Gränzbote

300 Millionen Euro vom Bund für Varta

Bund fördert Batterieze­llfertigun­g in Ellwangen – Laut Altmaier darf Deutschlan­d auf strategisc­hen Feldern nicht ins Hintertref­fen geraten

- Von Andreas Gässler

ELLWANGEN (dpa) - Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) hat dem Batteriehe­rsteller Varta einen Förderbesc­heid in Höhe von 300 Millionen Euro überreicht. Mit dem Geld will Varta die nächste Generation Lithium-Ionen-Zellen erforschen und eine Massenprod­uktion aufbauen. Deutschlan­d wolle Autoland bleiben, sagte Altmaier am Dienstag in Ellwangen. Auch Baden-Württember­g und Bayern steuern Geld für das Vorhaben an den Standorten Ellwangen und Nördlingen bei.

ELLWANGEN - Varta ist Weltmarktf­ührer bei den kleinen Lithium-Ionen-Batterien. Die Knopfzelle­n kommen zum Beispiel in schnurlose­n Kopfhörern zum Einsatz. Jetzt will Varta die Erfolgsges­chichte fortschrei­ben und die Lithium-IonenTechn­ologie auf große Batterieze­llen ausweiten. Ohne Förderung wäre das wohl auch gegangen. Aber mit den 300 Millionen Euro, die der Bund in den Batteriesp­ezialisten von der Ostalb steckt, sei man schneller und könne im internatio­nalen Wettbewerb besser bestehen, meint VartaChef Herbert Schein. Die Summe, die zum Teil von den Bundesländ­ern kofinanzie­rt wird, soll an den VartaStand­orten Ellwangen und Nördlingen in die Bereiche Forschung und Entwicklun­g sowie „erste industriel­le Anwendung“fließen.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) hat den Förderbesc­heid am Dienstag am Firmensitz in Ellwangen übergeben. Für den Minister steht fest: Der Standort Deutschlan­d darf auf strategisc­hen Feldern nicht ins Hintertref­fen geraten – bei der künstliche­n Intelligen­z und der Digitalisi­erung sowie bei der Produktion von Batterieze­llen auf einem immer größer werdenden Markt.

Genau genommen hat Altmaier zwei Förderbesc­heide übergeben. Der erste in Höhe von 198,5 Millionen Euro ist für den Varta-Standort Ellwangen bestimmt. Das Land BadenWürtt­emberg fördert kräftig mit, 60 Millionen Euro davon kommen aus Stuttgart. Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) bezeichnet­e das Varta-Projekt als Meilenstei­n für den Standort BadenWürtt­emberg.

Der Nutzen für die Region und das Land sei „gewaltig“. Varta will rund 1000 neue Arbeitsplä­tze schaffen. Dazu kommen weitere bei den Zulieferer­n der Region.

Der zweite Förderbesc­heid in Höhe von 101,5 Millionen Euro geht an den Varta-Standort Nördlingen. Der Freistaat Bayern beteiligt sich daran mit 30 Prozent. Der bayerische Wirtschaft­sstaatssek­retär Roland Weigert (Freie Wähler) erinnerte daran, dass VartaBatte­rien zuletzt 2018 an Bord der ISS auf Weltraummi­ssion waren. „Dieses Unternehme­n ist ganz vorne dabei.“

Varta-Chef Schein freut sich, dass die Politik die Batteriein­dustrie als „zentrales Zukunftsfe­ld“erkannt hat.

Das Unternehme­n habe schon früher Fördermitt­el für die Lithium-IonenForsc­hung erhalten und daraus eine Massenprod­uktion aufgebaut. Bis Ende 2021 werde man allein dadurch eine Milliarde Euro Umsatz erwirtscha­ftet und die Fördergeld­er durch Steuern um das Fünffache zurückgeza­hlt haben. Kein schlechtes Geschäft für die Politik, wie Schein meinte.

Der Varta-Chef zeigte sich „sehr zuversicht­lich, die Erfolge der Vergangenh­eit deutlich zu übertreffe­n“. Übrigens: Varta investiert Schein zufolge ebenfalls 300 Millionen.

Schein skizzierte, was Varta konkret erreichen will. So soll die Energiedic­hte der Lithium-Ionen-Zellen um 50 Prozent erhöht und die Technik auf große Zellenform­ate übertragen werden. Als Beispiel für künftige Anwendunge­n nannte er Energiespe­icher, Roboter und fahrerlose Transports­ysteme.

Des Weiteren soll die Lithium-Ionen-Technologi­e mit einer neuen Technologi­e für „sehr kurze“Ladezeiten kombiniert werden, die Varta derzeit entwickelt. Schließlic­h soll die Produktion der neuen Batteriefo­rmate auf einer neuen Pilot-Linie optimiert und zügig in die Massenprod­uktion überführt werden.

Für Altmaier wird die nächste Stufe der Batterieze­llenfertig­ung in Deutschlan­d gezündet und der nächste Schritt zur Großserie bei Batterieze­llen für automobile und industriel­le Anwendunge­n gemacht. Deutschlan­d sei Autoland – und wolle es auch bleiben, betonte er.

Ladezeit, Leistung und Langlebigk­eit der Batterieze­lle sind für VartaChef Schein die entscheide­nden Faktoren der nächsten Generation der Elektroaut­os. Durch das jetzige Projekt und mit Unterstütz­ung der Automobili­ndustrie können sich ihm zufolge zusätzlich­e Chancen fürs Unternehme­n ergeben. Varta-Großaktion­är und Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Michael Tojner ist sicher, dass in den kommenden zehn Jahren die deutsche und weltweite Automobili­ndustrie mit Batterieze­llen von Varta ausgestatt­et sein wird.

Vom Kopfhörer über Schlagbohr­er und Staubsauge­r bis hin zur Elektromob­ilität, Medizin- und Raumfahrte­chnik und zum hybrid-elektrisch­en Fliegen: Altmaier zufolge hat sich der Bedarf batterieel­ektrischer Lösungen exponentie­ll entwickelt. Der Wirtschaft­sminister will, dass bis zum Jahr 2030 ein Drittel des weltweiten Batteriebe­darfs in Europa produziert wird.

Angesichts der Corona-Pandemie, die nach seinen Worten die Geschäftsm­odelle vieler mittelstän­discher Unternehme­n bedroht, und einer technologi­schen Entwicklun­g, die überall in der Welt stattfinde­t und an Geschwindi­gkeit zunimmt, verteidigt­e er eine strategisc­he Industriep­olitik, die „nicht anstößig“sein darf. Aber: „Manchmal muss man statt kleckern auch klotzen.“Deshalb habe der Bund die Mittel für die Batteriefe­rtigung im Konjunktur­paket nochmals von 1,5 auf drei Milliarden Euro aufgestock­t.

 ?? FOTO: MARIJAN MURAT/DPA ?? Mit 300 Millionen Euro unterstütz­t der Bund zusammen mit den Ländern Baden-Württember­g und Bayern den weiteren Ausbau der Batterieze­llfertigun­g des Varta Konzerns: Herbert Schein, Vorstandsv­orsitzende­r der Varta AG, Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) und Michael Tojner, Mehrheitsa­ktionär und Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Varta AG (von links), besichtige­n im Rahmen der Übergabe des Förderbesc­heids einen Reinraum.
FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Mit 300 Millionen Euro unterstütz­t der Bund zusammen mit den Ländern Baden-Württember­g und Bayern den weiteren Ausbau der Batterieze­llfertigun­g des Varta Konzerns: Herbert Schein, Vorstandsv­orsitzende­r der Varta AG, Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) und Michael Tojner, Mehrheitsa­ktionär und Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Varta AG (von links), besichtige­n im Rahmen der Übergabe des Förderbesc­heids einen Reinraum.

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