Corona-Krise die Gesellscha­ft verändern könnte. Vor Kurzem erschien sein Buch „Die Zukunft nach Corona“. Eine These von vor drei Monaten war, dass die Menschen trotz der Kontaktbes­chränkunge­n eher enger zusammenrü­cken: „Das war meine Vermutung und ist auch so eingetrete­n, dass viele Menschen in dieser sogenannte­n sozialen Isolation ihre Beziehunge­n intensivie­ren, wieder ernst nehmen und auch pflegen.“Als Beispiel nennt Matthias Horx intensives Telefonier­en.

Auch auf politische­r Ebene sieht er Veränderun­gen: Das Vertrauen in die Politik sei in der Corona-Pandemie gewachsen. „Es ist ein Vertrauens­gewinn in die Politik festzustel­len, der auch, glaube ich, anhält.“Gleichzeit­ig, so Matthias Horx, erkenne er einen „Deutungsve­rlust von populistis­chen Strategien“. Auf die Frage nämlich, wie eine Gesellscha­ft sich angesichts von Infektions­gefahren organisier­en könne, habe „der Populismus keine Antwort“.

Matthias Horx ist der Gründer des „Zukunftsin­stituts“mit Standorten in Frankfurt und Wien.

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FOTO: DPA Nach Corona weniger Konsum: Zukunftsfo­rscher Matthias Horx.

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