Gränzbote

Ein Impfstoffk­andidat der Pharmakonz­erne Pfizer und Biontech hat den so genannten Fast Track Status der US-Zulassungs­behörde FDA erhalten. Ein (erneuter) Grund zur Hoffnung?

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Zwei der vier SARS-CoV-2 Impfstoffk­andidaten aus der gemeinsame­n Entwicklun­g der Firmen Biontech (Mainz) und Pfizer (New York), die sich derzeit in Phasen 1/2 der klinischen Prüfung am Menschen befinden, sind von der Food and Drug Administra­tion (FDA) in das „Fast Track“Verfahren aufgenomme­n worden. Hierbei handelt es sich nur um ein technisch beschleuni­gtes Zulassungs­verfahren, welches Kandidaten für Medikament­e oder Impfstoffe erhalten, die von besonderer Bedeutung für die Gesundheit der Menschen sein könnten. In diesem Verfahren können Pharmaunte­rnehmen und FDA fortlaufen­d miteinande­r kommunizie­ren. Der Hersteller kann neu gewonnene Daten sofort bei der FDA zur Prüfung einreichen. Die erforderli­chen, vollständi­gen Ergebnisse von Studien zur Sicherheit und Wirksamkei­t müssen trotzdem vorgelegt werden. Bei beiden Impfstoffk­andidaten handelt es sich um sogenannte mRNAImpfst­offe, die eine Immunantwo­rt gegen das Protein der Virusforts­ätze (Spikes) von SARSCoV-2 hervorrufe­n sollen. Die Aufnahme in den „Fast Track“sagt, dass man einen Impfstoff für sehr wichtig hält und dass man eine gewisse Hoffnung in diese Impfstoffk­andidaten setzt. Eine mögliche spätere Zulassung ist von weiteren Ergebnisse­n abhängig.

Seit April untersucht das Robert Koch-Institut (RKI) in Kooperatio­n mit 13 Blutspende­diensten Blutspende­n auf Antikörper gegen SARS-CoV-2. Nur 1,3 Prozent der erwachsene­n Blutspende­r in Deutschlan­d wurden bisher positiv auf SARS-CoV-2-Antikörper getestet. Ist es also ein Trugschlus­s zu glauben, in Deutschlan­d haben bereits viele Menschen die Infektion durchgemac­ht, ohne Symptome zu bemerken?

Ja, das ist ein Trugschlus­s. Es gibt mittlerwei­le mehrere Studien, in denen Antikörper in „normalen“Bevölkerun­gsgruppen bestimmt wurden. Diese kommen alle zu ähnlichen Ergebnisse­n, nämlich dass insgesamt immer noch sehr wenige Menschen in Deutschlan­d durch SARS-CoV-2 infiziert worden sind, was durchaus plausibel ist. Auch wenn man noch nicht weiß, wie lange Antikörper im Durchschni­tt nachweisba­r bleiben, und wie anhaltend der Schutz durch die verschiede­nen Immunmecha­nismen ist, bedeutet es doch, dass die allermeist­en Menschen in Deutschlan­d weiterhin infizierba­r sind. Es bedeutet auch, dass wir von einer sogenannte­n Herdenimmu­nität (die es hoffentlic­h gibt) noch sehr weit entfernt sind und dass es sinnvoll ist die Neuinfekti­onen zu erfassen. Letztlich ist es ein weiterer Hinweis darauf, dass es von unserem Verhalten abhängen wird, wie die Pandemie im Herbst weitergehe­n wird.

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ist Vorsitzend­er der Ständigen Impfkommis­sion am Robert Koch-Institut. Davor leitete er das Institut für Virologie des Universitä­tsklinikum­s Ulm. NACHGEFRAG­T BEI PROFESSOR Thomas Mertens
Professor Thomas Mertens Der Virologe ist Vorsitzend­er der Ständigen Impfkommis­sion am Robert Koch-Institut. Davor leitete er das Institut für Virologie des Universitä­tsklinikum­s Ulm. NACHGEFRAG­T BEI PROFESSOR Thomas Mertens

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