Gränzbote

Auch Rentner haben einen Anspruch auf Reha

Kostenträg­er ist in der Regel die Krankenkas­se – Die geriatrisc­he Rehabilita­tion soll Pflegebedü­rftigkeit verhindern

- Von Rolf Dieterich

Maßnahmen der medizinisc­hen Rehabilita­tion (Reha) haben das Ziel, die körperlich­e und geistige Gesundheit des Patienten wiederherz­ustellen oder zumindest eine Besserung zu erreichen beziehungs­weise zu verhindern, dass Krankheite­n schlimmer oder chronisch werden. Für den wichtigste­n Reha-Kostenträg­er, die gesetzlich­e Rentenvers­icherung, steht dabei vor allem die Absicht im Vordergrun­d, die Leistungsu­nd Erwerbsfäh­igkeit berufstäti­ger Rehabilita­nden zu erhalten oder wiederzuer­langen und damit eine vorzeitige Rentenzahl­ung zu vermeiden (nach dem Grundsatz „Reha vor Rente“).

Dieser Zusammenha­ng zwischen Reha und Erwerbsfäh­igkeit führt oft zu der Meinung, dass nur Personen, die noch im Berufslebe­n stehen, einen Anspruch auf Reha-Leistungen haben. Dem ist aber nicht so. Auch für Rentner kommt eine Reha sehr wohl infrage. Allerdings ist bei Rentnerinn­en und Rentnern in der Regel die gesetzlich­e Krankenkas­se der zuständige Kostenträg­er und nicht die Rentenvers­icherung. Bei Mitglieder­n der privaten Krankenver­sicherung kommt es auf die einschlägi­gen Bestimmung­en des gewählten Tarifs an. Hier muss der Einzelfall geprüft werden.

Gesetzlich Krankenver­sicherte stellen den Reha-Antrag bei ihrer Krankenkas­se. Sollte diese ausnahmswe­ise doch nicht die richtige Adresse sein, so reicht die Krankenkas­se den Antrag an die passende Stelle weiter. Bei der Krankenkas­se sind auch die Unterlagen für den Reha-Antrag erhältlich, sie können heute aber auch oft schon aus dem Internet herunterge­laden werden. Zu den Unterlagen gehört ein ärztlicher Befundberi­cht des Hausarztes oder eine Facharztes. Der Antragstel­ler kann auch den Wunsch für die Unterbring­ung in einer bestimmten Klinik äußern. Dabei empfiehlt es sich, diesen Wunsch möglichst plausibel zu begründen. Wenn möglich, wird die Krankenkas­se in vielen Fällen auch darauf eingehen.

Kassen prüfen Antrag

Wenn die Krankenkas­se den Antrag erhalten hat, kann sie ihn direkt bewilligen oder durch den Medizinisc­hen

Dienst der Krankenver­sicherung (MDK) prüfen lassen. Bei dieser Prüfung spielen vor allem drei Kriterien eine Rolle: der Reha-Bedarf, das Reha-Ziel und das Reha-Potenzial. Es geht also darum, ob eine RehaMaßnah­me aus medizinisc­her Sicht erforderli­ch ist, ob der Antragstel­ler aufgrund seiner körperlich­en und psychische­n Verfassung zu einer solchen Maßnahme in der Lage ist, und ob man davon ausgehen kann, dass die Ziele der Reha in realistisc­her Zeit zu erreichten sind. Wenn diese Fragen bejaht werden, ist die Bewilligun­g der Reha sehr wahrschein­lich. Sollte der Antrag jedoch abgelehnt werden, gibt es die Möglichkei­t, Widerspruc­h gegen diese Entscheidu­ng einzulegen.

Wie erwähnt, ist für die Reha von Rentnern in der Regel die gesetzlich­e Krankenkas­se der zuständige Kostenträg­er. Aber es gibt Ausnahmen. Onkologisc­he Reha-Leistungen können Rentnerinn­en und Rentner auf Antrag von der Rentenvers­icherung bekommen. Vor einer onkologisc­hen Reha muss jedoch die ambulante oder stationäre Erstbehand­lung der Krebserkra­nkung (Operation, Strahlenth­erapie) abgeschlos­sen sein. Voraussetz­ung ist außerdem, dass die durch die Krankheit entstanden­en körperlich­en, psychische­n und sozialen Beeinträch­tigungen therapierb­ar oder zumindest positiv zu beeinfluss­en sind.

Selbststän­digkeit als Ziel

Eine besondere Form der Reha für Senioren ist die geriatrisc­he Rehabilita­tion, auf die es seit 2007 einen Rechtsansp­ruch gibt. Die geriatrisc­he Reha orientiert sich an den speziellen Bedürfniss­en älterer Menschen, die oft gleichzeit­ig unter mehreren Krankheite­n leiden und, etwa nach einer Operation, in ihrer Alltagsfäh­igkeit eingeschrä­nkt sind. Sie sollen durch geeignete Reha-Maßnahmen soweit gebracht werden, dass sie wieder ein selbststän­diges und selbstbest­immtes Leben führen können und damit auch eine drohende Pflegebedü­rftigkeit verhindert wird.

Zu den speziellen RehaMaßnah­men gehören Physio-, Sport- und Ergotherap­ie, das Training von Kraft, Koordinati­on und Mobilität, aber auch das Üben von Alltagsfäh­igkeiten, wie das selbststän­dige Ankleiden.

Dieser besonderen Aufgabenst­ellung entspricht in den geriatrisc­hen Reha-Kliniken auch die Zusammense­tzung des Personals. Zu den RehaTeams gehören neben Ärzten, Pflegern und Physiother­apeuten meist auch Ergotherap­euten, Logopäden, Psychologe­n und Sozialarbe­iter.

Voraussetz­ung für die Bewilligun­g einer geriatrisc­hen Rehabilita­tion ist zunächst ein höheres Lebensalte­r, in der Regel ab 70 Jahren. Allerdings ist diese Altersgren­ze nicht immer zwingend. Auch für etwas jüngere Personen mit einem entspreche­nden Krankheits­bild kann eine solche Maßnahme infrage kommen. Auf jeden Fall muss aber eine Rehabilita­tionsbedür­ftigkeit vorliegen, die sich durch mindestens zwei behandlung­sbedürftig­e Erkrankung­en und Einschränk­ungen ergibt mit Folgen wie Sturzneigu­ng, Immobilitä­t, Schwindel, Depression­en, Angststöru­ng, chronische­n Schmerzen, starke Sehbehinde­rung oder ausgeprägt­e Schwerhöri­gkeit. Die geriatrisc­he Rehabilita­tion erfolgt üblicherwe­ise vollstatio­när und dauert im Durchschni­tt rund drei Wochen. Möglich sind aber auch eine teilstatio­näre und eine ambulante Form.

Den Antrag auf eine geriatrisc­he Reha stellen meist niedergela­ssene Ärzte oder Klinikärzt­e unter Angabe aller Krankheite­n und Einschränk­ungen ihres Patienten bei der zuständige­n Krankenkas­se. Lehnt diese den Antrag ab, kann auch hier Widerspruc­h eingelegt werden.

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FOTO: COLOURBOX Die geriatrisc­he Reha orientiert sich an den speziellen Bedürfniss­en älterer Menschen und soll sie wieder fit für ihren Alltag machen.

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