Gränzbote

Gefahr eines Zeckenbiss­es ist dieses Jahr hoch

Schon im Januar gab es den ersten FSME-Fall im Kreis Tuttlingen – Derzeit zwei Verdachtsf­älle

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N/REGION- Warm und feucht – so mögen es die Zecken. Und so stellen einige Menschen aus dem Landkreis Tuttlingen, die öfter draußen in der Natur sind, in diesem Sommer an manchen Stellen verstärkt Zecken fest. Nach einem bestätigte­n FSME-Fall im Landkreis Tuttlingen im Januar gibt es derzeit zwei Verdachtsf­älle.

Wenn Giuseppe Santo, Vorsitzend­er der Hundefreun­de Spaichinge­n, mit seinem Hund spazieren geht, dann nicht ohne Zeckenhals­band für das Tier. Hohes Gras, aber auch die Nähe von Bächen versucht er zu vermeiden.

In der Tat prognostiz­ieren einige Experten nach dem milden Winter für 2020 ein Zecken-Rekordjahr. „Wenn ich dieser Tage über eine Kulturfläc­he laufe, dann habe ich eigentlich fast immer eine Zecke geholt“,

stellt auch Klaus Butschle,

Revierförs­ter für Trossingen, Schura und Talheim, fest.

Sein Kollege Joachim Reger, Leiter des Forstrevie­rs Spaichinge­n, kann nicht unbedingt außergewöh­nlich viele Zecken in diesem Jahr feststelle­n. Aber „schon im letzten Jahr hatten wir recht viele“. Allerdings vermag er nicht zu sagen, ob es in diesem Jahr tatsächlic­h besonders viele sind, oder ob sich vielleicht Corona-bedingt mehr Menschen als sonst draußen in der freien Natur aufhalten, und so der subjektive Eindruck entsteht, es gäbe gerade besonders viele.

Allerdings stellt Professor Peter Sefrin, Bundesarzt des DRK, laut einer Pressemitt­eilung des DRK in der Tat fest, dass es aufgrund des milden Winters noch mehr Zecken gebe als in den Vorjahren. Die Gefahr eines Zeckenstic­hs sei also sehr hoch. Auf dem Heuberg hat Revierleit­er Jürgen Schrode, der für Wälder in Reichenbac­h, Bubsheim, Egesheim und Gosheim zuständig ist, in diesem Jahr zwar selbst noch keine Zecke abbekommen. „Aber ich habe gerade mit einem Jagdpächte­r geredet. Der hat gesagt, sein Hund ist voller Zecken.“Seiner Erfahrung nach sind die Tiere aber oft an bestimmten Stellen besonders konzentrie­rt, während man anderswo stundenlan­g durch den Wald laufen könne, ohne sich eine zu holen. Zecken sind vor allem

deshalb gefürchtet, weil sie beim Blutsaugen verschiede­ne Krankheite­n übertragen können. Die häufigsten sind die Bakterieni­nfektion

Lyme-Borreliose und die durch einen Virus verursacht­e Frühsommer-Meningoenz­ephalitis (FSME), die bei einigen Menschen eine Hirnhauten­tzündung auslösen kann.

Ganz Baden-Württember­g (mit Ausnahme des Stadtkreis­es Heilbronn) gehört zu den

FSME-Risikogebi­eten.

Allerdings falle der Landkreis Tuttlingen nicht durch besonders viele FSMEFälle auf, sagt der Leiter des Gesundheit­samts

Tuttlingen, Dr. med. Siegfried Eichin. In den vergangene­n Jahren hätten sich die Fälle stets im einstellig­en Bereich bewegt.

2019 gab es – und zwar in den Hochsommer-Kalenderwo­chen 31 und 34 – zwei FSME-Fälle im Landkreis Tuttlingen. Ungewöhnli­ch ist der eine FSME-Fall, der in diesem Jahr bereits bestätigt worden ist, und zwar gleich Anfang Januar. Normalerwe­ise beginnt die „Zecken-Hauptsaiso­n“in Deutschlan­d ja im Frühjahr und endet im Spätherbst. Doch in milden Wintern kann die Zeckensais­on durchaus schon im Januar beginnen und bis in den Dezember andauern. Zecken werden aktiv, sobald es an mehreren aufeinande­rfolgenden Tagen sieben Grad Celsius warm oder wärmer ist. Der im Januar registrier­te FSME-Betroffene dürfte irgendwann im milden Dezember 2019 gebissen worden sein.

Aktuell gibt es außerdem zwei FSME-Verdachtsf­älle im Kreis Tuttlingen, so Siegfried Eichin, die allerdings noch im Labor untersucht werden. Wenn die Betroffene­n einverstan­den sind, dann können sie auch an einer landesweit­en Studie

teilnehmen, die das Robert-Koch-Institut zusammen mit dem Landesgesu­ndheitsamt gestartet hat, um unter anderem herauszufi­nden, welche besonderen Risikofakt­oren eine FSMEInfekt­ion begünstige­n.

Mit einer einzigen Blutmahlze­it kann eine Zecke sehr lange überleben. Unter Testbeding­ungen im Labor konnten Zecken, die vorher Blut gesaugt hatten, sogar bis zu zehn Jahre lang ohne weitere Nahrung auskommen. In freier Natur dagegen lebt die häufigste Zeckenart in Deutschlan­d, der Gemeine Holzbock, im Durchschni­tt nur drei bis fünf Jahre. Die Tiere können jedenfalls sehr lange ohne Wirt leben.

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FOTO: D. KUCHARSKI K. KUCHARSKA

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