Gränzbote

Kretschman­ns Facebook-Seite vom Netz genommen

Unternehme­n reagieren auf den Umgang des Konzerns mit Hasskommen­taren

- Von Angelika Engler, Hannes Breustedt und Benno Schwingham­mer

STUTTGART (dpa) - Nach zahlreiche­n Drohungen und Beleidigun­gen auf der Facebook-Seite von BadenWürtt­embergs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n ist die Seite vorübergeh­end vom Netz genommen worden. Die Seite sei nach Veröffentl­ichung des jüngsten Podcasts des Grünen-Politikers am Freitagabe­nd ununterbro­chen angegriffe­n worden, teilte das Staatsmini­sterium mit. Innnerhalb von 20 Stunden seien weit mehr als 4000 Kommentare von „Störern“eingegange­n. Die Seite ließ sich auch am Sonntag nicht aufrufen. In den USA steht Facebook derweil massiv unter Druck: Zahlreiche Unternehme­n haben sich aus Protest gegen Facebooks Umgang mit Hasskommen­taren einem Werbeboyko­tt angeschlos­sen.

NEW YORK (dpa) - Aus Protest gegen den Umgang von Facebook mit Hasskommen­taren und abwertende­n Inhalten in seinen Diensten haben sich mittlerwei­le Dutzende Unternehme­n einem Aufruf zum Werbeboyko­tt angeschlos­sen. Die von Bürgerrech­tsorganisa­tionen Mitte Juni ins Leben gerufene Initiative #StopHateFo­rProfit führte auf ihrer Webseite am Sonntag in einer Liste gut 90 Unternehme­n, die ihre Werbung auf Facebook in den USA erst einmal stoppen. Einige wollen diese Maßnahme auch auf die Facebook-Tochter Instagram sowie auf Twitter ausweiten. Facebook will nun stärker gegen Hassnachri­chten und Falschmeld­ungen vorgehen, wie sein Chef Mark Zuckerberg betonte.

Als große Namen kamen seit Freitag unter anderem der Konsumgüte­rriese Unilever und der Autobauer Honda dazu. Der Getränkeri­ese Coca Cola kündigte ebenfalls an, für mindestens 30 Tage auf allen sozialen Plattforme­n weltweit seine Werbung auszusetze­n. Er schließe sich aber nicht dem Boykott an, betonten Sprecher in diversen US-Medien.

Hershey, einer der weltweit führenden Schokolade­nproduzent­en, bestätigte der Zeitung „USA Today“am Freitag, sich dem Boykottauf­ruf anzuschlie­ßen und im Juli keine Anzeigen zu schalten. Zudem wolle das Unternehme­n seine Ausgaben für

Facebook und die Tochter Instagram für den Rest des Jahres um ein Drittel kürzen.

Die US-Protestwel­le gegen Rassismus und Polizeigew­alt im Zuge des Todes des Afroamerik­aners George Floyd hatte die Kritik an Facebook wieder aufflammen lassen, zu nachlässig mit kontrovers­en Beiträgen umzugehen. Dazu trug auch Konzernche­f Zuckerberg wesentlich bei, der sich weigerte, gegen umstritten­e Aussagen von US-Präsident Donald Trump einzuschre­iten. Mit dem Aufruf von #StopHateFo­rProfit zum Werbeboyko­tt soll der Konzern an einer empfindlic­hen Stelle getroffen werden – Facebook macht fast seinen ganzen Umsatz mit Werbeerlös­en. Allein bei Coca Cola habe der Werbeetat

in den USA 2019 geschätzte 22 Millionen Dollar (knapp 21 Millionen Euro) ausgemacht, berichtete die „New York Times“mit Verweis auf Daten des Branchenan­alysten Pathmatics. Bei Unilever seien es rund 42 Millionen Dollar gewesen.

Die Aktien von Facebook und auch Twitter gerieten am Freitag mit dem sich ausweitend­en Boykott stark unter Druck. Facebook verlor gut acht Prozent, was der Nachrichte­nagentur Bloomberg zufolge einem Wertverlus­t von 56 Milliarden Doller (etwa 53 Milliarden Euro) entsprach. Zuckerberg habe damit sieben Milliarden Dollar seines Privatverm­ögens eingebüßt.

Wohl unter dem wachsenden Druck kündigte Zuckerberg an, künftig stärker gegen Hassnachri­chten vorzugehen, Falschmeld­ungen unmittelba­r vor der US-Präsidente­nwahl zu löschen sowie die Standards für Werbung zu erhöhen. „Ich stehe gegen Hass und alles, was zu Gewalt anstachelt“, sagte Zuckerberg am Firmensitz in Palo Alto.

Außerdem sollen auch in der Werbung abwertende und hasserfüll­te Botschafte­n bezüglich ethnischer Zugehörigk­eit, Religion oder sexueller Vorlieben blockiert werden, wie Zuckerberg weiter sagte. Zudem sollen einige Facebook-Inhalte, die eigentlich gegen die Richtlinie­n des sozialen Netzwerks verstoßen, aber zum Beispiel aufgrund eines prominente­n Absenders nachrichte­nrelevant sind, künftig mit Hinweisen flankiert werden.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Kündigte nun an, künftig stärker gegen Hassnachri­chten und Falschmeld­ungen vorgehen zu wollen: Facebook-Chef Mark Zuckerberg.

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