Gränzbote

Maas sieht Handlungsb­edarf

Außenminis­ter will Beziehunge­n zu den USA verbessern

- Von Thomas Spang

BERLIN/WASHINGTON (dpa/AFP) Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) sieht „dringenden Handlungsb­edarf“zur Verbesseru­ng der angeschlag­enen Beziehunge­n zu den USA. „Die transatlan­tischen Beziehunge­n sind außerorden­tlich wichtig, sie bleiben wichtig und wir arbeiten auch dafür, dass sie eine Zukunft haben“, sagte er am Sonntag. Seit dem Amtsantrit­t von Donald Trump vor dreieinhal­b Jahren haben sich die Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d beziehungs­weise der EU und den USA drastisch verschlech­tert.

Der US-Präsident steht derweil unter Druck. Laut „New York Times“habe Trump Geheimdien­stinformat­ionen über etwaige russische Prämien für Taliban-Attacken auf US-Soldaten in Afghanista­n erhalten. Trump dementiert­e dies.

WASHINGTON - Russland hat nach Erkenntnis­sen der amerikanis­chen Geheimdien­ste den Taliban-Milizen in Afghanista­n eine Kopfprämie für US-Soldaten angeboten. Donald Trump unternahm nichts.

Der US-Präsident gibt sich ahnungslos. „Niemand hat mich, Vizepräsid­ent Pence oder Stabschef Meadows unterricht­et oder etwas gesagt“, erklärte Trump auf Twitter zu der Untätigkei­t seiner Regierung angesichts der explosiven Enthüllung­en. Als Erste hatte die „New York Times“berichtet, der Präsident sei in dem täglichen Briefing seiner Geheimdien­ste schriftlic­h über das russische Kopfgeld auf US-Soldaten in Afghanista­n informiert worden.

Inzwischen haben die „Washington Post“, der Fernsehsen­der CNN und das „Wall Street Journal“den Inhalt der Geschichte unabhängig voneinande­r bestätigt. Statt auf die Substanz der Berichte einzugehen, verlangt der Präsident von den „Fake News“die Preisgabe der anonymen Quelle. „Ich wette, sie können das nicht. Diese Person gibt es vermutlich nicht einmal.“

Analysten machen darauf aufmerksam, dass die Sprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, nicht bestreitet, dass die US-Geheimdien­ste entspreche­nde Informatio­nen über die russischen Kopfgeld-Prämien haben. Wie auch nicht infrage gestellt wird, dass der Nationale Sicherheit­srat im Weißen Haus Ende März darüber beriet, wie die USA darauf reagieren könnten.

Der Nationale Sicherheit­srat entwickelt­e nach Aussagen eines hohen Mitarbeite­rs des Präsidente­n in der „New York Times“einen Stufenplan. Dieser sah als Optionen eine diplomatis­che Beschwerde in Moskau, eskalieren­de Sanktionen und andere mögliche Reaktionen vor. Nichts von dem sei jemals umgesetzt worden.

Insider halten es für ausgeschlo­ssen, dass solche brisanten Informatio­nen intern ohne Kenntnis des Präsidente­n diskutiert würden. Zumal die US-Geheimdien­ste diese Erkenntnis­se mit den Verbündete­n in Großbritan­nien geteilt hätten.

CNN hatte bereits im Frühjahr von auffällig vielen Telefonate­n zwischen Trump und dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin berichtet. Inmitten der ersten Welle der Corona-Pandemie in den USA sprachen die beiden Präsidente­n zwischen dem 30. März und Mitte April viermal miteinande­r.

Der designiert­e Herausford­erer Trumps bei den Wahlen im November, Joe Biden, wittert Verrat. „Seine ganze Präsidents­chaft war ein Geschenk an Putin, aber dieses übersteigt alles“, sagte der Demokrat auf die Enthüllung­en. „Das ist ein Verrat an der heiligsten Pflicht gegenüber der Nation, unsere Truppen zu schützen und auszurüste­n, wenn wir sie in eine Gefahrenzo­ne schicken.“

Selbst führende Republikan­er wie Liz Cheney, die Nummer 3 ihrer Fraktion im Repräsenta­ntenhaus, hat Fragen. Die Tochter des früheren Vizepräsid­enten George W. Bush will wissen, warum angeblich weder der Präsident noch der Vizepräsid­ent unterricht­et worden seien. „Wer wusste was wann?“Darüber hinaus verlangt sie Auskunft über den Inhalt des schriftlic­hen Tagesbrief­ings der Geheimdien­ste und Antwort auf die Frage, was zum Schutz der Truppen und Bestrafung Putins unternomme­n worden sei.

Das von Trump-kritischen Republikan­ern finanziert­e „Lincoln-Project“produziert­e einen Werbespot, in dem mit Sternenban­ner bedeckte Särge gefallener Soldaten zu sehen sind. „Jetzt wissen wir, dass Wladimir Putin Kopfgeld für die Ermordung amerikanis­cher Soldaten zahlt“, sagt der Sprecher. „Donald Trump wusste das und unternahm nichts.“Trump selber spielte in einem weiteren Tweet die Vorwürfe herunter. Diese seien nicht nur falsch, sondern in Afghanista­n habe es „nicht viele Angriffe auf uns gegeben“.

2019 sind 20 US-Soldaten in Afghanista­n getötet worden, vier weitere Anfang dieses Jahr. Seit dem Waffenstil­lstand zwischen den Taliban-Milizen und den USA haben die Islamisten keine amerikanis­chen Stellungen mehr angegriffe­n.

Nach den Erkenntnis­sen der USGeheimdi­enste war das Kopfgeld von der Einheit 29155 des russischen Spionagedi­enstes GRU ausgesetzt worden. Dabei handelt es sich um eine Elitetrupp­e, die auch für die Vergiftung des früheren GRU-Offiziers Serei Skripal im englischen Salisbury verantwort­lich gemacht wird. Experten spekuliere­n darüber, dass der erste direkte Angriff auf US-Interessen ein doppeltes Ziel verfolgte: Die Gespräche zwischen den Taliban und den USA zu unterminie­ren und die russischen Toten eines US-Vergeltung­sschlags in Syrien 2018 zu rächen.

Trump drängte zuletzt auf eine Wiederaufn­ahme Russlands in die Gruppe der G7 und behauptet, nicht Moskau, sondern die Ukraine habe sich 2016 in die Wahlen eingemisch­t.

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FOTO: ALEX BRANDON/DPA Wusste wohl über die von Russland angebotene­n Kopfprämie­n für US-Soldaten in Afghanista­n Bescheid: US-Präsident Donald Trump.

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