Fred gibt beim Pilgern das Tempo vor
Ulrich Müller aus St. Johann bei Bad Urach war eine Woche mit seinem Esel unterwegs
RIEDLINGEN - Alljährlich begibt sich Ulrich Müller aus St. Johann bei Bad Urach in der Fronleichnamswoche auf den Pilgerweg. Gesellschaft leistet ihm dabei sein Esel-Wallach Fred. In diesem Jahr führte ihn seine Tour auch auf den Bussen. Insgesamt 120 Kilometer legten die beiden zurück – in entschleunigtem Tempo.
In den vergangenen acht Jahren war er immer auf Etappen der deutschen Jakobswege, wie beispielsweise von Würzburg auf dem fränkischschwäbischen Pilgerweg oder von Ulm bis Konstanz, unterwegs. In diesem Jahr hat sich der 58-Jährige mit seinem Gefährten die Schleife 1 des Oberschwäbischen Pilgerweges vorgenommen.
Am Sonntag in Beuren bei Mengen gestartet, führte die erste Etappe bis Friedberg, wo Pilger und Esel bei Rita und Egon Oehler Nachtquartier fanden.
„Egon Oehler hat mir bei der Planung der Tour und bei der Quartiersuche
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sehr geholfen, sodass ich in diesem Jahr auf Zelt und Schlafsack verzichten konnte“so Ulrich. Dafür war er angesichts der unsicheren Wetterlage und der angekündigten Regentage sehr dankbar. Am Montag ging es bei bestem Pilgerwetter über Sießen und Bad Saulgau nach Bondorf, wo im Oberamer Hof das nächste Nachtquartier bereitstand. Getreu dem Motto des Oberschwäbischen Pilgerweges „Gehen, beten, zu sich und zu Gott finden“war die erste Tagesetappe das Kloster Sießen und der Besuch der Barockkirche St. Markus.
Anschließend ging es auf dem Sießener Fußweg ein Stück des Weges, den auch sein Landsmann der Schwäbischen Alb, der bekannte Holzschnittkünstler HAP Grieshaber, bei seinem bekannten Osterritt im Jahr 1964 nutzte. „Bescheidenes“Wetter begleitete ihn und seinen Esel auf dem Weg nach Steinhausen. Weiter ginng es über Bad Buchau und Kanzach nach Ertingen. Dort vermittelte ihm Bürgermeister Jürgen Köhler eine Unterkunft bei einem privaten Zimmervermieter mit Unterstellmöglichkeit für Fred: „Das hat wunderbar geklappt.“. Ansonsten nächtigte Müller in Landgasthöfen, die ihm Oehler vorgeschlagen hatte und die für Freds Komfort auch über Ställe verfügen. Ansonsten sei sein Begleiter aber sehr genügsam, versichert der Pilger: „Er frisst, wo man anhält.“Manchmal gibt es dazu noch eine Handvoll Heu.
Am fünften Tag ging es über Dürmentingen und Uttenweiler auf den Bussen. „Der direkte Weg wäre mir zu kurz gewesen“, erklärt Müller. So waren es nochmals 20 Kilometer. Oben nächtigte der Mensch im Gasthaus Schönblick, sein tierischer Begleiter in einem Maschinenschuppen.
Am sechsten und letzten Tag erreichte das Duo über Riedlingen schließlich Heiligkreuztal, wo sie abgeholt wurden.
„Fred gibt das Tempo vor, und das sind so vier bis viereinhalb Kilometer pro Stunde, auf die wir uns gemeinsam eingestellt haben“, beschreibt der groß gewachsene Mann die Rollenverteilung. Fred ist aber nicht nur der Taktgeber, er trägt auch alles, was die beiden für die Woche benötigen, auf seinem Rücken. „Das langsame Voranschreiten, das Alleinsein und dabei Natur und Landschaft genießen, aber auch die Begegnungen mit den Menschen sind für mich das Credo dieser einwöchigen Auszeit, bei der mein Esel Fred als Entschleuniger ein wichtiger Partner ist“, so Ulrich Müller, der in seinem Berufsleben als Außendienstler Musikinstrumente in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen vertreibt und so oft ein Getriebener des Terminkalenders ist.
Pilgern gehört seit 2007 zur festen Größe im Jahresplan von Müller, zuerst alleine und seit 2013 mit seinem Esel Fred. Es ist einer der drei Esel des Tierfreunds und seiner Familie. Seit 2010 bieten sie mit den Tieren Tages- und Wochenendwanderungen auf der Schwäbischen Alb an, die sich bei den entschleunigten Touren von der Hektik des Alltags erholen wollen.