Telekom geht beim 5G-Ausbau in die Offensive
Beteiligung des chinesischen Technologiekonzerns Huawei noch ungeklärt – Kritiker fürchten Spionage aus Peking
FRANKFURT - Eine Werbekampagne soll Nutzern die Mobilfunk-Übertragungstechnik 5G schmackhaft machen. Für die meisten Menschen hierzulande wird es aber noch eine Weile dauern, bis sie die neuen Übertragungsgeschwindigkeiten und Bandbreiten erreichen. Dabei spielt auch der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei eine Rolle. Der Einsatz der chinesischen Technik ist nach wie vor umstritten, möglicherweise aber unerlässlich.
Kein Bild, kein Ton – wir kommen schon. Diesen Satz hätten sich einige Telekom-Mobilfunkkunden jüngst gewünscht. Da nämlich fielen zeitweise die Verbindungen des Branchenführers aus. Der Chef des Magenta-Riesen, Timotheus Höttges, erklärte das mit einem nächtlichen Ausfall der Infrastruktur. „Das hängt damit zusammen, dass wir gerade aktiv das Netz umbauen“. Inzwischen ist klar: Es ging um die Umrüstung von Teilen des Netzes in Richtung des neuen Mobilfunkstandards 5G.
Millionen Menschen können aktuell in den Genuss von 5G-Datenübertragungen für ihre Smartphones kommen – zumindest theoretisch. Bisher war das nur in Testgebieten möglich. Vorausgesetzt natürlich, die Geräte sind 5G-fähig. Beim Ausbau des neuen Mobilfunkstandards will der Konzern nun mächtig aufs Gas drücken. Man versorge „16 Millionen Menschen in Deutschland mit 5G, das sind 20 Prozent der Bevölkerung“, sagte der Deutschlandchef der Telekom, Dirk Wössner. „Ab Mitte Juli dann bereits die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands.“Das sei schneller, als geplant.
Um beim Netzausbau noch schneller voranzukommen, hat Telekom-Chef Höttges einen Abbau von Bürokratie und Regulierung beim Netzausbau gefordert. „Wir sind ein völlig überbürokratisiertes Land“, sagte Höttges während der digitalen Hauptversammlung des Konzerns in Bonn. Bei der anstehenden Neuauflage des Telekommunikationsgesetzes müssten klare Anreize für den Netzausbau geschaffen werden, außerdem müssten Genehmigungsverfahren deutlich vereinfacht werden. Besonders bei den dringend benötigten Funkmaststandorten an Bahngleisen hapere es oft an langwierigen Verfahren. Bei einem Mobilfunkgipfel hatte die Bundesregierung angekündigt, Genehmigungsverfahren für Mobilfunkstandorte von durchschnittlich 18 auf rund drei Monate senken zu wollen.
Um Kunden und jenen, die es werden wollen, die neue Technik schmackhaft zu machen, geht die Telekom mit einer Werbekampagne in die Offensive. Die soll für die Vorteile
des neuen Standards werben und offenkundig auch die Marktführerschaft der Telekom unterstreichen und ausbauen. „Während andere reden und viel geredet haben, haben wir uns hingesetzt und die Arme hochgekrempelt und das Netz gebaut; in Corona-Zeiten über die vergangenen Wochen, Monate und sogar Jahre hinweg. Und jetzt ernten wir die Früchte dieser Arbeit.“
So der Plan. Denn an der Umrüstung der herkömmlichen Sendemasten auf die neue Technologiestufe ist als Zulieferer der Telekom und anderer Telekommunikationskonzerne auch der chinesische Technologiekonzern Huwaei beteiligt. Der ist umstritten, befürchten Kritiker hierdurch ein mögliches Einfallstor für Spionage aus Peking. Vor allem die USA wirken darauf hin, Huawei aus dem Aufbau der 5G-Netze herauszuhalten, unter anderem mit Sanktionen gegen das Unternehmen.
In einem internen Papier spricht die Telekom nun von einem Milliardenschaden.
Demnach rechnet der Magentakonzern mit Kosten von mindestens drei Milliarden Euro, sollte die Bundesregierung den Einsatz chinesischer Mobilfunktechnologie verbannen.
Dirk Wössner vermied auf Nachfrage eine direkte Antwort auf die Frage, wie stark ein Ausschluss von Huawei die Telekom bei ihren 5GAusbauplänen zurückwerfen würde. „Das Netz besteht aus vielen Komponenten von verschiedensten Herstellern. Und es wird ja nicht ein kompletter Huawei-Bann in allen Komponenten diskutiert. Wir haben bereits gesagt, dass wir in unseren Kernnetzen auf die chinesischen Hersteller verzichten werden.“Auf ihrer Hauptversammlung kündigte die Telekom an, beim Ausbau weiterhin auf mehrere Ausrüster zu setzen – unter anderem auch auf den umstrittenen chinesischen Ausrüster Huawei.
Die Regierungskoalition in Berlin streitet seit Langem über die Beteiligung
von Huawei am 5G-Ausbau. Die SPD will Anbieter aus Ländern ohne rechtsstaatliche Kontrollen sicherheitshalber ausschließen. Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) sträuben sich bislang dagegen. Sie fürchten Ärger mit China und Nachteile für die deutsche Wirtschaft.
Branchenexperten befürchten zudem, dass ein Ausbau ohne Huawei deutlich länger dauern würde und auch höhere Kosten mit sich bringt. Die Deutsche Telekom müsste dabei nicht nur auf andere Ausrüster zurückgreifen. Sie müsste dann konsequenterweise auch bereits verbaute Technik an kritischen Stellen wieder entfernen. Dieser Prozess könnte laut Aussage des internen Papiers bis zu fünf Jahre lang dauern.
Aus der Bundesnetzagentur schließlich heißt es, dass kein Ausrüster spezifisch ausgeschlossen werden soll. Es müssten aber hohe Sicherheitsanforderungen eingehalten werden.