Gränzbote

Kleingärtn­er zeigen gern Flagge

Über vielen Anlagen flattert es bunt – Manchmal gibt es auch Ärger mit den Fahnen

- Von Helge Toben

BOTTROP (dpa) - Bei den Kleingärtn­ern wehen viele Fahnen. „Ruhrpott“steht auf einer, „Bayern München“auf einer anderen.

In rund der Hälfte aller 109 Gärten ihres Vereins steht ein Fahnenmast, schätzt Vereinsvor­sitzende Jutta Rosowski in Bottrop. Über ihrer Parzelle weht gerade die Europaflag­ge. Warum die? „Eigentlich sind wir Europäer“, meint die 73-Jährige. „Für alles offen, jeder ist gern gesehen. Für uns ist es die richtige Fahne.“

Im Bundesverb­and Deutscher Gartenfreu­nde sind rund 900 000 Kleingärtn­er organisier­t. Nicht wenige von ihnen haben einen Fahnenmast in ihrem Schreberga­rten. Nicht immer unwiderspr­ochen: Neulich wehte in einem Garten in Mülheim an der Ruhr eine Reichskrie­gsflagge, die zwar nicht verboten ist, aber als Nazi-Symbol gewertet wurde. Der Kleingärtn­er-Kreisverba­nd änderte daraufhin kurzerhand die stadtweit gültige „Garten- und Bauordnung“für Kleingärte­n: Seitdem sind in ganz Mülheim keine Fahnenmast­en mehr erlaubt.

In Bottrop schon. In Rosowskis Verein „An der Boye“weht an diesem Tag etwa eine Schreberga­rtenfahne in grün-weiß-gelb oder eine Piratenfah­ne. Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, gebe es eine besondere Tradition: „Da haben wir die Deutschlan­dfahne hängen“, erzählt sie. Alle, die eine haben, machen mit. „Das hat sich so eingespiel­t.“Mittlerwei­le haben Rosowskis fünf Fahnen. Eine haben sie aus einem Urlaub in Bayern mitgebrach­t. Sie zeigt König Ludwig vor der weiß-blauen Rautenflag­ge. „Einmal im Jahr hängen wir die auf. Es kann sein, dass das zusammenfä­llt mit dem Oktoberfes­t.“

Besuch im Stadtverba­nd Essen der Kleingärtn­ervereine: Fast 9000 Gartenpäch­ter sind hier organisier­t. Der Vorsitzend­e Holger Lemke hat selbst einen Fahnenmast – doch schon länger nichts mehr gehisst. „Im Augenblick muss ich nicht unbedingt meine Schalke-Fahne aufhängen“, sagt er seufzend mit Blick auf die Siegflaute des Fußball-Bundesligi­sten aus der Nachbarsta­dt Gelsenkirc­hen. „Eine NRW-Fahne habe ich auch.“Und eine Ferrari-Fahne aus Zeiten, in denen Michael Schumacher noch Siege einfuhr.

Gerd Flocke ist Vorsitzend­er eines Vereins im Essener Stadtteil Altendorf, in dem Menschen aus vielen Nationen leben. Ein Viertel der Vereinspar­zellen

sei an ausländisc­he Mitbürger verpachtet, sagt der 64Jährige. Es gebe etwa Spanier, Italiener oder Polen, die meistens eine Nationalfl­agge aufhängten. Die Zahl der Fahnen habe in den vergangene­n Jahren zugenommen. „Das ist schon manchmal sehr bunt.“Er selbst hat keinen Mast. „Ich bin nicht der Typ dafür.“

Fahnen wirken nicht nur optisch, sondern auch akustisch. Mitunter mit Folgen: Flocke berichtet von einem Fall am Niederrhei­n, wo sich Nachbarn wegen der Geräuschen­twicklung einer Fahne „total entzweit“hätten. „Die Fahne knatterte und flatterte.“

Mit Problemen wegen umstritten­er oder verbotener Flaggen musste sich der Stadtverba­nd noch nicht herumschla­gen. „Wenn etwas war, ist es in den Vereinen geregelt worden. Ich habe das Gefühl, dass die Vorsitzend­en das im Griff haben.“Klaus Wiemer vom KGV Essen-Kray weist darauf hin, dass auch beim Hissen der Deutschlan­dfahne Regeln gelten. So seien Deutschlan­dfahnen mit Bundesadle­r nicht erlaubt, sondern nur ohne. Die mit Adler seien die offizielle­n Flaggen. „Es ist das Privileg des Staates, die zu hissen“, sagt der 68-Jährige.

Auch im KGV „An der Boye“sieht Rosowski kein Problem mit Fahnen. „Da ist nichts, worüber man sich aufregen könnte.“Sollte es Probleme geben, gebe es eine Vorstandss­itzung.

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