Tuttlinger Tierheim im Ausnahmezustand
Anfragen, Anrufe, Gassigeher – doch Tiervermittlungen gab es eher wenige
TUTTLINGEN - Das Telefon konnten die Mitarbeiter des Tierheims zu Beginn des durch Corona bedingten Lockdowns gar nicht mehr abnehmen. „Kontakt war nur per E-Mail möglich“, erzählt Birgit Ströhle, Leiterin des Tuttlinger Tierheims.
Wie aus dem Nichts tauchten unzählige „hilfsbereite“Tierfreunde auf und wollten ein Tier aufnehmen, eins Gassi führen oder für die Zeit des Lockdowns bei sich zu Hause beherbergen. Die Telefonleitung war annähernd dauerbelegt, und gutgemeinte Angebote häuften sich. „Der Zustand war fast schon unheimlich“, so Ströhle, und sei eher Belästigung als Hilfe gewesen. „Vielleicht wussten die Leute einfach nichts mehr mit sich anzufangen.“
Zeitweise drängten sich die neu erwachten Tierfreunde am Zaun des Tierheims und verwickelten die Mitarbeiter in Diskussionen. Letztlich seien in dieser Zeit aber nicht mehr Tiere als zu normalen Zeiten vermittelt worden, obwohl die Nachfrage riesig war. Denn: „Ein Tier aus dem Tierheim aufnehmen, bedeutet immer, sich auf gewisse ,Besonderheiten’ einzulassen. Ganz genau weiß man nie, was so ein Tier alles mitbringt“, betont Ströhle. Diese Entscheidung wolle gut überlegt sein und sollte nicht aus einer kurzfristigen Laune heraus entstehen. Deswegen werde auch jeder Interessent im Tierheim umfassend beraten, und selbst nach der Vermittlung stehen die Mitarbeiter des Tierheims für Fragen oder Hilfestellung zur Verfügung.
Der Empfehlung des Tierschutzbundes, das Tierheim komplett zu schließen, sind die Tuttlinger trotzdem nicht gefolgt. Die „Stamm-Gassigeher“waren und sind eine echte Unterstützung für die Mitarbeiter und willkommene Ablenkung für die Hunde. Und adäquate Interessenten sind nach wie vor willkommen im Tierheim. Diese werden aber nur noch nach vorheriger Terminabsprache beraten, was sich so gut bewährt habe, dass es für die Zukunft beibehalten werden soll.
„Zum Glück haben wir in Tuttlingen sehr verantwortungsbewusste Tierhalter“, sagt Ströhle. Die tierischen Bewohner des Tuttlinger Tierheims stammen kaum aus dem heimischen Kreis, sondern werden aus
Partner-Tierheimen aus der Slowakei und Rumänien aufgenommen. Das mag der Hauptgrund dafür sein, dass das Tuttlinger Tierheim trotz der fehlenden Vermittlungen momentan eher spärlich belegt ist. Die Fahrer hätten die Hunde während der teilweisen Grenzschließungen zwar nach Deutschland einführen dürfen, rechtlich handelt es sich dabei aber um eine Warenlieferung. Bei Rückkehr in ihr Heimatland hätten sie für zwei Wochen in Quarantäne gemusst. Aus diesem Grund haben sich die Partner entschlossen, die Zusammenarbeit vorerst ruhen zu lassen.
Dabei ist die Vermittlung der Tiere für das Tierheim überlebenswichtig. Denn eine Vermittlung bedeutet auch immer eine kleine Schutzgebühr oder eine Spende, ohne die der Betrieb nicht am Laufen gehalten werden könnte.
Auf die Frage, was mit einer größeren Spende verwirklicht werden kann, muss Ströhle nicht lange überlegen. „Alle Boxen könnten behaglicher eingerichtet werden. So ähnlich wie das „Hundewohnzimmer“, welches den Hunden, die Ihre Familie verloren haben, das neue Leben im Tierheim so angenehm wie möglich machen soll. Hier gibt es ein echtes Bett und eine Fensterfront, fast wie in einem Haus.