Dem Wunder folgt die Demut
Bremen kann nur kurz genießen – Kohfeldt sieht für Relegation „brutale Drucksituation“
BREMEN (SID) - Florian Kohfeldt war längst in den Relegationstunnel eingebogen, als er am späten Sonntagnachmittag auch Gewissheit über den Gegner hatte. Werder Bremen kämpft gegen den aufmüpfigen 1. FC Heidenheim um das letzte Bundesliga-Ticket und ist in den Duellen klarer Favorit, auch wenn der Respekt vor dem Zweitligisten vorhanden ist.
„Als Bundesligamannschaft und nach den Ergebnissen vom Wochenende sind wir sicherlich in der Favoritenrolle. Allerdings gibt es für uns keinen Grund, überheblich zu sein, denn Heidenheim hat alles in allem eine sehr gute Saison gespielt“, sagte Sportchef Frank Baumann und dachte dabei auch an den lockeren 4:1Sieg im DFB-Pokal gegen Heidenheim in dieser Spielzeit. Maximilian Eggestein warnte aber vor „dem Druck, dass wir drinbleiben müssen“. Heidenheim könne hingegen „befreit aufspielen“. Auch Kohfeldt bleibt vorsichtig: „Das sind K.o.Spiele, die haben einen ganz besonderen Charakter“, sagte der Trainer: „Deshalb müssen wir einen ganz, ganz großen Fokus auf uns und unsere Leistung legen, auch unter dem Druck, der da entstehen wird.“Kohfeldt ergänzte: „Wer am Ende der Saison auf Platz drei der zweiten Liga steht, der kann sehr gut Fußball spielen. Da müssen wir sehr gute Lösungen finden, um diese Spiele zu gewinnen.“Am Samstag, nach dem überlebenswichtigen wie beeindruckenden 6:1 (3:0)-Sieg gegen den 1. FC Köln, hatte Kohfeldt bereits betont, der Einzug in die Relegation fühle sich für ihn nicht wie ein neues „Wunder von der Weser“an. „Das wäre mir zu hoch gegriffen“, sagte er: „Wir sind uns vollkommen bewusst, dass wir noch nichts erreicht haben.“
Werder ist immer noch in großer Gefahr, der zweite Abstieg nach 1980 droht nach wie vor. Am Donnerstag steigt Teil eins der Entscheidungsspiele gegen den FCH im Weserstadion (20.30 Uhr/DAZN und Amazon), das Rückspiel ist am folgenden für den Montag (6. Juli) angesetzt.
Während nach dem Köln-Spiel vor dem Weserstadion und in der ganzen Stadt Fans berauscht und nicht immer coronakonform über den Sprung auf Rang 16 in letzter Sekunde jubelten, kreisten Kohfeldts Gedanken längst um die anstehenden K.o.Spiele, nach der Entscheidung in der zweiten Liga kann er nun in die Gegneranalyse eintauchen. „Die brutale Drucksituation bleibt bestehen“, sagte der Werder-Coach. So ging es am Sonntag schon wieder auf den
Trainingsplatz. Freilich mit einem ganz anderen Gefühl, denn die Situation der Bremer hat sich durch den eigenen Auftritt und den Sieg von Union Berlin gegen Werders Konkurrenten Fortuna Düsseldorf natürlich stark verändert. „Wir sind selbstbewusst, aber auch vorsichtig, da wir in dieser Saison nach Erfolgen immer wieder Negativerlebnisse hatten“, sagte Aufsichtsratsboss Marco Bode. Doch hat es Werder wieder in der eigenen Hand, den Absturz am Ende einer katastrophalen Saison zu verhindern.
Union Berlins Felix Kroos nach der Schützenhilfe für seinen Ex-Club Und die Hanseaten haben sich durch den Kantersieg gegen Köln mit Selbstvertrauen vollgepumpt. Yuya Osako (22./58.), der im Sommer wohl wechselnde Milot Rashica (27.), Niclas Füllkrug (29.), Davy Klaassen (55.) und Josh Sargent (68.) sicherten Rang 16, der Gegentreffer von Dominick Drexler (62.) fiel nicht ins Gewicht.
Sofort begannen die Diskussionen um den Gegner in der Relegation. „Ich glaube, wir brauchen keine besondere Brisanz durch ein Nordderby“, sagte Sportchef Frank Baumann, dessen Wunsch dann durch die Niederlage des Hamburger SV auch erfüllt wurde. Kohfeldt freute sich unterdessen über den „kleinen Vorteil“für die Planung, „dass wir erst ein Heimspiel haben und keine Reiselogistik zu bewältigen ist“.
Nun gelte es zu regenerieren und die Sinne schnell wieder zu schärfen.
„Habe jetzt alle Nachrichten von den Werder-Fans gelesen. Aktueller Stand: 1678 Kisten Bier und 5467 Liebesbekundungen (meistens männlich)! Danke dafür.“