Kompetenzgerangel bei den Bayern
Müllers Aussagen zum Gehalt kommen bei Sportdirektor Salihamidzic nicht gut an
MÜNCHEN - Die beiden BundesligaSpiele des FC Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach in dieser Saison bilden eine schöne Rahmenhandlung. Dezember 2019: Nach dem glücklichen 2:1 dank eines späten Siegtreffers der Borussia gegen den Abo-Meister am 14. Spieltag rutscht Bayern auf Rang sieben (!) ab, ganze sieben Punkte hinter dem Spitzenreiter vom Niederrhein. 17 Spieltage, also eine halbe Saison später, residiert der alte und immer wieder neue Meister nach dem ebenso glücklichen 2:1 dank eines ebenso späten Siegtreffers auf dem Thron der Liga.
Zwischen sich und die Borussia, die am Samstagabend beinahe einen verdienten Punkt aus der Allianz Arena entführt hätte, brachte Bayern 17 Zähler, hat also seit Dezember 24 Punkte mehr geholt. Der Rekordmeister zieht in einer prunkvollen Parade der Überlegenheit durch die Lande.
Zehn Ligaspiele hintereinander gewann Bayern unter Trainer Hansi Flick, solch eine Serie gelang zuletzt Jupp Heynckes 2017/18. Wettbewerbsübergreifend sind es 13 erfolgreiche Partien. 92 Treffer hat der FC Bayern in dieser Saison erzielt. Das ist ewiger Rekord in der Bundesliga nach 31 Spieltagen. Gegen die Borussia reichte es auch ohne die gesperrten Torgaranten Thomas Müller und Robert Lewandowski, sonst die Gierigsten unter den Gierigen. Lewandowski-Ersatz Joshua Zirkzee, das 19jährige Mittelstürmer-Talent aus den Niederlanden, traf nach unfreiwilliger Vorlage von Gladbachs Torhüter Yann Sommer zum frühen 1:0, der erneut bärenstarke Leon Goretzka sicherte kurz vor Schluss den Dreier.
Am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) können die Bayern mit einem Erfolg bei Werder Bremen die Krönung vollziehen und den achten Titel in Serie einfahren. „Wir wollen den Sack zumachen und unsere Erfolgsserie fortsetzen“, kündigte Flick an. Friede, Freude, Meisterkuchen? Nicht ganz. Denn die Bayern wären nicht die Bayern, würden sie sich einen Brandherd nicht selbst legen.
Intern schwelt ein Streit um Gehaltsverzicht und Ablösesummen. Losgetreten von Thomas Müller mit seinen Aussagen nach dem DFB-Pokalhalbfinale gegen Eintracht Frankfurt (2:1), der daraufhin am Samstag einen deutlichen Rüffel von Sportdirektor Hasan Salihamidzic erhielt. Dazu wiederum sprach Müller über seine sozialen Netzwerke „Mein Wort zum Sonntag“.
Der Reihe nach, erster Akt: „Es ist auch ein bisschen paradox, wenn man immer über Neuzugänge spricht und gleichzeitig Gehälter eingespart werden“, nörgelte der Weltmeister von 2014 am Mittwoch
Hasan Salihamidzic über das Gespräch mit Thomas Müller und spielte damit auf den mit den Bossen aufgrund der Corona-Pandemie ausgehandelten Gehaltsverzicht der Profis von 20 Prozent an sowie auf die Gerüchte über sündhaft teure Transfers von Topstars wie Kai Havertz (Bayer Leverkusen) oder Leroy Sané (Manchester City). Das nahm Salihamidzic vor der Gladbach-Partie zum Anlass, dem kickenden Angestellten Müller bei Sky verbal eine mitzugeben. „Thomas hat sich verdribbelt. Wir haben uns hingesetzt und ich habe ihm gesagt, dass es nicht korrekt war. Er hat das verstanden, er ist ein sehr, sehr intelligenter Junge.“Ein Kompetenz-Zoff nach dem Motto: Wer hat hier die Hosen an?
Müller versuchte mit seiner sonntäglichen Replik per Videostatement, Wind aus der Nummer zu nehmen. Laut dem 30-Jährigen gebe es keinen internen Streit über den Gehaltsverzicht
und die geplanten „Toptransfers, die wir absolut brauchen“. Müller, der anmerkte, seine Aussagen seien „üblicherweise provokativ“interpretiert worden, weiter: „Wir haben aus ganz anderen Gründen auf unser Gehalt verzichtet, nämlich für unsere Mitarbeiter. Ich persönlich will den bestmöglichen Kader in der nächsten Saison. Ich habe große Ziele. Ich will die Champions League gewinnen. Ich will, dass wir richtig angreifen und den Lauf, den wir haben, fortführen.“Die Gier nach Erfolg ist ja auch die gesündere.
Trainer Flick, die Abteilung Gelassenheit der Bayern, sagt zu alldem: „Es wird Transfers geben – auch wenn wir auf Gehalt verzichten. Intern habe ich diese Diskussion noch nicht gehört. Es ist völlig in Ordnung, wenn die Spieler sich über so etwas unterhalten.“
„Er ist ein sehr, sehr intelligenter Junge.“