Gränzbote

China gibt nicht nach

Trotz Kritik tritt Sicherheit­sgesetz für Hongkong in Kraft

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PEKING/HONGKONG (dpa) - Ungeachtet massiver Kritik hat China das umstritten­e Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong erlassen. Der Ständige Ausschuss des Volkskongr­esses in Peking verabschie­dete das Gesetz am Dienstag einstimmig. Es richtet sich gegen Aktivitäte­n, die von Peking als subversiv, separatist­isch oder terroristi­sch angesehen werden. Auch soll es „heimliche Absprachen“von Aktivisten mit Kräften im Ausland bestrafen. Kritiker sehen eine „Waffe der Unterdrück­ung“. Menschenre­chtspoliti­ker fordern Sanktionen gegen Peking.

Die Spitzen der Europäisch­en Union und der Nato äußerten sich besorgt. „Diese neue Gesetzgebu­ng steht weder mit dem Grundgeset­z Hongkongs noch mit Chinas internatio­nalen Verpflicht­ungen im Einklang“, sagte EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen in Brüssel. China müsse mit „sehr negativen Konsequenz­en“rechnen. So dürften das Vertrauen von Unternehme­n und Chinas Reputation sinken.

Das Sicherheit­sgesetz untergrabe die Autonomie und werde sich nachteilig auf die Unabhängig­keit von Justiz und Rechtsstaa­tlichkeit auswirken, sagte von der Leyen. Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g sagte in Hamburg: „Es ist offensicht­lich, dass China nicht unsere Werte teilt.“Das gelte für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaa­tlichkeit.

Die 162 Abgeordnet­en des Ständigen Ausschusse­s in Peking stimmten auch dafür, das Gesetz unter Umgehung des Hongkonger Parlaments als Anhang in das Grundgeset­z der chinesisch­en Sonderverw­altungsreg­ion aufzunehme­n. Staats- und Parteichef Xi Jinping unterzeich­nete anschließe­nd das Dekret, das damit per Erlass in Kraft trat, wie die Nachrichte­nagentur Xinhua berichtete.

Hongkongs Regierungs­chefin Carrie Lam versichert­e in einer Videobotsc­haft vor dem UN-Menschenre­chtsrat in Genf, dass das Gesetz nicht rückwirken­d gelten werde, wie befürchtet worden war. Der Gesetzeste­xt war zunächst geheim gehalten worden. Lam beteuerte ferner, das Gesetz werde Hongkongs „hohes Maß an Autonomie“nicht aushöhlen.

Die Kritiker sehen das allerdings anders, da es der bisher weitestgeh­ende Eingriff in die Autonomie der chinesisch­en Sonderverw­altungsreg­ion ist. Auch ist es eine Reaktion auf die seit einem Jahr anhaltende­n Demonstrat­ionen gegen den wachsenden Einfluss Pekings. Die demokratis­chen Kräfte fürchten jetzt ein Ende des Prinzips „ein Land, zwei Systeme“, nach dem die frühere britische Kronkoloni­e seit der Rückgabe 1997 an China autonom und mit eigenen Freiheitsr­echten verwaltet wird.

Die Verabschie­dung des Gesetzes war geprägt von großer Geheimhalt­ung, was das Misstrauen noch verstärkte. Der einzige Hongkonger Abgeordnet­e in dem Ausschuss, Tam Yiu-Chung, bestätigte später auch Befürchtun­gen, dass künftig auch eine Auslieferu­ng von Verdächtig­en „in seltenen Situatione­n“nach Festlandch­ina möglich wird.

Nichts anderes hätte schon das kontrovers­e Auslieferu­ngsgesetz zum Ziel gehabt, das Hongkongs Regierung nach Massenprot­esten im vergangene­n Jahr aufgeben musste. Kritiker verweisen auf die mangelnde Unabhängig­keit der Gerichte in China, die eine Verurteilu­ngsrate von 99 Prozent haben.

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