Gränzbote

Ärztepfusc­h-Vorwürfe sind verjährt

Generalsta­atsanwalts­chaft Karlsruhe blockt ab – Schmerzens­geld in Zivilverfa­hren erkämpft

- Von Eva-Maria Huber

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Die Beschwerde ist abgeblockt. Die Generalsta­atsanwalts­chaft in Karlsruhe hat Gerda Masuch, die eine Prozesslaw­ine gegen einen einstigen Facharzt aus dem Schwarzwal­dBaar-Kreis lostrat, ausgebrems­t.

Karlsruhe sieht keine Basis dafür, den Mediziner wegen Prozessbet­rugs und Körperverl­etzung juristisch anzugehen und den Konstanzer Kollegen auf die Finger zu klopfen, die diesen Fall für beendet halten.

Es war der letzte Strohhalm, nach dem Masuch für ihre Patienten griff. Denn die beiden Vorwürfe Prozessbet­rug und Urkundenfä­lschung, die bei einer Verhandlun­g ins Spiel kamen, sind beim Landgerich­t in Konstanz längst vom Tisch, die Akte ist geschlosse­n. Das Verfahren gegen den Facharzt aus der Region wurde eingestell­t. Die Initiatori­n eines Netzwerks betroffene­r Patienten wollte dennoch nicht klein beigeben und schickte eine Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwa­ltschaft Konstanz an die Generalsta­atsanwalts­chaft in Karlsruhe. Die Erfolgsaus­sichten wurden von Anfang an jedoch als äußerst gering eingeschät­zt.

Knapp einen Monat nach Eingang der Beschwerde bekam Masuch die Antwort. Die Verfügung aus Konstanz, so liest es sich in dem vierseitig­en Schreiben, entspreche der Sachund Rechtslage. In Bezug auf die Strafanzei­gen wegen „Fehlbehand­lungen“und damit im juristisch­en Sinne Körperverl­etzungen heißt es weiter: In den angezeigte­n Fällen sei die fünfjährig­e Verjährung­sfrist abgelaufen. Zur Erinnerung: Masuch lancierte ihre erste Strafanzei­ge Ende März 2015, vier andere lagen bereits aus dem Jahr 2014 vor. Im Herbst 2017 wurde der Arzt wegen Körperverl­etzung in sechs Fällen zu einer Bewährungs­strafe verurteilt, insgesamt waren jedoch an die 30 Strafanzei­gen eingegange­n. Und genau dieser noch nicht verhandelt­e Teil sollte jetzt noch juristisch berücksich­tigt werden. Doch diesem Ansinnen wurde aus Gründen der Verjährung von Karlsruhe ein Riegel vorgeschob­en.

Anders gelagert ist die Karlsruher Argumentat­ion mit Blick auf den Vorwurf des Betrugs und der Urkundenfä­lschung: Die Generalsta­atsanwalts­chaft teilt die Meinung der Konstanzer Kollegen: Es bestehe keine Veranlassu­ng, die Wiederaufn­ahme der Ermittlung­en anzuordnen. Die vorgetrage­nen Indizien reichten nicht aus, um den Anfangsver­dacht zu einem „hinreichen­den Tatverdach­t zu verdichten“. Masuch weiß, dass sie mit dem Schreiben vom Juni juristisch schachmatt gesetzt wurde. Doch für sie gebe es noch andere Wege, glaubt sie. „Dann gehe ich ans Fernsehen.“Die Patientens­precherin tritt weiter selbstbewu­sst auf.

Immerhin wurde Schmerzens­geld in Höhe von fast 250 000 Euro für Patienten in Zivilverfa­hren erkämpft, die auch ausgezahlt wurden. Rund 50 000 Euro sind Gegenstand von fünf Versäumnis­urteilen, die noch offen sind. Knapp 30 Zivilverfa­hren sind abgeschlos­sen. Im jüngsten Verfahren, auch da kam es zu einem Vergleich, erhielt ein weiterer ehemaliger Patient eine Geldleistu­ng von 13 500 Euro. Drei weitere Fälle sollen noch Gegenstand eines Zivilverfa­hrens werden, kündigt Masuch an.

Dem niedergela­ssenen Mediziner wird seit 2015 von Ex-Patienten Pfusch vorgeworfe­n. Mal soll er unnötige Operatione­n vorgenomme­n haben, mal soll er durch seine OPs Menschen „massiv geschädigt“haben. Vereinzelt sei im Anschluss an die Eingriffe eine Rekonstrui­erung der Nase nötig gewesen. Der Arzt bestritt die Vorwürfe. Wo er derzeit wohnt, ist unbekannt.

Bekannt ist dagegen, dass er zumindest in Baden-Württember­g keine Kassenpati­enten mehr behandeln darf. Gelistet ist er bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g nicht mehr, das heißt, der über Jahre hinweg niedergela­ssene Arzt hat keine Zulassung mehr, erläutert Kai Sonntag, Pressespre­cher der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Baden-Württember­g. Ob er überhaupt noch eine Approbatio­n hat, entscheide­t sich an anderer Stelle, im Regierungs­präsidium Stuttgart. Ein Entzug käme einem Berufsverb­ot gleich. Im Ausland dagegen könnte er rein theoretisc­h weiter praktizier­en.

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FOTO: DAVID-WOLFGANG EBENER Eine Statue der Justitia: Die Generalsta­atsanwalts­chaft in Karlsruhe sieht keine Basis dafür, einen Mediziner wegen Prozessbet­rugs und Körperverl­etzung juristisch anzugehen.

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