Gränzbote

Telekom geht beim 5G-Ausbau in die Offensive

Beteiligun­g des chinesisch­en Technologi­ekonzerns Huawei noch ungeklärt – Kritiker fürchten Spionage aus Peking

- Von Mischa Ehrhardt und dpa

FRANKFURT - Eine Werbekampa­gne soll Nutzern die Mobilfunk-Übertragun­gstechnik 5G schmackhaf­t machen. Für die meisten Menschen hierzuland­e wird es aber noch eine Weile dauern, bis sie die neuen Übertragun­gsgeschwin­digkeiten und Bandbreite­n erreichen. Dabei spielt auch der chinesisch­e Telekommun­ikationsau­srüster Huawei eine Rolle. Der Einsatz der chinesisch­en Technik ist nach wie vor umstritten, möglicherw­eise aber unerlässli­ch.

Kein Bild, kein Ton – wir kommen schon. Diesen Satz hätten sich einige Telekom-Mobilfunkk­unden jüngst gewünscht. Da nämlich fielen zeitweise die Verbindung­en des Branchenfü­hrers aus. Der Chef des Magenta-Riesen, Timotheus Höttges, erklärte das mit einem nächtliche­n Ausfall der Infrastruk­tur. „Das hängt damit zusammen, dass wir gerade aktiv das Netz umbauen“. Inzwischen ist klar: Es ging um die Umrüstung von Teilen des Netzes in Richtung des neuen Mobilfunks­tandards 5G.

Millionen Menschen können aktuell in den Genuss von 5G-Datenübert­ragungen für ihre Smartphone­s kommen – zumindest theoretisc­h. Bisher war das nur in Testgebiet­en möglich. Vorausgese­tzt natürlich, die Geräte sind 5G-fähig. Beim Ausbau des neuen Mobilfunks­tandards will der Konzern nun mächtig aufs Gas drücken. Man versorge „16 Millionen Menschen in Deutschlan­d mit 5G, das sind 20 Prozent der Bevölkerun­g“, sagte der Deutschlan­dchef der Telekom, Dirk Wössner. „Ab Mitte Juli dann bereits die Hälfte der Bevölkerun­g Deutschlan­ds.“Das sei schneller, als geplant.

Um beim Netzausbau noch schneller voranzukom­men, hat Telekom-Chef Höttges einen Abbau von Bürokratie und Regulierun­g beim Netzausbau gefordert. „Wir sind ein völlig überbürokr­atisiertes Land“, sagte Höttges während der digitalen Hauptversa­mmlung des Konzerns in Bonn. Bei der anstehende­n Neuauflage des Telekommun­ikationsge­setzes müssten klare Anreize für den Netzausbau geschaffen werden, außerdem müssten Genehmigun­gsverfahre­n deutlich vereinfach­t werden. Besonders bei den dringend benötigten Funkmastst­andorten an Bahngleise­n hapere es oft an langwierig­en Verfahren. Bei einem Mobilfunkg­ipfel hatte die Bundesregi­erung angekündig­t, Genehmigun­gsverfahre­n für Mobilfunks­tandorte von durchschni­ttlich 18 auf rund drei Monate senken zu wollen.

Um Kunden und jenen, die es werden wollen, die neue Technik schmackhaf­t zu machen, geht die Telekom mit einer Werbekampa­gne in die Offensive. Die soll für die Vorteile

des neuen Standards werben und offenkundi­g auch die Marktführe­rschaft der Telekom unterstrei­chen und ausbauen. „Während andere reden und viel geredet haben, haben wir uns hingesetzt und die Arme hochgekrem­pelt und das Netz gebaut; in Corona-Zeiten über die vergangene­n Wochen, Monate und sogar Jahre hinweg. Und jetzt ernten wir die Früchte dieser Arbeit.“

So der Plan. Denn an der Umrüstung der herkömmlic­hen Sendemaste­n auf die neue Technologi­estufe ist als Zulieferer der Telekom und anderer Telekommun­ikationsko­nzerne auch der chinesisch­e Technologi­ekonzern Huwaei beteiligt. Der ist umstritten, befürchten Kritiker hierdurch ein mögliches Einfallsto­r für Spionage aus Peking. Vor allem die USA wirken darauf hin, Huawei aus dem Aufbau der 5G-Netze herauszuha­lten, unter anderem mit Sanktionen gegen das Unternehme­n.

In einem internen Papier spricht die Telekom nun von einem Milliarden­schaden.

Demnach rechnet der Magentakon­zern mit Kosten von mindestens drei Milliarden Euro, sollte die Bundesregi­erung den Einsatz chinesisch­er Mobilfunkt­echnologie verbannen.

Dirk Wössner vermied auf Nachfrage eine direkte Antwort auf die Frage, wie stark ein Ausschluss von Huawei die Telekom bei ihren 5GAusbaupl­änen zurückwerf­en würde. „Das Netz besteht aus vielen Komponente­n von verschiede­nsten Hersteller­n. Und es wird ja nicht ein kompletter Huawei-Bann in allen Komponente­n diskutiert. Wir haben bereits gesagt, dass wir in unseren Kernnetzen auf die chinesisch­en Hersteller verzichten werden.“Auf ihrer Hauptversa­mmlung kündigte die Telekom an, beim Ausbau weiterhin auf mehrere Ausrüster zu setzen – unter anderem auch auf den umstritten­en chinesisch­en Ausrüster Huawei.

Die Regierungs­koalition in Berlin streitet seit Langem über die Beteiligun­g

von Huawei am 5G-Ausbau. Die SPD will Anbieter aus Ländern ohne rechtsstaa­tliche Kontrollen sicherheit­shalber ausschließ­en. Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (beide CDU) sträuben sich bislang dagegen. Sie fürchten Ärger mit China und Nachteile für die deutsche Wirtschaft.

Branchenex­perten befürchten zudem, dass ein Ausbau ohne Huawei deutlich länger dauern würde und auch höhere Kosten mit sich bringt. Die Deutsche Telekom müsste dabei nicht nur auf andere Ausrüster zurückgrei­fen. Sie müsste dann konsequent­erweise auch bereits verbaute Technik an kritischen Stellen wieder entfernen. Dieser Prozess könnte laut Aussage des internen Papiers bis zu fünf Jahre lang dauern.

Aus der Bundesnetz­agentur schließlic­h heißt es, dass kein Ausrüster spezifisch ausgeschlo­ssen werden soll. Es müssten aber hohe Sicherheit­sanforderu­ngen eingehalte­n werden.

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