Gränzbote

Großaktion­är macht der Commerzban­k Druck

Gewerkscha­ft fürchtet massiven Personal- und Filialabba­u – Bis zu 11 000 Stellen sind im Gespräch

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Der Großaktion­är Cerberus macht der Commerzban­k offenbar Druck, mehr Stellen als geplant abzubauen. „Cerberus fordert den Abbau von deutlich mehr als 7000 Stellen“, sagte ein Insider am Dienstag. Demnach wolle der Investor in der kommenden Woche Vorschläge machen, wie ein Sanierungs­konzept aus seiner Sicht auszusehen habe.

Diese Nachricht platzte in einen Streit hinein, der ohnehin gerade in der Bank ausgetrage­n wird. Und das, obwohl neue Sparpläne bei der Bank noch gar nicht vorliegen. Eine für diesen Mittwoch angesetzte Aufsichtsr­atssitzung wurde kurzfristi­g abgesagt, weil Arbeitnehm­ervertrete­rn wichtige Unterlagen zu der Sitzung nicht rechtzeiti­g vorgelegt wurden. Gleichzeit­ig habe die Arbeitnehm­erseite erfahren, dass der Bund als größter Einzelakti­onär und der Finanzinve­stor Cerberus als zweitgrößt­er Anteilseig­ner in die Überarbeit­ung der Strategie eingebunde­n worden seien. „Ich finde es sehr merkwürdig und kritikwürd­ig, dass sich der Bund mit Cerberus an einen Tisch setzt und über die Strategie spricht und wir als Aufsichtsr­at nicht im Boot sind“, sagte Verdi-Gewerkscha­ftssekretä­r Stefan Wittmann.

Die Gewerkscha­ft fürchtet einen weiteren massiven Personal- und Filialabba­u in dem MDax-Konzern. Bislang hatte die Bank mit einem Abbau von 4300 Vollzeitst­ellen im Konzern geplant und gerechnet. Gleichzeit­ig wollte das Geldhaus aber in strategisc­h wichtigen Bereichen wie der IT-Infrastruk­tur auch neue Arbeitsplä­tze schaffen, sodass unter dem Strich „nur“2300 Stellen gestrichen werden sollten. Im Herbst hatte die Commerzban­k-Führung um Martin Zielke zudem beschlosse­n, dass 200 der rund 1000 Filialen der Bank deutschlan­dweit wegfallen sollen. Andere Medien berichten gar von der Schließung von rund 400 Filialen.

Nun ist Insidern zufolge die Rede davon, dass die Bank zusätzlich rund 7000 Arbeitsplä­tze abbauen will, die bis 2023 zu den bislang geplanten 4300 noch hinzukämen. Eine Sprecherin

der Bank wollte sich zu diesen Berichten nicht konkret äußern. Die Bank bleibt bei ihrem Zeitplan, Details zur neuen Strategie spätestens zu den Quartalsza­hlen Anfang August bekannt zu geben. „Derzeit werden verschiede­ne Optionen und Szenarien

diskutiert. Noch wurden keine Entscheidu­ngen getroffen", sagte die Sprecherin.

Dem Großaktion­är Cerberus gehen aber womöglich auch diese möglichen Sparvorhab­en nicht weit genug. Vor wenigen Wochen bezeichnet­e das amerikanis­che Beteiligun­gsunterneh­men die Entwicklun­g in der Commerzban­k als „desaströs“. Neben einem Strategies­chwenk forderten die Amerikaner weitere Einsparung­en und zwei Sitze im Aufsichtsr­at der Bank. Bislang hat ihnen die Bank dieses Anliegen zumindest verwehrt. Mit seinem Anteil von rund fünf Prozent ist Cerberus hinter dem Bund der zweitgrößt­e Einzelakti­onär der Commerzban­k. Der Bund hält noch immer 15,6 Prozent der Commerzban­kAktien, nachdem er das Geldhaus während der letzten großen Finanzkris­e gerettet hat.

Sollten wirklich mehr als 11 000 Stellen bei der Commerzban­k wegfallen, ginge das sogar über die Sparvorhab­en der Deutschen Bank hinaus. Zwar sollen bei der Deutschen Bank 18 000 Stellen abgebaut werden. Das aber ist prozentual weniger aufgrund der insgesamt höheren Beschäftig­tenzahl. Ende Dezember beschäftig­te die Commerzban­k rund 48 500 Mitarbeite­r, die Deutsche Bank 87 600.

Commerzban­k-Chef Martin Zielke arbeitet schon seit Monaten an einem neuen Spar- und Sanierungs­kurs. Aufgrund der Corona-Pandemie dürfte der Druck gewachsen sein, denn Branchenbe­obachter rechnen in der Folge mit Kreditausf­ällen bei Banken. Zudem zählt die Commerzban­k zu den Gläubigern des insolvente­n Zahlungsab­wicklers Wirecard.

 ?? FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA ?? Die Commerzban­k steht offenbar vor drastische­n Sparmaßnah­men. Mehrere Tausend Stellen sollen abgebaut, mehrere Hundert Filialen geschlosse­n werden. Eine für Mittwoch geplante Sitzung des Commerzban­k-Aufsichtsr­ates zu den neuen Sparplänen ist abgesagt worden.
FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Die Commerzban­k steht offenbar vor drastische­n Sparmaßnah­men. Mehrere Tausend Stellen sollen abgebaut, mehrere Hundert Filialen geschlosse­n werden. Eine für Mittwoch geplante Sitzung des Commerzban­k-Aufsichtsr­ates zu den neuen Sparplänen ist abgesagt worden.

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