Das nächste Schuljahr fest im Blick
Der Start ist gelungen, die Folgen der dreimonatigen Schulschließungen sind damit aber nicht bewältigt
TROSSINGEN - Seit Montag dürfen – wenn auch nicht in Vollzeit – alle Schüler wieder in die Schule. Für die Lehrer bedeutet dies, Fern- und Präsenzunterricht parallel zu organisieren. Doch schwerer als die momentanen Herausforderungen wiegen bei so manchem Rektor die Sorgen vor dem kommenden Schuljahr.
Als „besonnen und ruhig“, beschreibt Markus Eisele, Rektor des Trossinger Gymnasiums, die Stimmung am Montag, als alle Klassen, wenn auch nur in halber Stärke, wieder zum Unterricht kamen. „Eher legt sich die Tatsache, dass jeweils nur die halbe Klasse anwesend ist, etwas bleiern über die ganze Stimmung.“Obwohl das ständige Ausarbeiten neuer Konzepte den Schulen sehr viel Zeit und Arbeit abverlangt, ist Eisele froh, dass nun zumindest wieder teilweise Präsenzunterricht möglich ist, auch wenn der Fernunterricht gleichzeitig geregelt werden muss. „Für die Lehrer ist das schon eine logistische Herausforderung, zumal sich die Kooperationsbereitschaft der Elternhäuser sehr unterscheidet und mittlerweile eine gewisse Ermüdungserscheinung in der Selbstdisziplin der Schüler zu verzeichnen ist. Für den partikularen Präsenzunterricht war es allerhöchste Zeit, nicht zuletzt aufgrund der sozialen Dimension“, so seine Einschätzung.
Dass sie froh sind, endlich wieder in die Schule zu dürfen, das zeigten auch die Löhrschüler. Im Überschwang waren sich vor allem die
Jüngeren nicht immer des Abstandhaltens ganz bewusst. „Die Klassen 5 und 6 sind jetzt ja wieder neu da, da gilt es schon noch genauer hinzusehen. Am Montag hatten diese schon auch noch größeren Redebedarf, wie für sie die letzten Wochen so verliefen. Durchaus positiv waren aber dann die Rückmeldungen der Lehrer, dass die Schüler ihre Aufgaben erledigt haben. Außerdem kommen wieder alle Kinder der Vorbereitungsklassen und die Neuner haben diese und nächste Woche Hauptschulabschlussprüfung“, so das Zwischenfazit von Steffen Finsterle, Rektor der Löhrschule Trossingen. Die Klassen werden zweigeteilt im rollierenden System unterrichtet, weil sonst Räume und Lehrer nicht ausreichen würden.
Ganz ähnlich sieht es an der Rosenschule aus. „Da wir alle Klassen in zwei Gruppen aufgeteilt haben, reichen im momentan rollierenden System Lehrer und Räume aus. Kollegen, die zurzeit nicht an der Schule präsent sein dürfen, weil sie zur Risikogruppe gehören, unterstützen die Kollegen, die im Unterricht sind. Einzelne Klassen haben dadurch zum Teil auch andere Lehrer bekommen. Unsere Klassenzimmer sind groß genug, um die Abstandsregeln mit der halben Klasse einhalten zu können“, so Rektorin Kathrin Gass. „Die Organisation von Präsenz -und Fernunterricht und gleichzeitig der Notbetreuungsgruppen mit unterschiedlichen Anfangszeiten braucht viel Organisation im Vorfeld, weil mehrere Systeme nebeneinander her laufen. Die Durchführung ist, wenn kein Kollege krank wird, dann machbar, weil ja immer nur eine Teil der Schüler gleichzeitig in der Schule ist“, zeigt sie sich zuversichtlich. Während auf dem Pausenhof der Rosenschule Pylonen die Kinder zu Unterrichtsbeginn an den nötigen Abstand erinnern, arbeitet die Kellenbachschule in Schura mit aufgesprühten Linien. „Der Start ist sehr gut gelaufen“, sagt Ulrike Messner, stellvertretende Leiterin der Schule. Per Mail wurden Kinder und Eltern auf die Abläufe vorbereitet. Den Schwerpunkt legt die Schule nun auf die Kernfächer.
„Die Kinder haben in den vergangenen Wochen unglaublich viel gerechnet“, sagt Lotte Lehmann, Rektorin der Friedensschule. Eigenlich wollte sie die korrigierten Arbeitsblätter noch vor der teilweisen Schulöffnung an die Schüler zurückgeben. „Aber manche Kinder haben doch viele Fehler gemacht, das hätte sie demotiviert.“Dass die Aufgaben nicht perfekt gelöst wurden, ist für Lehmann verständlich. „Ich weiß nicht, unter welchen Bedingungen die Kinder ihre Aufgaben bewältigen mussten.“Jedes habe sein Bestes gegeben und gemeinsam sollen nun die Lücken aufgearbeitet werden, so Lehmann.
Wenn in der kommenden Woche die zweiten Gruppen in den Unterricht starten, dann werden die Schulleiter schon längst wieder über einem neuen Konzept brüten. Denn Ende des Monats sollen die Grundschulen wieder die vollen Klassen unterrichten, die weiterführenden Schulen nach den Sommerferien wieder in einen möglichst vollständigen Präsenzbetrieb zurückkehren. „Ich glaube, dass sich in der gesamten Schullandschaft einiges ändern und zum Beispiel digitale Bildungsangebote zur Regel werden könnten. Hier sind wir – so nebenher – dann auch noch damit beschäftigt, uns möglichst gut auf das kommende Schuljahr vorzubereiten“, bringt Rektor Finsterle es auf den Punkt.
Sein Rektorenkollege Markus Eisele vom Gymnasium macht sich wenig Illusionen, dass das nächste Schuljahr ein ganz gewöhnliches werden wird: „Es wird bei vielen Schülern enorme Lücken im Kompetenzerwerb geben. Zusätzlich wird es das Problem geben, dass die Lernstände bei verschiedenen Schülern unheimlich unterschiedlich sein werden. Diese beiden Tatsachen werden vor allem zu Beginn des neuen Schuljahres für alle Beteiligten eine enorme Herausforderung darstellen, die die bisherigen Schwierigkeiten mit Corona weit übertreffen. Es wird darauf ankommen, sehr viel Sensibilität, Begleitung, Kreativität in Lern- und Lehr-Methoden zu entwickeln, um diese Situation erfolgreich zu bewältigen. Im Übrigen ist dazu notwendig, dass der Schulbetrieb im Herbst in einigermaßen geordneten und funktionierenden Verhältnissen weiter gehen kann.“
Realschulrektor Udo Kohler ist da optimistischer: „Wir werden bis zum Ende des Schuljahres sehr viel Unterrichtsstoff durchnehmen können. Somit sind keine großen Lücken zu erwarten. Sollte trotzdem vereinzelt noch Unterrichtsstoff nachgeholt werden müssen, werden etwaige Lücken im nächsten Schuljahr unproblematisch kompensiert.“