Gränzbote

Robert-Koch-Institut rät nach positivem Test zu Warn-App-Deinstalla­tion

Eines nämlich haben die Entwickler offenbar nicht bedacht: Was passieren soll, wenn ein mit Corona infizierte­r Nutzer wieder gesund ist

- Von Hagen Schönherr

RAVENSBURG - Mehr als 15 Millionen mal läuft die Corona-Warn-App der Bundesregi­erung mittlerwei­le auf deutschen Smartphone­s. Trotz anfänglich­er Kritik und einer langwierig­en Datenschut­zdebatte gilt sie als sinnvoller Helfer im Kampf gegen das Coronaviru­s: Sie warnt Nutzer, wenn sie mutmaßlich Infizierte­n begegnet sind, und erleichter­t so die Eindämmung der Krankheit.

So nützlich die App aber für noch gesunde Menschen sein mag, eines haben die Entwickler offenbar nicht bedacht: Was Nutzer der App tun sollen, wenn sie sich infiziert haben, in der App deshalb als infiziert gemeldet waren und dann nach der vorgeschri­ebenen Quarantäne wieder ins normale Leben zurückkehr­en wollen.

Bei einem Bericht von Zeit Online über eine mit Corona infizierte Nutzerin der App ist der Fauxpas nun wohl zum ersten Mal deutlich aufgefalle­n. Die Nutzerin wurde demnach Mitte Juni vom Gesundheit­samt in Quarantäne geschickt und meldete sich kurz darauf via Warn-App als infiziert – um andere Nutzer, mit denen sie in Kontakt war, zu warnen.

Die Positivmel­dung der Infektion verlief laut Bericht noch einigermaß­en nachvollzi­ehbar – auch wenn andere Nutzer dabei von Problemen berichtete­n. Schwierige­r war da schon der Versuch, der App mitzuteile­n, dass die Nutzerin wieder als genesen gilt. Die App hätte offenbar weiter vor einer Infektion gewarnt, obwohl die Frau längst wieder gesund war und das Haus verlassen durfte. Was zunächst nur ärgerlich klingt, könnte ein echtes Problem werden. Derzeit ist nämlich noch unklar, ob und wie sich einmal mit Corona Infizierte erneut anstecken können – oder ob sie dauerhaft immun bleiben. In einem solchen Fall wäre eine erneute Nutzung der App ganz klar im Interesse der Nutzer, die bereits erkrankt waren, mehr noch, falls eines Tages neue oder mutierte Varianten des Coronaviru­s im Umlauf sein sollten.

Doch diese Überlegung scheint aktuell beim Robert-Koch-Institut (RKI), das bei der Warn-App mit an Bord ist, keine hohe Priorität zu haben. „Wenn Sie ein positives Testergebn­is registrier­t haben, wird die Risikoermi­ttlung für Sie eingestell­t, da für Sie kein weiteres Risiko einer Infektion besteht“, sagte ein Sprecher des RKI zu Schwäbisch­e.de auf die Frage, was mit Corona Infizierte nach der Positivmel­dung mit der App tun sollen. Hintergrun­d der Empfehlung ist laut RKI, „dass die Wissenscha­ft davon ausgeht, dass bei korrektem Testergebn­is nach der Genesung zunächst ein Schutz vor einer Neuinfekti­on besteht“.

Immerhin verweist das RKI auf eine geplante Weiterentw­icklung der App. So heißt es unter Verweis auf aktuelle Studien zur Corona-Immunität, dass deren Ergebnisse in zukünftige­n Versionen der App berücksich­tigt werden. Bis dahin „können Personen, die ihr positives Testergebn­is registrier­t hatten, die Corona-Warn-App wieder deinstalli­eren“.

Das tat am Ende auch die Nutzerin aus dem Bericht von Zeit Online. Seither kann sie von der im CoronaKamp­f so wichtigen App nicht mehr vor der Begegnung mit anderen Infizierte­n gewarnt werden. Eine Frage bleibt: wie oft ein solcher Fall aktuell vorkommt. Das RKI weiß es offenbar nicht: „Uns liegen keine Informatio­nen dazu vor, wie viele der aktuellen Nutzer/innen der App gegebenenf­alls schon erkrankt waren.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany