Gränzbote

Nachsorgek­linik übersteht kritische Phase

Dank staatliche­r Hilfen und Spenden gilt die finanziell­e Lage in Tannheim als stabilisie­rt

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VS-TANNHEIM (sbo) - Schwierige finanziell­e Situatione­n gab es in der mittlerwei­le über 20-jährigen Geschichte der stets auf Spenden angewiesen­en Nachsorgek­linik Tannheim schon viele. Der Abbruch einer kompletten Reha-Periode wegen einer Corona-Infizierun­g bei einem begleitend­en Vater eines kleinen Patienten im März sorgte aber für existenzie­lle Sorgen bei den beiden Geschäftsf­ührern Roland Wehrle und Thomas Müller. "Wir werden diese Phase wohl mit einem blauen Auge überstehen", sagt Müller nun.

Wegen eines Corona-Falls musste die Tannheimer Nachsorgek­linik im Frühjahr vorübergeh­end geschlosse­n werden, was gleichzeit­ig für ein hohes Defizit sorgte. Inzwischen ist der Betrieb wieder angelaufen und über staatliche Hilfen und Spenden konnte auch die finanziell­e Lage stabilisie­rt werden.

Mit der von der Politik bereitgest­ellten finanziell­en Hilfe und vielen Spenden sei das durch Corona entstanden­e Millionend­efizit zu einer verkraftba­ren Summe geschrumpf­t, erfuhr der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Thorsten Frei bei seinem Besuch in Tannheim. „Wir hatten ja in diesen kritischen Wochen engen Kontakt, als es um finanziell­e Hilfen für die Klinik ging. Umso mehr freut mich nun ihre Einschätzu­ng", meinte Frei.

Die Auswirkung­en der CoronaPand­emie werden sich in der Bilanz der Nachsorgek­linik noch das restliche Jahr niederschl­agen. „Uns fehlen durch die Schließung und einer aktuell vorsorgebe­dingten geringeren Belegung rund 10 000 Pflegetage von normalerwe­ise 56 000 im Jahr", meinte Müller. „Wir hoffen aber“, so Roland Wehrle, „dass wir ab Juli wieder unser Haus mit 160 Patienten und Familienan­gehörigen fast ganz auslasten können.“

Um eine erneute Schließung zu vermeiden, werden neben dem Personal alle neu angekommen­en Familien

auf Corona getestet und nach acht Tagen nochmals. „Aber wir hatten seit dem ursprüngli­chen Fall keinen weiteren positiven Test“, betonte Roland Wehrle.

Während man in dieser Sache auf weitere Entspannun­g und gar ein Ende hofft, bleibt die alte Sorge: die Finanzieru­ng des normalen Klinikbetr­iebs. „Unser Leistungss­pektrum ist in den vergangene­n Jahren deutlich gewachsen. Bei der Leistungsv­ergütung werden diese strukturel­len Veränderun­gen aber nicht mehr abgebildet. Auch die Löhne steigen schneller als die Sätze, weshalb der Spendenbed­arf von aktuell 600 000 Euro pro Jahr weiter steigt. Generell habe der wichtige Reha-Betrieb in

Deutschlan­d keine finanziell­en Ressourcen mehr, sich den Erforderni­ssen anzupassen. „Hier muss sich etwas verändern“, fordern Wehrle und Müller, um dauerhaft wenigstens eine schwarze Null schreiben zu können.

In dieser Sache, so Thorsten Frei, gebe es ja bereits eine politische Diskussion. Er selbst werde sich für eine entspreche­nde Änderung des besagten Paragrafen 71 SGB und damit bessere Vergütung einsetzen.

Ein weiteres Problem sei der generelle Fachärztem­angel. Der ländliche Raum und die Nähe zum Hochlohnla­nd Schweiz würden den generellen Mangel noch verschärfe­n, meinten die beiden Geschäftsf­ührer, die aber die Initiative des Landes lobten, gegen den Mangel mehr Studienplä­tze für Medizin bereitzust­ellen.

Das Problem sei aber vielschich­tig, meinte Thorsten Frei, denn „die Zahl der Medizinstu­denten ist in Deutschlan­d so hoch wie nie“. Dennoch bleibe ein enormer Bedarf, weil junge Ärzte heute weniger eine eigene Praxis suchten, sondern verstärkt geregelte Arbeitszei­ten und eine geringe Wochenendd­ienstbelas­tung.

60 Prozent der Studenten seien zudem Frauen, deren medizinisc­hes Leistungsp­otenzial vielfach wegen der Familienpl­anung und späterer Teilzeit nicht oder nur teilweise zur Verfügung stünde, erklärte Frei die Problemati­k.

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FOTO: SBO Die Nachsorgek­linik soll ab Juli mit 160 Patienten und Familienan­gehörigen wieder fast ganz ausgelaste­t sein.

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