Das Nicht-Wunder des FCH
Der 1. FC Heidenheim strebt in die Bundesliga, das überrascht nur bedingt, ein Grund dafür ist der Trainer
MÜNCHEN (SID) - Wenn beim 1. FC Heidenheim gefeiert wird, „dann richtig“, hatte Trainer Frank Schmidt vor über einem Jahr erzählt, als er nach einem möglichen BundesligaAufstieg gefragt wurde. Dann, ergänzte der 46-Jährige mit einem Schmunzeln, „lassen wir die Mücken auch mal rückwärts fliegen“. Und nun könnte es tatsächlich bald so weit sein, dass die Mücken im 50 000-Einwohner-Städtchen an der Brenz ihr Flugverhalten ändern.
Der 1. FC Heidenheim hat vor dem Saisonfinale am Sonntag (15.30 Uhr/ Sky) bei Spitzenreiter Arminia Bielefeld als Tabellendritter der 2. Liga gute Chancen auf die Relegation gegen Fortuna Düsseldorf oder Werder Bremen. Es mag nach einem Wunder klingen, dass der kleine FCH vor dem großen Hamburger SV steht – der Aufstieg des Clubs wäre allerdings keinesfalls eines.
Der 1. FC Heidenheim, der den FC Bayern im DFB-Pokal-Viertelfinale 2019 beim 4:5 fast blamiert hätte, hat sich seit Jahren mit Gelassenheit, Professionalität, Zusammenhalt, Weitblick und Kontinuität in der 2. Liga etabliert. Schon in der vergangenen Saison gehörte der Verein von der Ostalb lange zu den Aufstiegskandidaten. Und der Erfolg des FCH trägt einen Namen: Frank Schmidt.
Seit 2007, damals noch in der Oberliga, trägt Schmidt die Verantwortung für die Erfolgsgeschichte. Längst ist der gebürtige Heidenheimer zu einer Institution geworden. „Der kann sich nur selbst entlassen“, sagte Clubchef Holger Sanwald, selbst seit 26 Jahren im Verein, zuletzt erst wieder im SWR.
Und das Erfolgsgeheimnis von Schmidt? „Wenn man so lange Trainer ist wie Christian Streich in Freiburg oder ich hier, dann reicht es nicht aus, fachlich gut zu sein. Man braucht Sozialkompetenz“, sagte der FCH-Coach der „Zeit“. Vor allem aber, so Schmidt, nehme er sich „nicht wichtiger, als ich bin“. Mit seinen Spielern rede er auch „über andere Dinge, wir lachen und weinen gemeinsam. Also das, was das Leben ausmacht. Fußball ist für mich das Leben.“Angebote für den erfolgreichen Coach gab es einige: „Aber ich fühle mich hier wertgeschätzt.“Weshalb er seinen Vertrag bis 2023 verlängert hat. Der Verein habe, so Schmidt, „immer Ziele und ist nie zufrieden, was gut zu mir passt. Ich bin ein ehrgeiziger und emotionaler Mensch. Es gab noch keinen Tag, an dem ich keinen Bock hatte.“Das überträgt sich auf sein Team.
Zusammen wollen alle nun den Aufstieg realisieren. Auf diesem Weg baut der Club seit Jahren auf die Region und deren Finanzkraft. „Heidenheim alleine wäre vermutlich zu klein, aber die ganze Region gibt das her. Wir haben unsere Nische gefunden“, sagte Sanwald. Auch einen möglichen Aufstieg sieht er pragmatisch. Themen wie der nötige Umbau der nur 15 000 Zuschauer fassenden Voith-Arena, die neben dem Schloss Hellerstein über der Stadt liegt, seien „machbar und lösbar“. Nun fehlt nur noch der letzte Schritt, um die Mücken rückwärts fliegen zu lassen.
„Fußball ist für mich das Leben.“
Frank Schmidt