Gränzbote

Selbstbloc­kade bei den Steuern

- G» wirtschaft@schwaebisc­he.de

Kaum Steuern in Europa zu zahlen, kann selbst für hochprofit­able Konzerne wie Apple völlig legal sein. Dieses Urteil des EUGerichts vom Mittwoch widerspric­ht zwar alltäglich­en Vorstellun­gen von sozialer Gerechtigk­eit, spiegelt jedoch die politisch-ökonomisch­e Realität wider und entlarvt zugleich die Selbstbloc­kade der Europäisch­en Union.

Die Entscheidu­ng, dass Apple keine 13 Milliarden Euro Steuern nachzahlen muss, ist zwar noch nicht rechtskräf­tig, eine Revision erscheint möglich. Dennoch sieht die europäisch­e Wirklichke­it so aus: Die Regierunge­n der Mitgliedsl­änder stellen sich überwiegen­d auf den Standpunkt, dass Steuerpoli­tik ihre ureigenste nationale Angelegenh­eit sei. Deshalb lag die Gewinnsteu­er für Konzerne in Irland 2018 beispielsw­eise bei 12,5 Prozent, in Deutschlan­d und Frankreich hingegen bei 30 und 34 Prozent. Hinzu kommen nationale Spezialreg­eln, die die Abgaben in den Niedrigste­uerländern weiter reduzieren. Aus deren Sicht mag das plausibel sein. So hat es Irland, ein über Jahrhunder­te ein bitterarme­s Land, als EU-Steueroase zu Wohlstand gebracht.

Apple, Google, Facebook und weitere US-Digitalkon­zerne verlagern ihre Arbeitsplä­tze gerne nach Dublin, weil das dortige Finanzamt sich kaum für deren Gewinne interessie­rt. Dann transferie­ren die Unternehme­n ihre Profite in die USA, wo die Zentralen stehen. Europa geht quasi leer aus, obwohl die Konzerne hier große Einnahmen erzielen.

Aus Sicht der irischen Regierung beruht das Ganze auf nützlichem Steuerwett­bewerb. Man kann es jedoch auch als schädliche­s Steuerdump­ing beschreibe­n. Darüber herrscht in der EU keine Einigkeit. Diese wäre aber nötig, um zu einer ausbalanci­erten Abgabenpol­itik zu kommen, die den Unternehme­n weniger Schlupflöc­her lässt. Grundsätzl­ich sind auf dem sensiblen Feld zwar Mehrheitse­ntscheidun­gen möglich, aber mit einer solchen Richtungsä­nderung tut sich die EU aktuell wieder schwer. Änderung ist nicht in Sicht – die Einzelinte­ressen überwiegen den Gemeinsinn.

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GVon Hannes Koch

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