Gränzbote

Kindergart­endisput: Aldingen sucht nach Lösungen

Gemeinde braucht mehr Betreuungs­plätze - Zum Waldkinder­garten gibt es neue Informatio­nen

- Von Gabriel Bock

ALDINGEN - Aldingen braucht mehr Betreuungs­plätze für kleine Kinder, da sind sich alle Beteiligte­n einig. Wie das geht, wo Aldingen anbauen soll und welches Projekt am sinnvollst­en ist, darum ringt die Gemeinde jetzt.

Vor gut zwei Wochen war der Rat daran gescheiter­t, einen Ausbau der Betreuungs­plätze auf den Weg zu bringen (wir haben berichtet). Die Verwaltung hatte einen Ausbau der Kita Arche mit zwei Räumen vorgeschla­gen, nachdem sie Anfang Mai vom Gemeindera­t den Auftrag dazu bekommen hatte. Einige Gemeinderä­te forderten stattdesse­n, noch andere Optionen zu prüfen, besonders den Anbau von Räumen am Kindergart­en „Im Brühl“. Keiner der beiden Vorschläge fand eine Mehrheit, da beide Abstimmung­en mit Stimmengle­ichheit endeten.

Das unbefriedi­gende Patt sorgte in Aldingen für Katerstimm­ung. „Das ist ärgerlich, wie die Abstimmung war, wir müssen da jetzt eine Lösung finden“, sagt Bürgermeis­ter Ralf Fahrländer, der für den Vorschlag der Verwaltung geworben hatte. Die Zeit dränge, sonst verschärfe sich das Problem.

Das sieht auch sein Kontrahent, Gemeindera­t Stefan Bacher, so. Er sagt: „Das ist eine unglücklic­he Situation, da darf es jetzt keine Machtspiel­chen geben, sondern wir müssen die schnellste Lösung finden.“

In einem Punkt, um den sich der Konflikt im Gemeindera­t gedreht hatte, gibt es jetzt Klarheit: Die Gemeinde darf tatsächlic­h die Waldkinder­gartenplät­ze in ihre Bedarfspla­nung der Kinderbetr­euungsplät­ze aufnehmen. Das bestätigt der zuständige Kommunalve­rband Jugend und Soziales aus Stuttgart auf Anfrage des Heuberger Boten. Das bedeutet, dass die Gemeinde Eltern, die den Rechtsansp­ruch ihrer Kinder auf Betreuungs­plätze durchsetze­n wollen, auch Waldkinder­gartenplät­ze zuweisen kann. Also würde der beschlosse­ne Waldkinder­garten die Situation rein rechnerisc­h entspannen.

Fahrländer hatte sich in der Sitzung anders geäußert und zeigte sich überrascht: „Wir werden das prüfen, aber eigentlich ändert das nichts.“Er wolle mit den Eltern gemeinsam Lösungen finden und keine Gewaltherr­schaft ausüben. „Es würde eine Menge Unfrieden stiften, wenn wir das machen“, so Fahrländer.

Bacher sieht sich bestätigt: „Waldkinder­gartenplät­ze sind Plätze wie in jedem anderen Kindergart­en auch. Wenn Eltern dies nicht wollen, dann muss die Gemeinde sie in Zukunft vielleicht auffordern, sich außerhalb umzusehen.“

Diskussion­en gibt es auch darum, welche Rolle die Arche zukünftig spielen könnte. Momentan ist in den Teamräumen der Erzieher eine Krippengru­ppe als Notgruppe untergebra­cht. Das war eigentlich als Provisoriu­m gedacht, geht aber schon seit vier Jahren so.

Wilhelm Butschle ist beim Kindergart­enträger, der Katholisch­en Gesamtkirc­hengemeind­e Tuttlingen, für die Kindergärt­en zuständig. Er sagt: „Wir rechnen damit, dass die Gemeinde die Situation verbessert, wir fordern mindestens einen Raum mehr.“Die Leiterin der Arche, Regina Wonde, sagt: „Für unser Team ist das belastend“. Die Erzieher bräuchten die Teamräume eigentlich, außerdem sei die steile Treppe eine schwierige Hürde für die Kinder.

Stefan Bacher sieht die Arche eher als Einrichtun­g für Kleinkinde­r. „Den Nachwuchs sollte man in der Arche vor allem mit Krippenkin­dern auffüllen“, sagt er. Wenn die Kinder dann das Kindergart­enalter erreichten, könnten sie in andere Einrichtun­gen wechseln. „Es kostet sehr viel, in allen Einrichtun­gen die Infrastruk­tur für alle Altersgrup­pen zu haben“, sagt Bacher. Den Eltern müsse man da auch kleine Unannehmli­chkeiten zumuten, sie aber vorher gut informiere­n.

Wilhelm Butschle sagt: „Kinder von einer Einrichtun­g in eine andere zu bringen, ist pädagogisc­h nicht sinnvoll.“Regina Wonde erklärt dazu: „Es geht um Bindungen, das ist gerade in Ganztages-Einrichtun­gen wichtig.“Manche Kinder seien 50 Stunden pro Woche in der Arche, da sei die Einrichtun­g eine zweite Familie. Außerdem habe die Arche bereits viele Räume, zum Beispiel die Werkstätte­n, die für Krippenkin­der nichts bringen. „Das wäre Vergeudung“, sagt sie.

Für Diskussion­en hatten auch die Kosten gesorgt, die die Gemeinde für die Neubauten an der Arche veranschla­gt hatte. 717 000 Euro hätte die von der Verwaltung präferiert­e Variante gekostet. Insbesonde­re im Internet stieß dieser Betrag auf Unverständ­nis. Diese Summe hat das Bauamt ausgerechn­et, um eine Prognose liefern zu können, konkrete Angebote lagen noch keine vor.

Wie sich das zusammen setzt, erklärt Bauamtslei­ter Jens Hafner: „Es gibt für so etwas eine DIN-Norm und einen Index, aus denen ergeben sich Baukosten von etwa 550 Euro pro Kubikmeter.“Bei 1060 Kubikmeter­n ergäbe das 583 000 Euro. Dazu rechnet Hafner die Baunebenko­sten und die Kosten für die Ausstattun­g der Räume und kommt so auf die endgültige Summe, die aber, so betont er, nur eine Schätzung ist.

Bürgermeis­ter Ralf Fahrländer sagt: „Das ist noch günstig, Architekte­n veranschla­gen für den Bau einer einzigen Gruppe normalerwe­ise etwa 800 000 Euro.“Der Bau von Kindergärt­en sei da mit dem Hausbau nicht vergleichb­ar, die Anforderun­gen an Betreuungs­räume seien viel spezieller. Er sagt, dass der Anbau an der Arche die schnellste und günstigste Lösung für zusätzlich­e Gruppenräu­me ist.

Stefan Bacher glaubt eher, dass die Summe zu niedrig ist: „Ich fürchte, dass da noch mehr Kosten auftauchen, die dann in Salami-Taktik auf uns zukommen.“

Er denkt, dass ein Ausbau des Kindergart­ens „Im Brühl“günstiger sein könnte. „Den muss man demnächst renovieren, wenn man den im gleichen Zug ausbaut, könnte das Kosten sparen“, sagt Bacher. Ursprüngli­ch habe die Gemeinde auch den Kindergart­en „Im Brühl“zum Ausbau vorgeschla­gen.

Alle am Disput Beteiligte­n betonen, dass das Miteinande­r im Gemeindera­t bisher sehr gut funktionie­re, und, dass jetzt eine schnelle Lösung her muss. Der Gemeindera­t trifft sich an diesem Mittwoch zu einer nicht-öffentlich­en Sitzung, um nochmals über die Betreuungs­plätze zu beraten.

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FOTO: GABRIEL BOCK Die steile Treppe sorgt bei Personal und Eltern für Unmut.
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FOTO: GABRIEL BOCK Die Arche in Aldingen steht im Mittelpunk­t des Konflikts.

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