Neue Pläne, alte Fehler
Mit vollmundigen Versprechungen kennen sich Bahnfahrer in Deutschland gut aus. Im Süden sogar sehr gut, entsteht doch hier Stuttgart 21 mit mindestens vier Jahren Verspätung und Milliarden Euro Mehrkosten. Diesmal klingt es aus Berlin von Schienenpakt und Deutschlandtakt. Wer sich die Versprechen für den Süden anschaut, erkennt rasch: Hier wird nachgebessert, was seit Jahren als Fehler bekannt ist, hier fehlen konkrete Zusagen für die Finanzierung, die Zeit für den Bau ist knapp kalkuliert. Am Ende droht, was in Stuttgart zu besichtigen ist: Die großen Pläne verzögern sich so lange, bis die Anforderungen an Bahnstrecken sich längst verändert haben. Dann muss für viel Geld und unter Zumutungen für Reisende nachgebessert werden.
Der neue Tunnel in Stuttgart, der nun nach Ansicht von CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer und Deutscher Bahn Sinn macht, galt längst als notwendig. Das Projekt Stuttgart 21 liefert ein Beispiel dafür, warum große Verkehrsprojekte hierzulande solche Schwierigkeiten machen. Das liegt an überlangen Planungsund Genehmigungsprozessen, an der Gewohnheit, Kosten vorab kleinzurechnen, an der oft nicht sinnvoll gestalteten Beteiligung der Betroffenen. Bei Letzterem war Stuttgart 21 erst unter immensem Druck ein gutes Beispiel – obwohl man besser mehr der Erkenntnisse aus der Schlichtung umgesetzt hätte.
Die Grünen fühlen sich heute zu Recht bestätigt in ihrer Kritik am Bahnprojekt. Doch sie sollten nicht zu selbstzufrieden sein. Solange weiter jede einzelne Eidechse geschützt wird, darf sich niemand über Bauverzögerungen wundern.
Der neue Fokus auf die Bahn macht Sinn. Aber es fällt angesichts der Verkehrspolitik der vergangenen Jahrzehnte schwer, dem Bund seinen Elan abzunehmen. Deswegen müssen Worten von Verkehrsminister Scheuer jetzt auch Taten folgen: Geldzusagen und konkrete, realistische Zeitpläne. Sonst bleibt vom Schienenpakt wieder einmal nur heiße Luft. Das kann sich angesichts von Klimawandel und Stauproblemen niemand leisten.