Gränzbote

Die Betten bleiben vorerst leer

Sigmaringe­r Swingerclu­b Waldhaus droht ohne Kreditzusa­ge die Insolvenz

- Von Mareike Keiper

SIGMARINGE­N - Sandra Seitz’ Frust ist groß. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Andreas Seitz rückt sie Stühle zurecht und bringt das Lokal im Sigmaringe­r Swingerclu­b auf Vordermann. Seit Anfang Juni hat das Lokal im Waldhaus – so der Name ihres Swingerclu­bs – nach vorheriger Anmeldung wieder geöffnet. Doch die Tür, die ihren Betrieb eigentlich ausmacht und durch den sie Geld verdient, bleibt verschloss­en. Denn die Öffnung der sogenannte­n Spielwiese, auf der sich die Gäste vergnügen können, ist seit drei Monaten untersagt, und das soll bis mindestens Ende des Monats so bleiben. Jetzt droht der Inhaberin die Insolvenz.

Einen Kredit hatte Seitz bereits beantragt, doch der wurde abgelehnt. Die Begründung findet sie absurd: Sie habe in letzter Zeit kein Geld verdient und könne deshalb keinen Kredit ausgezahlt bekommen – dabei sollten diese Kreditvere­inbarungen durch die Pandemie vereinfach­t werden, um gerade diese Verdiensta­usfälle zu kompensier­en. „Ich glaube, die Absage hängt auch damit zusammen, dass wir ein Swingerclu­b sind“, vermutet Andreas Seitz.

Verständni­s für die Situation hat er keins: „Es ist hier so sauber wie nirgendwo sonst, wir haben ohnehin immer Desinfekti­onsmittel hier.“An anderen Orten seien Kontakte und Berührunge­n auch in Ordnung, deshalb hinterfrag­en er und seine Frau die Entscheidu­ngen der Politik. Insbesonde­re ein Punkt ärgert das Ehepaar, wie Sandra Seitz erklärt: „Wir erleben, wie mittlerwei­le privat Swingerpar­tys organisier­t werden, weil sich zu Hause mehr Menschen treffen dürfen als in der Öffentlich­keit.“Im Swingerclu­b wiederum sei eine Party mit derselben Anzahl an Gästen verboten. Diese Doppelmora­l versteht das Ehepaar nicht.

Hintergrun­d ist laut Fabian Oswald, Sprecher des Landratsam­ts Sigmaringe­n, dass die Corona-Verordnung den Betrieb von „Prostituti­onsstätten, Bordellen und ähnlichen Einrichtun­gen bis mindestens 30. Juni untersagt“, teilt er mit. Ein Swingerclu­b sei eine solche ähnliche Einrichtun­g. Sie sei nicht dafür geeignet, die nötigen Schutzmaßn­ahmen wie Abstand, Masken oder geeignete Trennvorri­chtungen sowie die Vermeidung enger körperlich­e Nähe umzusetzen, so Oswald.

Sandra Seitz reagiert darauf mit Resignatio­n: „Es ist schwierig, die Motivation aufrecht zu erhalten.“Ihr gehe es gerade sehr schlecht, denn ihr Herz hänge am Etablissem­ent. „Wenn ich wüsste, dass ich meinen Job nicht gut machen würde, dann wäre die Situation eine andere, aber ich mache meinen Job gut, habe hier viel aufgebaut und um die 1000 Stammkunde­n und trotzdem weiß ich nicht weiter“, so Seitz, die das Waldhaus seit sieben Jahren betreibt. Entspreche­nd groß empfindet sie die Not. Zu viele Schulden möchte das Ehepaar nicht machen, um sich nicht privat in Schwierigk­eiten zu bringen. Die finanziell­en Reserven seien jedenfalls schon aufgebrauc­ht, so die Inhaberin. Schwarze Zahlen ließen sich nur durch den üblichen Betrieb schreiben, also wenn wöchentlic­h zwischen 60 und 130 Gäste kommen. Während einer vom Hotelund Gaststätte­nverband organisier­ten Videokonfe­renz klagte Seitz ihr Leid Thomas Bareiß (CDU), dem Parlamenta­rischen Staatssekr­etär beim Bundeswirt­schaftsmin­isterium. Er versprach allen Teilnehmer­n, auch Seitz, zu, sich für die betroffene­n Unternehme­n einzusetze­n. Er habe darum gebeten, die Kreditunte­rlagen zugesendet zu bekommen, um sich damit zu beschäftig­en. Darauf hofft Seitz, genauso wie auf die Öffnung des regulären Betriebs.

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