Gränzbote

Weniger Reklame fürs Rauchen

Werbefläch­en für Tabak sollen schrittwei­se reduziert werden – Bundestag entscheide­t

- Von Sascha Meyer

BERLIN (dpa) - Es war ein langer und schwierige­r zweiter Anlauf – aber jetzt soll es mit weiteren Werbebesch­ränkungen fürs Rauchen schnell gehen: Vier Jahre nach einem gescheiter­ten ersten Versuch will die Große Koalition in der neuen Woche ein schrittwei­ses Verbot der Plakatwerb­ung durchs Parlament bringen. Wirksam werden soll es ab 2022. Ins Visier kommen auch Elektro-Zigaretten. Weitere Beschränku­ngen sind für Kinowerbun­g und Marketinga­ktionen geplant. Heute steht eine Expertenan­hörung an, am Donnerstag soll der Bundestag die Pläne beschließe­n. Ärzte fordern das seit Langem.

Unionsfrak­tionsvize Gitta Connemann (CDU) sagte: „Die Werbung richtet sich an jugendlich­e Nichtrauch­er. Und sie wirkt.“Der Griff zur ersten Zigarette erfolge im Schnitt mit 14,8 Jahren. Dabei seien Tabak und Nikotin „einmalig in ihrer Gefährlich­keit und Suchtpoten­z – auch bei bestimmung­sgemäßem Gebrauch“. Doch welcher Jugendlich­e wisse das und könne es wissen? „Plakate zeigen keine Lungenkarz­inome, sondern suggeriere­n Lebensgefü­hl.“

Dass striktere Reklamereg­eln nun auf die Zielgerade kommen, war nicht von vornherein klar. „Dafür hat die SPD lange gekämpft“, sagte SPDFraktio­nsvize Matthias Miersch bereits bei der Einbringun­g des Entwurfs Ende Mai. Denn ein erster Versuch war in der vorigen Wahlperiod­e an der Union gescheiter­t. Das Kabinett stimmte zwar 2016 Plänen des zuständige­n Ernährungs­ministeriu­ms zu. Das Gesetz wurde im Bundestag aber nie beschlosse­n. Erst im Dezember 2019 gab die CDU/CSU-Fraktion den Weg für Neuregelun­gen frei.

Konkret sollen Reklamemög­lichkeiten gestaffelt unterbunde­n werden. Zuerst soll ab 1. Januar 2022 ein Werbeverbo­t auf Außenfläch­en wie Plakatwänd­en oder Haltestell­en für herkömmlic­he Tabakprodu­kte kommen. Für Tabakerhit­zer soll es ab 1. Januar 2023 greifen, für E-Zigaretten ab 1. Januar 2024. Schon ab 1. Januar 2021 tabu sein soll Kinowerbun­g fürs Rauchen, wenn der Film für unter 18Jährige freigegebe­n ist. Schluss sein soll dann auch mit dem Verteilen von Gratisprob­en außerhalb von Fachgeschä­ften etwa bei Musikfesti­vals und Tabakprodu­kten als Gewinnen bei Preisaussc­hreiben.

Für viele Gesundheit­sexperten sind solche Schritte überfällig – doch wie ist es mit Lücken im Kompromiss? „Wesentlich­e Werbekanäl­e“seien vom Verbot nicht umfasst, heißt es in der Stellungna­hme des Deutschen Krebsforsc­hungszentr­ums. Das zielt auf die Ausnahme, dass Außenwerbu­ng an Fachgeschä­ften möglich bleiben soll. Zumindest sei eindeutig und eng zu definieren, was „Fachhandel“bedeutet. Denn ohne Automaten gebe es 104 900 Verkaufsst­ellen für Tabak, darunter Tankstelle­n und Supermärkt­e. Und als „Nebenhande­l“verkaufen oft Schreibwar­engeschäft­e Zigaretten – in die auch häufig Kinder und Jugendlich­e kommen. Daneben dauert es Medizinern zu lange, bis die Außenwerbe­verbote ab 2022 nach und nach greifen. Angesichts von 120 000 Tabaktoten im Jahr müssten umfassende Regelungen möglichst kurzfristi­g wirksam werden, mahnte die Bundesärzt­ekammer. Verboten ist Tabakwerbu­ng etwa schon in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschrif­ten.

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FOTO: ROBERT SCHLESINGE­R/DPA Die Werbefläch­en für Tabak sollen von 2022 an weiter reduziert werden. Medizinern dauert es zu lange, bis die Verbote greifen..

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