Die Angst vor der Büchse der Pandora
Bundestags-Grüne bleiben auch neuen Genverfahren gegenüber skeptisch
BERLIN - „Auch neue Gentechnik ist Gentechnik“, stellt Harald Ebner klar. Der Grünen-Sprecher für Gentechnik im Bundestag betont das nicht ohne Grund. Denn Befürworter neuer Techniken wie der Genschere sprechen lieber von „molekularen Züchtungsmethoden“, wie CDU-Agrarexpertin Gitta Connemann. Und neue Züchtungen fordert ja sogar die EU-Kommission.
Von der maßgenauen Veränderung von Gensequenzen in Pflanzen ist nicht nur Connemann begeistert. Die Pflanzen sollen widerstandsfähiger gegen Schädlinge, Gifte und Klimaveränderungen sein und so die weltweite Ernährung sichern. Außerhalb Europas ist die Technik längst weit verbreitet: Der „Goldene Reis“soll den Vitamin-A-Mangel in Entwicklungsländern senken, beim Soja liegt der Weltmarktanteil von
Gen-Varianten bei über 80 Prozent. Außerhalb der EU werden die Pflanzen oft ohne Zulassung oder Kennzeichnung angebaut.
Den Bundestags-Grünen und auch der Grünen-Gruppe im EUParlament sind solche Heilsversprechen zu vollmundig. Nach langer Diskussion haben Berliner und Brüsseler Parlamentarier ein Papier „Neue Gentechnik in der Landwirtschaft verantwortungsvoll regulieren“beschlossen, mit dem sich die Skeptiker gegen das Bauer-Lager (siehe Interview) durchsetzten: „Nichts deutet darauf hin, dass gentechnisch veränderte Pflanzen oder Tiere die ungelösten komplexen Probleme und Fragen der Welternährung wie Zugang zu Land und Wasser, das Beenden von Bürgerkriegen, Ausbildung und Wissenstransfer beantworten könnten“, heißt es. Besser sei eine nachhaltige Landwirtschaft. Das Papier fordert auch für neue Methoden
strikte Auflagen. Zwar lehnen die Grünen Gentechnikforschung „keinesfalls insgesamt oder pauschal“ab. Doch die neuen Verfahren seien kaum anders als die alten. Und die Gefahr, die Büchse der Pandora zu öffnen und künstlich veränderte DNA unrückholbar in der Umwelt zu verbreiten, bleibe gewaltig. Eine Deregulierung komme deshalb nicht infrage. Vielmehr müsse jede Anwendung umkehrbar sein – und jede Genveränderung in einem Produkt für den Verbraucher ausgezeichnet werden.
Das Papier ist Ergebnis einer Debatte über die Chancen technischen Fortschritts, die Parteichef Robert Habeck im Januar angestoßen hatte. Seitdem wird bei den Grünen heftig diskutiert. Und das dürfte auch mit dem Papier nicht zu Ende sein: Denn die Frage, welche Technik dem Menschen hilft, stelle sich „immer wieder neu“, sagte Habeck im Januar.