Gefahr eines Zeckenbisses ist dieses Jahr hoch
Schon im Januar gab es den ersten FSME-Fall im Kreis Tuttlingen – Derzeit zwei Verdachtsfälle
SPAICHINGEN/REGION- Warm und feucht – so mögen es die Zecken. Und so stellen einige Menschen aus dem Landkreis Tuttlingen, die öfter draußen in der Natur sind, in diesem Sommer an manchen Stellen verstärkt Zecken fest. Nach einem bestätigten FSME-Fall im Landkreis Tuttlingen im Januar gibt es derzeit zwei Verdachtsfälle.
Wenn Giuseppe Santo, Vorsitzender der Hundefreunde Spaichingen, mit seinem Hund spazieren geht, dann nicht ohne Zeckenhalsband für das Tier. Hohes Gras, aber auch die Nähe von Bächen versucht er zu vermeiden.
In der Tat prognostizieren einige Experten nach dem milden Winter für 2020 ein Zecken-Rekordjahr. „Wenn ich dieser Tage über eine Kulturfläche laufe, dann habe ich eigentlich fast immer eine Zecke geholt“,
stellt auch Klaus Butschle,
Revierförster für Trossingen, Schura und Talheim, fest.
Sein Kollege Joachim Reger, Leiter des Forstreviers Spaichingen, kann nicht unbedingt außergewöhnlich viele Zecken in diesem Jahr feststellen. Aber „schon im letzten Jahr hatten wir recht viele“. Allerdings vermag er nicht zu sagen, ob es in diesem Jahr tatsächlich besonders viele sind, oder ob sich vielleicht Corona-bedingt mehr Menschen als sonst draußen in der freien Natur aufhalten, und so der subjektive Eindruck entsteht, es gäbe gerade besonders viele.
Allerdings stellt Professor Peter Sefrin, Bundesarzt des DRK, laut einer Pressemitteilung des DRK in der Tat fest, dass es aufgrund des milden Winters noch mehr Zecken gebe als in den Vorjahren. Die Gefahr eines Zeckenstichs sei also sehr hoch. Auf dem Heuberg hat Revierleiter Jürgen Schrode, der für Wälder in Reichenbach, Bubsheim, Egesheim und Gosheim zuständig ist, in diesem Jahr zwar selbst noch keine Zecke abbekommen. „Aber ich habe gerade mit einem Jagdpächter geredet. Der hat gesagt, sein Hund ist voller Zecken.“Seiner Erfahrung nach sind die Tiere aber oft an bestimmten Stellen besonders konzentriert, während man anderswo stundenlang durch den Wald laufen könne, ohne sich eine zu holen. Zecken sind vor allem
deshalb gefürchtet, weil sie beim Blutsaugen verschiedene Krankheiten übertragen können. Die häufigsten sind die Bakterieninfektion
Lyme-Borreliose und die durch einen Virus verursachte Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die bei einigen Menschen eine Hirnhautentzündung auslösen kann.
Ganz Baden-Württemberg (mit Ausnahme des Stadtkreises Heilbronn) gehört zu den
FSME-Risikogebieten.
Allerdings falle der Landkreis Tuttlingen nicht durch besonders viele FSMEFälle auf, sagt der Leiter des Gesundheitsamts
Tuttlingen, Dr. med. Siegfried Eichin. In den vergangenen Jahren hätten sich die Fälle stets im einstelligen Bereich bewegt.
2019 gab es – und zwar in den Hochsommer-Kalenderwochen 31 und 34 – zwei FSME-Fälle im Landkreis Tuttlingen. Ungewöhnlich ist der eine FSME-Fall, der in diesem Jahr bereits bestätigt worden ist, und zwar gleich Anfang Januar. Normalerweise beginnt die „Zecken-Hauptsaison“in Deutschland ja im Frühjahr und endet im Spätherbst. Doch in milden Wintern kann die Zeckensaison durchaus schon im Januar beginnen und bis in den Dezember andauern. Zecken werden aktiv, sobald es an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen sieben Grad Celsius warm oder wärmer ist. Der im Januar registrierte FSME-Betroffene dürfte irgendwann im milden Dezember 2019 gebissen worden sein.
Aktuell gibt es außerdem zwei FSME-Verdachtsfälle im Kreis Tuttlingen, so Siegfried Eichin, die allerdings noch im Labor untersucht werden. Wenn die Betroffenen einverstanden sind, dann können sie auch an einer landesweiten Studie
teilnehmen, die das Robert-Koch-Institut zusammen mit dem Landesgesundheitsamt gestartet hat, um unter anderem herauszufinden, welche besonderen Risikofaktoren eine FSMEInfektion begünstigen.
Mit einer einzigen Blutmahlzeit kann eine Zecke sehr lange überleben. Unter Testbedingungen im Labor konnten Zecken, die vorher Blut gesaugt hatten, sogar bis zu zehn Jahre lang ohne weitere Nahrung auskommen. In freier Natur dagegen lebt die häufigste Zeckenart in Deutschland, der Gemeine Holzbock, im Durchschnitt nur drei bis fünf Jahre. Die Tiere können jedenfalls sehr lange ohne Wirt leben.