Corona-Regeln: Spaichinger sind vernünftig
Verstöße gegen die Corona-Verordnungen gibt es in Spaichingen und im Landkreis nur vereinzelt
SPAICHINGEN - Corona hat den Alltag verändert. Maskenpflicht und Abstandsgebote sind Vorschriften, die es so vorher in Deutschland noch nicht gegeben hat. Somit gibt es auch neue Ordnungswidrigkeiten in Form von Verstößen gegen die CoronaVerordnung. Die meisten davon sind allerdings zu Beginn der Krise zu verzeichnen gewesen.
Freitagnachmittag am Tuttlinger Bahnhof: Die Polizei ist aus einem Zug heraus informiert worden, dass ein Fahrgast ohne Fahrkarte und Mundschutz im Zug sei. Schon auf dem Bahnhof wird der junge Mann aggressiv, weigert sich einen Mundschutz zu tragen, bespuckt die Polizisten und versucht sogar, sie zu beißen, wie es im Polizeibericht heißt. Kurz nachdem der 23-Jährige aus dem Polizeirevier entlassen wird, fällt der junge Mann erneut auf, als er am ZOB ohne Schutzmaske einen Bus betreten will. Als ihn der Busfahrer auf die Maskenpflicht hinweist, kommt es zum Streit, und der junge Mann schlägt dem Busfahrer ins Gesicht. Erneut muss die Polizei den uneinsichtigen jungen Mann vorläufig festnehmen. Den Rest des Tages und die Nacht verbringt er im polizeilichen Gewahrsam und wird bei der Staatsanwaltschaft Rottweil entsprechend angezeigt.
Randalierer und aggressive junge Männer hat es schon immer gegeben. Aber die Maskenpflicht und die Corona-Verordnungen und -Regeln eröffnen neue Konfliktfelder. Doch trotz solcher einzelner Vorfälle wie der eben geschilderte sieht die Polizei für den Landkreis Tuttlingen kein großes Problem durch Verstöße gegen Corona-Vorschriften: „Die Thematik ist bei uns durch“, sagt sogar Herbert Storz von der Pressestelle des Polizeipräsidium Konstanz. Inzwischen sei die Zahl der Einsätze wegen Corona-Verstößen „auf Normal-Null“. „Wenn ich vergleiche, wie es im Ausland zugeht ...“, fügt der Polizeisprecher
hinzu. Er spielt dabei vielleicht auch auf den Vorfall in Frankreich an, wo ein Busfahrer von jungen Männern totgeschlagen wurde, nachdem er sie gebeten hatte, Mund-Nasen-Masken zu tragen.
Die meisten Verstöße gegen Corona-Verordnungen waren auch in Spaichingen vor allem zu Beginn des Corona-Lockdowns zu verzeichnen, als sich nicht mehr als zwei Personen gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen durften. Damals mussten Polizei und städtischer Ordnungsdienst, die parallel für die Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes zuständig sind, öfter Gruppen von meist Jugendlichen und jungen Erwachsenen auflösen, die sich im öffentlichen Raum versammelt hatten, berichtet Dirk Hauser, in der Stadtverwaltung für den Gemeindevollzugsdienst verantwortlich. „Gerade am Anfang haben es manche Jugendlichen noch auf die leichte Schulter genommen“, so Hauser. Mit Verschwörungstheoretikern, die den Corona-Maßnahmen oder dem Staat grundsätzlich skeptisch gegenüberstehen, haben es Hauser und die Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdiensts aber noch nicht zu tun gehabt.
Auch Gaststätten hat der städtische Ordnungsdienst überprüft, so Dirk Hauser. Auch nach Beschwerden und Hinweisen von Bürgern. „Wir haben dabei keine Verstöße festgestellt oder Bußgelder verhängen müssen“, stellt Hauser fest, nur „an der einen oder anderen Stellschraube nachjustiert“, ohne dass jedoch eine Anzeige fällig gewesen wäre.
Inzwischen, so bestätigt dies auch der Leiter des Spaichinger Polizeireviers, Rainer Fiormarino, gäbe es kaum noch Anzeigen und anonyme Mitteilungen über Verletzungen des Abstandsgebotes oder der Maskenpflicht, weder durch Ladenbesitzer, Passanten noch durch andere Behörden. Auch gebe es kein „Unverständnis und keine Aggressivität bei den Bürgern“.
„Im Großen und Ganzen haben wir sehr vernünftige Mitbürger“, lobt auch Dirk Hauser die Disziplin der Spaichinger – auch im Freibad, wo auch an heißen Tagen in den langen Schlagen, die sich vom Eingang rund um den Parkplatz ziehen, der Sicherheitsabstand eingehalten werde. Auch bei Gottesdiensten oder anderen großen Versammlungen habe es keine Probleme gegeben.
Als Ende Mai die schriftlichen Abiturprüfungen über die Bühne gegangen waren, hatte man im Ordnungsamt zunächst befürchtet, dass es zu größeren Ansammlungen käme. „Aber das war eine Nullnummer“, so Hauser – nichts ist passiert. Allerdings stehen die mündlichen Abiturprüfungen an den Gymnasien noch aus; sie finden erst zwischen dem 20. und 29. Juli statt.
In den Bussen des regionalen Verkehrsverbunds Tuticket hat es nach dem Wissensstand von Julia Hager, Pressesprecherin des Landratsamts, keine größeren Verstöße oder Vorkommnisse gegeben.
Anders scheint es dagegen in den
Zügen der Deutschen Bahn zu sein, die durch den Landkreis fahren: So hatten es am Samstagnachmittag gleich mehrere Streifenwagenbesatzungen des Polizeireviers Tuttlingen mit einer Gruppe von zwölf Fahrgästen in einem Intercity zu tun, die sich gegenüber dem Zugbegleiter weigerten, die erforderliche Mund-NasenBedeckung zu tragen. Die Gruppe war laut Polizeibericht mit entsprechenden Transparenten offensichtlich auf dem Weg zu einer Demonstration gegen die Corona-Vorschriften. Ein 58-Jähriger aus dem Landkreis Konstanz habe darauf bestanden, seitens der Deutschen Bahn ohne Mund-Nasen-Schutz transportiert zu werden.
„Durchweg positiv“seien dagegen beim Ringzug die Rückmeldungen, die man vom Zugbetreiber SWEG erhalte, so Ringzug-Geschäftsführer Michael Podolski auf Nachfrage. „Die Fahrgäste halten sich relativ komplett an die CoronaVorschriften“, so Podolskis Eindruck. Natürlich gebe es auch hier Ausnahmen, bei denen Kontrollpersonal oder Triebwagenfahrer Fahrgäste darauf hinweisen müssen, Maske zu tragen oder wenigstens Abstand zu halten.
„Das Problem ist: Wir haben natürlich kaum Sanktionsmöglichkeiten“, stellt der Ringzug-Geschäftsführer fest. Wenn ein Fahrgast ordnungsgemäß einen Fahrschein gelöst hat, dann kann man ihn auch nicht so ohne weiteres aus dem Zug verweisen, weil er keine Maske trägt. „Theoretisch hätten wir die Möglichkeit, die Polizei zu rufen“, so Podolski, „aber in der Praxis ist das keine gute Idee, weil dann ja der Zug solange anhalten müsste.“