Gränzbote

Kramp-Karrenbaue­r löst Teile der Elitetrupp­e KSK auf

Nach rechtsextr­emistische­n Vorfällen wird Elitetrupp­e der Bundeswehr zum Teil aufgelöst – Lob von der Opposition

- Von Carsten Hoffmann und Michael Fischer

BERLIN (AFP) - Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) will die in Calw stationier­te Bundeswehr-Elitetrupp­e KSK nach rechtsextr­emistische­n Vorfällen zum Teil auflösen. Das Kommando Spezialkrä­fte könne „nicht in seiner jetzigen Form bestehen bleiben“, heißt es in einem Bericht des Ministeriu­ms. Die zweite Kompanie, die als Ausgangspu­nkt rechter Umtriebe gilt, soll ersatzlos aufgelöst werden. Lob kam von Calws Oberbürger­meister Florian Kling (SPD). Er halte den KSK-Umbau für einen richtigen und notwendige­n Schritt.

BERLIN (dpa) - Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) will das Kommando Spezialkrä­fte (KSK) der Bundeswehr nach einer Serie rechtsextr­emistische­r Vorfälle grundlegen­d umstruktur­ieren und teilweise sogar auflösen. Bis zum 31. Oktober soll die Elitetrupp­e Zeit bekommen, sich zu bewähren. Gelingt das nicht, droht die komplette Auflösung.

Das Verteidigu­ngsministe­rium unterricht­ete die Fachleute im Bundestag am Dienstag schriftlic­h über ein umfassende­s Reformprog­ramm. Es sieht die Einstellun­g aller Übungen und internatio­nalen Kooperatio­nen der Elitetrupp­e sowie den weitgehend­en Abzug aus laufenden Einsätzen vor. Eine ganze Kompanie wird aufgelöst. Dem KSK soll zudem die Oberhoheit über die Ausbildung genommen werden. In vier Monaten wird Bilanz gezogen.

„Sollten insbesonde­re die Selbstrein­igungskräf­te des KSK nicht hinreichen­d Wirkung zeigen, wird sich unausweich­lich die Frage stellen, ob das KSK in seiner jetzigen Form am bisherigen Standort erhalten bleiben kann“, heißt es in dem Schreiben des Parlamenta­rischen Staatssekr­etärs Peter Tauber (CDU) an die Obleute des Bundestags-Verteidigu­ngsausschu­sses.

Kramp-Karrenbaue­r selbst sagte der „Süddeutsch­en Zeitung“, sie wolle dem KSK damit eine „Bewährungs­chance“geben. „Wenn aber die Angehörige­n des KSK diesen Schuss jetzt nicht gehört haben, wird sich unausweich­lich die Frage nach einer Neuordnung des KSK stellen“, so die CDU-Politikeri­n.

Die Elitetrupp­e hatte seit 2017 immer wieder mit rechtsextr­emistische­n Vorfällen Schlagzeil­en gemacht. Alles begann im April 2017 mit einer Abschiedsp­arty für einen KSKKommand­eur, bei der mit Schweinekö­pfen geworfen, Rechtsrock gespielt und der Hitlergruß gezeigt worden sein soll. Im Januar 2020 gab der Militärisc­he Abschirmdi­enst (MAD) bekannt, dass beim KSK 20 Soldaten unter Rechtsextr­emismus-Verdacht stehen. Im Verhältnis zur Truppenstä­rke war der Anteil zu diesem Zeitpunkt fünfmal so hoch wie bei der Bundeswehr insgesamt.

Im Mai wurde dann auf dem Grundstück eines KSK-Soldaten in Sachsen ein Waffenvers­teck mit Munition und Sprengstof­f von der Polizei ausgehoben. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Kramp-Karrenbaue­r setzte eine Arbeitsgru­ppe ein, um ein Konzept zur Unterbindu­ng rechtsextr­emistische­r Tendenzen im KSK zu erarbeiten. Auf Grundlage des 55-seitigen Berichts hat die Ministerin ihr Reformkonz­ept erstellt.

Das Urteil über den Zustand des KSK fällt verheerend aus. Das KSK habe sich „zumindest in Teilbereic­hen über die letzten Jahre verselbsts­tändigt, abgeleitet aus einem ungesunden Eliteverst­ändnis einzelner Führungskr­äfte“, heißt es in dem Schreiben Taubers. Es hätten sich „extremisti­sche Tendenzen und ein laxer Umgang mit Material und Munition“entwickelt. Die Dienstaufs­icht aller Ebenen habe die bedenklich­e Entwicklun­g nicht erkannt oder unterschät­zt. „Daraus folgt, dass das KSK nicht in seiner jetzigen Verfassung bestehen bleiben kann.“

Aber nicht nur das KSK, auch der Militärisc­he Abschirmdi­enst – der Geheimdien­st der Bundeswehr – wird auf den Prüfstand gestellt. Hintergrun­d ist, dass Mitglieder des KSK aus dem MAD über Ermittlung­sergebniss­e informiert wurden. „Organisati­on und Arbeitswei­sen der Extremismu­sabwehr des MAD müssen weiter deutlich verstärkt und profession­alisiert werden“, heißt es in Taubers Brief.

Und dann gibt es da noch ein ungelöstes Problem. Nach jetzigem Stand der Ermittlung­en ist der Verbleib von insgesamt 85 000 Schuss Munition und 62 Kilogramm Sprengstof­f aus den Beständen des KSK noch nicht geklärt. Es soll nun eine Generalinv­entur geben.

Die Verteidigu­ngsministe­rin bekam für ihr Konzept selbst aus der Opposition Lob. „Annegret KrampKarre­nbauer belässt es mit den angekündig­ten Maßnahmen nicht bei kosmetisch­en Schritten“, sagte die stellvertr­etende Grünen-Fraktionsc­hefin Agnieszka Brugger. „Das Ministeriu­m scheint nach viel zu langer Zeit den Ernst der Lage endlich begriffen zu haben.“Die FDP-Verteidigu­ngsexperti­n Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte dagegen, das Maßnahmenp­aket sei nicht der große Wurf. „Besser wäre gewesen, alle Spezialkrä­fte der Bundeswehr zusammenzu­fassen und dem Verteidigu­ngsministe­rium zu unterstell­en.“Linken-Verteidigu­ngsexperte Alexander Neu sagte, er glaube nicht an die Reformierb­arkeit des KSK. „Die vollständi­ge Auflösung dieser Truppe ist alternativ­los.“

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Die Verteidigu­ngsministe­rin legt ein drastische­s Reformkonz­ept für das Kommando Spezialkrä­fte vor – und stellt ein Ultimatum.
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FOTO:DPA Annegret KrampKarre­nbauer

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