FFF: Corona-Erfahrungen haben nachdenklich gemacht
Am Donnerstag werden Ergebnisse des Projekts „Klimafreundliches Spaichingen“online und analog vorgestellt
SPAICHINGEN - „Durch Corona sind die katastrophalen Szenarien oder auch die Großbrände in Brasilien und Australien aus dem Blickfeld verschwunden“, sagt Sofia Mik von der Spaichinger Gruppe von Fridays for Future. Aber auch die Coronasituation selbst wertet Carla Holpp, die vor allem mit ihr und Tom Kreibich die Aktivitäten der Spaichinger Gruppe voran getrieben hat, als „Warnschuss“. Wie globalisiert die Welt ist, war durch die Krankheit, aber auch den Shutdown spürbar und auch, dass jetzt wieder die Ärmsten – wie bei der Klimakrise – betroffen sind. Jetzt stellen sie die ersten Ergebnisse, Spaichingen klimafreundlicher zu machen, vor.
„Die Chance ist enorm“, jetzt aus der Coronazeit zu lernen, meint Tom Kreibich im Gespräch mit dieser Zeitung. Man besinne sich darauf, was wichtig ist, lernt, dass Konsum eigentlich doch nicht so nötig ist und was man wirklich braucht, „systemrelevant“sei. Es sei eine große Chance, jetzt auch die Wirtschaft umzustellen. Und man habe eine Ahnung davon bekommen, wie das sei, wenn der Klimawandel so rasch fortschreitet, Menschen eingeschränkt seien und das Haus nicht mehr verlassen können, wegen Stürmen, weil Wasser knapp ist oder es Gegenden geben wird, in denen Menschen nicht mehr leben können. Sofia Mik ergänzt: Viele vergäßen, dass es nicht nur wärmer wird und man vielleicht Bananen in Deutschland anbauen können wird, sondern dass die Wetterextreme
wie Überschwemmungen, Schlammlawinen, Stürme, Hagel, Brände zunehmen werden.
Der Effekt, dass „man gemerkt hat, dass das was man hat, doch gar nicht so furchtbar ist“, sei durch die Coronazeit spürbar, sagt Holpp und Mik ergänzt: „Ich kenne viele Leute, auch im eigenen Freundeskreis, die haben ihre eigene Heimat neu kennen gelernt. Auch im Familienkreis.“Schwieriger sei es in den Städten, wo die Menschen so eng aufeinander säßen, schränkt Kreibich ein. Die digitale Welt habe sich auch für die älteren Generationen mehr geöffnet, zum Beispiel mit der Oma im Altersheim übers Internet sprechen „das war toll“, sagt Carla Holpp. Dass die Jungen hier den Eltern und Großeltern mit ihrer digitalen Kompetenz helfen konnten, sei ein toller Erfolg gewesen.
Sofia Mik hat sogar das Medium Brief wieder entdeckt, um eine alte Dame, die sie ein Jahr zuvor im Altersheim im Rahmen eines Projekts immer wieder besucht hat, aufzumuntern, hat sie zu Papier und Stift gegriffen. „Das war sehr schön“. „Man hat gemerkt, wie wichtig menschliche Beziehungen sind, auch zwischen den Generationen.“
Dass alle zusammen arbeiten, dass sie mit Markus Ziegler einen fachlichen Berater haben, der auch eine Generationen- und Wissensbrücke zu Wissenschaft und Politik ist, das sei ein Teil der Arbeit der Fridays for Future-Bewegung, sagt Carla Holpp.
Aber sind die jungen Leute dann nur in ihrer eigenen Blase? Schließlich haben Generationen vor ihnen bereits für das Anerkennen der Erkenntnisse gekämpft, die wissenschaftlich seit den 70er-Jahren fest stehen. Zum Beispiel in der lokalen Agenda oder im BUND. Das sei auf keinen Fall so, aber man wolle sein Profil bewahren, was manchmal auch Abgrenzung bedeute, so Tom Kreibich.
Aber seit der Vorstellung der Gruppe im Gemeinderat und trotz des Aussetzens der Demonstrationen wegen Corona hat die Spaichinger Gruppe weiter gearbeitet. Zum Beispiel mit einem Besuch bei Naturschutzwart
und Biobauer Helmut Dreher-Hager, der die Unterschiede zwischen konventioneller und BioLandwirtschaft erklärt hat. Auch die Frage, wo es sinnvoll sei, Bäume zu pflanzen zur CO2 Neutralisierung wurde erörtert, berichten die drei jungen Leute.
Aber zentralste Aktivität ist derzeit, Energiegewinnungs- oder Sparkonzepte für Spaichingen zu erarbeiten. Zum Beispiel haben sich Carla Holpp und Sofia Mik mit der Möglichkeit auseinander gesetzt, mit den 150 000 Euro, die der Gemeinderat für die Projekte im Haushalt zur Verfügung gestellt hat, Photovoltaikanlagen auf städtischen Gebäuden mit Flachdächern zu installieren. Zu diesen Konzepten gehört die Statik zu prüfen, was das Bauamt gemacht hat, die Schattenverläufe, Sonneneinstrahlung, den Sonnenwinkel über den Tages- und Jahresverlauf zu berechnen und potenziale Nutzungen zu entwerfen. „Das ist sehr komplex“sagt Sofia Mik, auch wenn es inzwischen im Internet zahlreiche Hilfsmittel gebe. Auch Studien des Fraunhoferinstituts würden hinzugezogen.
Dazu kommt, zu berechnen, was die Anlagen in Herstellung und Transport an CO 2 verbrauchen. Um dann das Ziel, mehr CO2 einzusparen als reinzustecken zu erreichen.
Zweite „Baustelle“ist das Ersetzen alter stromfressender Lampen im Gymnasium durch LED Lampen, aber auch hier ist die CO2-Bilanz die wichtigste Grundlage. Nur wenn der Effekt unter Einbeziehung aller Aspekte gegeben ist, machen ein Austausch Sinn.
Beim Berechnen der Teilaspekte und Bilanzen stehe ihnen Markus
Ziegler zur Seite, der die Methoden beherrsche und wissenschaftliche Ratschläge gebe.
Trotz dieser Schwerpunkte bleiben Fragen von Klimaschutz und Ernährung oder andere Aspekte des Klimaschutzes weiter aktuell, so die drei Aktivisten. Zum Beispiel sei auch nach wie vor ein Abend über veganes Essen geplant. Und daher sei die Gruppe immer auch offen für Fragen oder neue jugendliche Mitmacher.