Gränzbote

Schwarzgel­d-Geschäfte führen zu 637 000 Euro Schaden

Ein Mann und sein Komplize gründen eine Schattenwi­rtschaft – Dann verrät einer den anderen

- Von Christina Mikalo

TUTTLINGEN - 27 Mal macht ein Firmenchef falsche Angaben bei Bruttolöhn­en und Sozialvers­icherungsb­eiträgen. Ein Bekannter hilft ihm dabei. Das Amtsgerich­t Tuttlingen verurteilt die beiden nun zu Freiheitss­trafen auf Bewährung.

Eine Firma, die nur auf Papier existiert, zwei Angeklagte, die sofort geständig sind und ein Verteidige­r, der dem Staatsanwa­lt in allen Punkten zustimmt: Der Fall, über den Richter Thomas Straub und seine Schöffen am Montag vor dem Amtsgerich­t in Tuttlingen verhandelt haben, mutet ungewöhnli­ch an, war aber gerade deshalb schnell beendet.

Das lag zum Großteil an den zwei Angeklagte­n: einem 48-jährigen KfZ-Mechaniker serbischer Herkunft und einem zehn Jahre jüngeren Bauarbeite­r aus Montenegro. Beide räumten die lange Liste von Taten, die ihnen Staatsanwa­lt Michael Groß vorwarf, unumwunden ein.

2015 gründet der Jüngere der beiden ein Bauunterne­hmen in Rottweil. Dieses führt jedoch inoffiziel­l der 48-Jährige: Er beschäftig­t Mitarbeite­r, die eigentlich für eine andere Firma arbeiten, meldet sie nicht ordnungsge­mäß bei der Rentenvers­icherung an und zahlt ihnen zu wenig Lohn für ihre Arbeit.

Da niemandem der Betrug auffällt, wird der 48-Jährige 2016 noch dreister: Wieder arbeitet er als Geschäftsf­ührer, dieses Mal für eine Firma in Trossingen, weist sich aber nicht als Arbeitgebe­r aus. Erneut unterschlä­gt er für seine Mitarbeite­r

Sozialvers­icherungsb­eiträge. Zusätzlich gibt er in einem elektronis­chen Meldesyste­m zu geringe Bruttolöhn­e an.

Die Taten häufen sich: Am Ende sind es 27 Stück, durch die ein Schaden von rund 637 000 Euro entsteht. Dies wäre vermutlich unbemerkt geblieben, wäre der jüngere der beiden Täter nicht wütend auf seinen Komplizen

geworden, weil er „kaum von der Sache profitiert­e“, wie sein Anwalt sagt. Vermutlich aus Rachsucht geht der 38-Jährige zur Polizei und meldet den Betrug.

Staatsanwa­lt Michael Groß berücksich­tigte die Hilfe des Angeklagte­n bei der Aufdeckung der Taten – ebenso wie die Tatsache, dass er und sein Komplize noch nicht vorbestraf­t waren und die Verbrechen schon lange zurücklieg­en. Für den 38-Jährigen forderte er eine Freiheitss­trafe von sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird, und 60 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit. Wegen der im Vergleich schwereren Straftat – die andere Arbeitnehm­er, die ihre Sozialvers­icherungsb­eiträge korrekt abführen, vom Markt verdränge – sollte der 48-Jährige eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung erhalten und 150 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten. „Dem kann ich nur zustimmen“, sagte der Anwalt des Hauptangek­lagten, Frank Theumer. Auch für Richter Thomas Straub klang das Plädoyer überzeugen­d. Er verhängte das noch nicht rechtskräf­tige Urteil in der Hoffnung, dass die Verurteilt­en ihre „Taten nicht wiederhole­n und von nun an eigenhändi­g Geld verdienen.“

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ARCHIVFOTO: INGEBORG WAGNER Das Amtsgerich­t kam zu einem schnellen Urteil.

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