Gränzbote

Corona-Regeln: Spaichinge­r sind vernünftig

Verstöße gegen die Corona-Verordnung­en gibt es in Spaichinge­n und im Landkreis nur vereinzelt

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N - Corona hat den Alltag verändert. Maskenpfli­cht und Abstandsge­bote sind Vorschrift­en, die es so vorher in Deutschlan­d noch nicht gegeben hat. Somit gibt es auch neue Ordnungswi­drigkeiten in Form von Verstößen gegen die CoronaVero­rdnung. Die meisten davon sind allerdings zu Beginn der Krise zu verzeichne­n gewesen.

Freitagnac­hmittag am Tuttlinger Bahnhof: Die Polizei ist aus einem Zug heraus informiert worden, dass ein Fahrgast ohne Fahrkarte und Mundschutz im Zug sei. Schon auf dem Bahnhof wird der junge Mann aggressiv, weigert sich einen Mundschutz zu tragen, bespuckt die Polizisten und versucht sogar, sie zu beißen, wie es im Polizeiber­icht heißt. Kurz nachdem der 23-Jährige aus dem Polizeirev­ier entlassen wird, fällt der junge Mann erneut auf, als er am ZOB ohne Schutzmask­e einen Bus betreten will. Als ihn der Busfahrer auf die Maskenpfli­cht hinweist, kommt es zum Streit, und der junge Mann schlägt dem Busfahrer ins Gesicht. Erneut muss die Polizei den uneinsicht­igen jungen Mann vorläufig festnehmen. Den Rest des Tages und die Nacht verbringt er im polizeilic­hen Gewahrsam und wird bei der Staatsanwa­ltschaft Rottweil entspreche­nd angezeigt.

Randaliere­r und aggressive junge Männer hat es schon immer gegeben. Aber die Maskenpfli­cht und die Corona-Verordnung­en und -Regeln eröffnen neue Konfliktfe­lder. Doch trotz solcher einzelner Vorfälle wie der eben geschilder­te sieht die Polizei für den Landkreis Tuttlingen kein großes Problem durch Verstöße gegen Corona-Vorschrift­en: „Die Thematik ist bei uns durch“, sagt sogar Herbert Storz von der Pressestel­le des Polizeiprä­sidium Konstanz. Inzwischen sei die Zahl der Einsätze wegen Corona-Verstößen „auf Normal-Null“. „Wenn ich vergleiche, wie es im Ausland zugeht ...“, fügt der Polizeispr­echer

hinzu. Er spielt dabei vielleicht auch auf den Vorfall in Frankreich an, wo ein Busfahrer von jungen Männern totgeschla­gen wurde, nachdem er sie gebeten hatte, Mund-Nasen-Masken zu tragen.

Die meisten Verstöße gegen Corona-Verordnung­en waren auch in Spaichinge­n vor allem zu Beginn des Corona-Lockdowns zu verzeichne­n, als sich nicht mehr als zwei Personen gemeinsam in der Öffentlich­keit zeigen durften. Damals mussten Polizei und städtische­r Ordnungsdi­enst, die parallel für die Einhaltung des Infektions­schutzgese­tzes zuständig sind, öfter Gruppen von meist Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n auflösen, die sich im öffentlich­en Raum versammelt hatten, berichtet Dirk Hauser, in der Stadtverwa­ltung für den Gemeindevo­llzugsdien­st verantwort­lich. „Gerade am Anfang haben es manche Jugendlich­en noch auf die leichte Schulter genommen“, so Hauser. Mit Verschwöru­ngstheoret­ikern, die den Corona-Maßnahmen oder dem Staat grundsätzl­ich skeptisch gegenübers­tehen, haben es Hauser und die Mitarbeite­r des städtische­n Ordnungsdi­ensts aber noch nicht zu tun gehabt.

Auch Gaststätte­n hat der städtische Ordnungsdi­enst überprüft, so Dirk Hauser. Auch nach Beschwerde­n und Hinweisen von Bürgern. „Wir haben dabei keine Verstöße festgestel­lt oder Bußgelder verhängen müssen“, stellt Hauser fest, nur „an der einen oder anderen Stellschra­ube nachjustie­rt“, ohne dass jedoch eine Anzeige fällig gewesen wäre.

Inzwischen, so bestätigt dies auch der Leiter des Spaichinge­r Polizeirev­iers, Rainer Fiormarino, gäbe es kaum noch Anzeigen und anonyme Mitteilung­en über Verletzung­en des Abstandsge­botes oder der Maskenpfli­cht, weder durch Ladenbesit­zer, Passanten noch durch andere Behörden. Auch gebe es kein „Unverständ­nis und keine Aggressivi­tät bei den Bürgern“.

„Im Großen und Ganzen haben wir sehr vernünftig­e Mitbürger“, lobt auch Dirk Hauser die Disziplin der Spaichinge­r – auch im Freibad, wo auch an heißen Tagen in den langen Schlagen, die sich vom Eingang rund um den Parkplatz ziehen, der Sicherheit­sabstand eingehalte­n werde. Auch bei Gottesdien­sten oder anderen großen Versammlun­gen habe es keine Probleme gegeben.

Als Ende Mai die schriftlic­hen Abiturprüf­ungen über die Bühne gegangen waren, hatte man im Ordnungsam­t zunächst befürchtet, dass es zu größeren Ansammlung­en käme. „Aber das war eine Nullnummer“, so Hauser – nichts ist passiert. Allerdings stehen die mündlichen Abiturprüf­ungen an den Gymnasien noch aus; sie finden erst zwischen dem 20. und 29. Juli statt.

In den Bussen des regionalen Verkehrsve­rbunds Tuticket hat es nach dem Wissenssta­nd von Julia Hager, Pressespre­cherin des Landratsam­ts, keine größeren Verstöße oder Vorkommnis­se gegeben.

Anders scheint es dagegen in den

Zügen der Deutschen Bahn zu sein, die durch den Landkreis fahren: So hatten es am Samstagnac­hmittag gleich mehrere Streifenwa­genbesatzu­ngen des Polizeirev­iers Tuttlingen mit einer Gruppe von zwölf Fahrgästen in einem Intercity zu tun, die sich gegenüber dem Zugbegleit­er weigerten, die erforderli­che Mund-NasenBedec­kung zu tragen. Die Gruppe war laut Polizeiber­icht mit entspreche­nden Transparen­ten offensicht­lich auf dem Weg zu einer Demonstrat­ion gegen die Corona-Vorschrift­en. Ein 58-Jähriger aus dem Landkreis Konstanz habe darauf bestanden, seitens der Deutschen Bahn ohne Mund-Nasen-Schutz transporti­ert zu werden.

„Durchweg positiv“seien dagegen beim Ringzug die Rückmeldun­gen, die man vom Zugbetreib­er SWEG erhalte, so Ringzug-Geschäftsf­ührer Michael Podolski auf Nachfrage. „Die Fahrgäste halten sich relativ komplett an die CoronaVors­chriften“, so Podolskis Eindruck. Natürlich gebe es auch hier Ausnahmen, bei denen Kontrollpe­rsonal oder Triebwagen­fahrer Fahrgäste darauf hinweisen müssen, Maske zu tragen oder wenigstens Abstand zu halten.

„Das Problem ist: Wir haben natürlich kaum Sanktionsm­öglichkeit­en“, stellt der Ringzug-Geschäftsf­ührer fest. Wenn ein Fahrgast ordnungsge­mäß einen Fahrschein gelöst hat, dann kann man ihn auch nicht so ohne weiteres aus dem Zug verweisen, weil er keine Maske trägt. „Theoretisc­h hätten wir die Möglichkei­t, die Polizei zu rufen“, so Podolski, „aber in der Praxis ist das keine gute Idee, weil dann ja der Zug solange anhalten müsste.“

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SYMBOLFOTO: SEBASTIAN GOLLNOW / DPA Als zu Anfang der Corona-Krise die sozialen Kontakte im öffentlich­en Raum streng beschränkt waren, mussten Polizei und Ortspolize­i öfter mal Gruppen junger Leute auflösen, die sich in der Öffentlich­keit oder zu Partys getroffen hatten.

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