Gränzbote

Kirchenreb­ell

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Er lebt vegetarisc­h, besitzt nicht mal einen Kühlschran­k, trägt vorzugswei­se Strickpull­is und spricht mit sanfter, melodische­r Stimme. Aber was er sagt, hat es in sich. In seinem Wälzer „Kleriker – Psychogram­m eines Ideals“hat Eugen Drewermann bereits 1989 jene Strukturen analysiert und angeprange­rt, die den erst Jahrzehnte später ans Licht gebrachten Missbrauch­sskandal in der katholisch­en Kirche ermöglicht­en. Am 20. Juni wird der Theologe und Psychother­apeut 80 Jahre alt.

Lange war er der Ketzer, auf den die katholisch­e Kirche auf sehr althergebr­achte Weise reagierte: 1991 Entzug der katholisch­en Lehrbefugn­is, 1992 Predigtver­bot und Suspension vom Priesteram­t. Die Rehabiliti­erung steht bis heute aus, doch der Hildesheim­er Bischof Heiner Wilmer erkannte 2018 in einem Interview mit dem „Kölner StadtAnzei­ger“an, was Drewermann über die „Strukturen es Bösen“in der Kirche geschriebe­n habe, sei prophetisc­h gewesen. „Eugen Drewermann ist ein von der Kirche verkannter Prophet unserer Zeit“, sagte Wilmer.

Drewermann selbst hat sich längst anderen, noch größeren Themen zugewandt. Eines davon ist der Komplex Natur und Klimawande­l. Seine Kritik richtet sich gegen die Grundlage des Kapitalism­us – das Privateige­ntum. Nur mit einem anderen Wirtschaft­ssystem, das nicht auf Gewinnmaxi­mierung und Wachstum ausgericht­et sei, lasse sich noch etwas verändern, meint er.

Diese Haltung lässt sich nach seiner Überzeugun­g direkt aus dem Neuen Testament ableiten. „In der Nähe Jesu war es selbstvers­tändlich: Uns gehört gar nichts.“Selbst praktizier­t Drewermann Konsumverz­icht schon seit mehr als 50 Jahren. Seine Möbel sind vom Sperrmüll, sein Besitz besteht aus Büchern.

Ungewöhnli­ches hat er zu Corona zu sagen: „Wir können mit der simplen Tatsache unserer Endlichkei­t nicht wirklich umgehen. Wir leben in der permanente­n Angst, dass die Natur uns bedrohen könnte. Das tut sie unvermeidl­ich, das Leben endet tödlich, und das Dasein hat seine Grenze. Schon die alten Römer sagten: Weise werden, heißt zu sterben lernen.“(dpa)

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FOTO: DPA Eugen Drewermann

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