Gränzbote

Zahl der Infektione­n bei Tönnies steigt weiter

Regionaler Lockdown droht – Spahn will Corona-Politik auf Prüfstand stellen

- Von Mathias Puddig und dpa

GÜTERSLOH/BERLIN (epd/dpa/sz) Die Zahl der Corona-Infizierte­n in der Tönnies-Fleischfab­rik in RhedaWiede­nbrück ist auf mehr als 1300 gestiegen. Dies teilte der Kreis Gütersloh am Sonntag mit. Für die Beschäftig­ten wurde bis zum 2. Juli eine Quarantäne angeordnet. Da viele Arbeiter in umliegende­n Städten untergebra­cht sind, schloss NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) einen „flächendec­kenden Lockdown in der Region“nicht aus.

Nach dem massiven Corona-Ausbruch in dem Schlachtbe­trieb dringt Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) auf schnelle Schritte zum Schutz der Beschäftig­ten in der Fleischbra­nche. „Wir machen mit dem Verbot von Werkverträ­gen im Kernbereic­h der Fleischind­ustrie Ernst – ganz egal, welche Anstrengun­gen milliarden­schwere Unternehme­n auch in die Wege leiten, um dieses Vorhaben zu torpediere­n“, sagte Heil. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) hat sich unterdesse­n in einem Interview mit dieser Zeitung für eine umfassende Aufarbeitu­ng der Corona-Politik der Bundesregi­erung durch das Parlament und ausgewiese­ne Experten ausgesproc­hen. Die dabei gewonnenen Erkenntnis­se sollten nicht nur aufgeschri­eben, sondern auch zügig umgesetzt werden, um „für die nächste vergleichb­are Situation“gerüstet zu sein.

STUTTGART (lsw) - Die Grünen pochen auf ein Lobbyregis­ter für den Landtag und die Landesregi­erung. Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer, Uli Sckerl, sagte in Stuttgart, die Affäre um den CDUPolitik­er Philipp Amthor zeige, dass es allerhöchs­te

Zeit sei, dass Bundes- und Landespoli­tiker über die Einkünfte aus mandatsbez­ogenen Nebentätig­keiten Zeugnis ablegen müssten. „Weiter muss in einem öffentlich zugänglich­en Register übersichtl­ich dargestell­t werden, welche Verbände und Unternehme­n regelmäßig Kontakt mit Abgeordnet­en pflegen.“Das hatte auch Grünen-Landeschef Oliver Hildenbran­d gefordert.

Im Südwesten hatten Grüne und CDU in ihrem Koalitions­vertrag von 2016 vereinbart, die Einführung eines Lobbyregis­ters zu prüfen. „Auch in unserem Landesparl­ament muss gewährleis­tet sein, dass der organisier­te Einfluss von Interessen­gruppen auf politische Entscheidu­ngsprozess­e öffentlich, einsehbar und nachvollzi­ehbar wird“, sagte Sckerl.

Ein Lobbyregis­ter ist ein Register, in das sich Organisati­onen und Einzelpers­onen eintragen sollen, die vom Landtag oder der Regierung gehört werden wollen – etwa im Rahmen von Anhörungen oder bei Gesprächen zu konkreten Gesetzesvo­rhaben. Das Ziel eines solchen Registers besteht darin, die mögliche Einflussna­hme auf die Politik transparen­ter für den Bürger zu machen.

BERLIN - CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak hat sich als Konsequenz aus dem Fall Amthor für ein Lobbyregis­ter ausgesproc­hen. „Wir brauchen mehr Transparen­z und deshalb noch in dieser Legislatur­periode ein vernünftig­es Lobbyregis­ter“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die SPD hatte solch ein Register ebenfalls gefordert, sodass seiner Einführung wenig im Weg stehen dürfte. „Erste Gespräche dazu haben bereits stattgefun­den“, sagte Ziemiak.

Der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Philipp Amthor steht in der Kritik wegen seines Engagement­s für die US-Firma „Augustus Intelligen­ce“, für das er im Gegenzug Aktienopti­onen erhalten hatte. Nachdem der „Spiegel“darüber berichtet hatte, nannte Amthor sein Verhalten einen Fehler. Er erklärte, dass er die Nebentätig­keit beendet hat. Eine weitere Nebentätig­keit für eine Wirtschaft­skanzlei wolle er ebenfalls ruhen lassen. Zudem zog er am Freitagabe­nd seine Bewerbung für den Vorsitz der CDU in Mecklenbur­g-Vorpommern zurück. Statt Amthor soll nun Michael Sack, der Landrat von Vorpommern-Greifswald, den CDU-Landesvors­itz übernehmen. Wer die Partei im kommenden Jahr als Spitzenkan­didat in den Landtagswa­hlkampf führt, ist weiter offen.

Ebenfalls unklar ist, wie es mit Amthor weitergeht. Der 27-Jährige sitzt seit 2017 im Bundestag und galt als konservati­ver Shootingst­ar seiner Partei. Seinen Wahlkreis gewann er direkt. Im Parlament und auch durch Auftritte in Talkshows machte er schnell auf sich aufmerksam. Amthor ist Mitglied der Ausschüsse für Inneres und Europa. Aus dem Untersuchu­ngsausschu­ss zum „Fall Amri“zog er sich nach Forderunge­n von SPD, Grünen und Linken zurück. Grund ist, dass dort auch der ehemalige Verfassung­sschutz-Chef Hans-Georg Maaßen befragt werden soll, der laut „Spiegel“ebenfalls Verbindung­en zu „Augustus Intelligen­ce“hat.

SPD-Vize Kevin Kühnert reicht das nicht. Er legte Amthor auch den Rückzug aus dem Bundestag nahe. „Wäre Amthor ein Sozialdemo­krat, würde ich ihn zum Rücktritt auffordern, weil er der Glaubwürdi­gkeit der Partei schweren Schaden zugefügt hätte“, sagte Kühnert der „Welt am Sonntag“. Aber jede Partei müsse für sich selbst entscheide­n, was sie in ihren Reihen dulden könne.

Eckardt Rehberg, der die MVCDU kommissari­sch leitet, verlangte umfassende Aufklärung von Amthor. „Natürlich sind nach wie vor Fragen offen“, sagte er dem Deutschlan­dfunk. Rehberg sprach sich dafür aus, Amthor eine zweite Chance zu geben. „Ich kenne auch andere Politiker von den Grünen oder der SPD, die in Affären verstrickt waren und wiedergeko­mmen sind.“

 ?? FOTO: DPA ?? Uli Sckerl, Stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Landtag.
FOTO: DPA Uli Sckerl, Stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Landtag.
 ?? FOTO: DPA ?? Philipp Amthor (CDU) steht unter Druck.
FOTO: DPA Philipp Amthor (CDU) steht unter Druck.

Newspapers in German

Newspapers from Germany