42 Tests aus Umfeld des IKG-Schülers
Bei weiteren positiven Ergebnissen steht die Schulschließung im Raum
Die Ergebnisse werden spätestens am Donnerstag erwartet.
TUTTLINGEN - 42 Schüler, Lehrer und weitere Mitarbeiter des Immanuel-Kant-Gymnasiums (IKG) sind laut Mitteilung der Gesundheitsbehörde des Landratsamts auf das Coronavirus getestet worden. Anlass war der Fall eines positiv getesteten Siebtklässlers, dessen Ergebnis am Montag vorlag. Mit den Resultaten der anderen Abstriche rechnet das Gesundheitsamt zeitnah, aber spätestens bis Donnerstag. Je nachdem, wie diese Tests ausfallen, erwägt das Landratsamt, den Schulbetrieb am IKG zu schließen.
Der zwölfjährige Schüler war am Sonntag mit Bauchschmerzen in die Kinderklinik des Schwarzwald-BaarKlinikums gekommen. Dabei wurde bei ihm Fieber festgestellt – eine Begleiterscheinung der Covid-19-Erkrankung. Die Ärzte entschieden, einen Corona-Test vorzunehmen, der positiv ausfiel. Über den Ansteckungsweg des Zwölfjährigen gibt es bislang allenfalls Mutmaßungen: „Wir gehen akribisch sämtliche möglichen Ansteckungsquellen in der Inkubationszeit nach“, erklärt Dr. Siegfried Eichin, Leiter des Gesundheitsamts. Bisher gebe es allerdings keine gesicherten Erkenntnisse.
Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck hatte die Gemeinderäte des Ausschusses für Finanzen und Verwaltung am Montagnachmittag im öffentlichen Teil der Sitzung vom ersten positiven Coronafall an einer Tuttlinger Schule unterrichtet. Das sei anders mit dem Gesundheitsamt abgesprochen worden, betont die IKG-Elternbeiratsvorsitzende Beatrix Schumacher auf Nachfrage unserer Zeitung. Zunächst sei geplant gewesen, das schulintern zu handhaben. „Ich finde es schade, dass das an die große Glocke gehängt wurde“, sagt sie. Denn sie befürchtet, dass der Vorfall ein schlechtes Bild auf die Schule werfen könnte.
Die IKG-Schüler seien am Montagabend sowie Dienstagfrüh über den Messenger Web Untis von der Schulleitung über den Covid-19-Fall unterrichtet worden. Auf diesem Weg sei die Information auch zu den Eltern gelangt. Schumacher: „Die Schule hatte zu Beginn der Schulphase für alle die Vorkehrungen gut getroffen, und auch das Krisenmanagement ist eindeutig geregelt.“Sie hoffe, dass sich die Pandemie nicht weiter ausbreite und es sich nur um einen Einzelfall handle.
Elf Mitarbeiter des Gesundheitsamts kümmern sich seit Bekanntwerden des positiven Befunds am IKG akribisch um die Nachverfolgung der Kontaktpersonen des Zwölfjährigen. Dabei sei telefonisch Quarantäne für Personen, die innerhalb der 14-tägigen Inkubationszeit engen Kontakt mit ihm hatten – mindestens 15 Minuten „Face-to-faceKontakt“
im direkten Gespräch oder aufgrund einer Lebensgemeinschaft – ausgesprochen worden. Die schriftliche Anordnung sei mittlerweile auch erfolgt, so das Landratsamt. Die Quarantäne betrifft acht Familienangehörige sowie Mitschüler des Siebtklässlers. Da die Klasse aufgrund der geltenden Coronaregeln geteilt sei, müssen 19 Schüler und zwei Lehrkräfte zu Hause bleiben.
Zudem hat die Stadtverwaltung als Schulträger angeordnet, dass die Sekretärinnen in häusliche Isolation gehen. Der Vater des Erkrankten ist im Rathaus beschäftigt. Auch dessen direkte Kollegen seien deshalb zu Hause, erklärt Stadtsprecher Arno Specht.
Neben den engen Kontaktpersonen haben sich weitere Schüler und Lehrer – in der Klasse haben nach Auskunft des IKG acht Lehrer unterrichtet – auf das Virus testen lassen. Die Abstriche seien je nach Wohnort in Corona-Schwerpunktpraxen oder bei den Hausärzten vorgenommen worden.
Landrat Stefan Bär weist darauf hin, dass trotz der niedrigen Zahl an
Neuerkrankungen das Coronavirus weiterhin im Landkreis vorhanden sei: „Die Maskenpflicht und die Abstandsregelungen sollten weiterhin berücksichtigt werden“, appelliert er an die Bürger. Denn es sei derzeit überall zu sehen, dass es durch die Lockerungen der Corona-Beschränkungen zu mehr Kontakten kommen würde.
Nachlässigkeiten, was die Durchsetzung der Coronamaßnahmen betrifft, können der Schule nicht vorgeworfen werden. Denn, so heißt es in einer gemeinsamen Antwort der Stadt Tuttlingen und des IKG, niemand wisse, „wo der Schüler sich infiziert hat. Und auf alles, was außerhalb der Schule geschieht, haben wir keinen Einfluss“. Die ganze Zeit habe man am IKG „alle Hygieneregeln eingehalten“und sei „penibel vorgegangen. Oberstes Ziel war es dabei, die einzelnen Klassen voneinander getrennt zu halten, um im Falle einer Infektion eine Ausbreitung über die Klasse hinaus zu verhindern.“Um die Kontrollen gewährleisten zu können, sei die Anzahl der PausenAufsichten verdreifacht worden.
Das Hygienekonzept der Schule sei nach dem positiven Testfall vom Gesundheitsamt erneut begutachtet worden. „Das wurde als richtig gut eingestuft“, so Julia Hager, Pressesprecherin des Landratsamts.
Einen Einblick in das Konzept, das die Schulen der Stadt als Schulträger vorgelegt haben, gibt Wolfgang Staib, stellvertetender Schulleiter des benachbarten Otto-HahnGymnasiums (OHG). Der HygieneLeitfaden sei von den Lehrern intensiv mit den Schülern besprochen worden. Diese würden in geteilten Klassen unterrichtet, ein Raumwechsel werde bis zur Klasse zehn vermieden. „Damit entfällt die Durchmischung im Wesentlichen“, sagt er. Auch während der Pause, nur drei Altersstufen dürfen zeitgleich auf den Hof, werde auf die Trennung geachtet. „Der Schulhof ist in Sektoren eingeteilt“, sagt Staib. So könne eine Ausbreitung lokal begrenzt werden.
Wie es mit dem Schulbetrieb am IKG weitergeht, hängt von den ausstehenden Testergebnissen ab. Dr. Eichin: „Es handelt sich nach bisherigen Erkenntnis um einen Einzelfall.“Eine Schließung des kompletten Schulbetriebs sei aus seiner Sicht erst zu erwägen, wenn sich im Umfeld weitere Ansteckungsfälle herausstellen sollten. „Die weitere Entwicklung werden wir aufmerksam verfolgen.“Dabei werde sich das Amt mit der Stadt Tuttlingen als Schulträger absprechen.
Am OHG und IKG sind pro Woche wieder jeweils 500 Schüler anwesend. Rund 300 werden im rollierenden System nur wochenweise unterrichtet. Durch den Coronafall und die Quarantäne für momentan drei Lehrer dürfte in nächster Zeit Unterricht ausfallen. „Nur wenig kann vertreten werden, da einige Lehrer bereits vertreten werden müssen, die zur Risikogruppe gehören“, heißt es von IKG und Stadt.
Der Unterricht in den AbiturKlassen sei davon nicht betroffen. Eine Aussage zum mündlichen Abitur, das am 23. Juli ansteht, lässt sich noch nicht treffen. „Was bis dahin geschieht, lässt sich nicht sagen“, heißt es in der Erklärung.
Bei der Prävention werden die Gymnasien wahrscheinlich auf die Corona-Warn-App zurückgreifen. Das OHG will am Dienstag den Schülern bekannt geben, dass sie das Smartphone nicht abgeben müssen und im „Flugmodus“aktiviert lassen dürfen. So kann die Warn-App als präventive Hilfe genutzt werden. Am IKG sollte das Handy bisher im Unterricht ausgeschaltet sein. „Mit Blick auf die Warn-App ist diese Regelung zu hinterfragen. Wir werden eine passende Lösung erarbeiten“, geben die Leitung des Gymnasiums und ihr Schulträger bekannt.