Gränzbote

Der nächste Patient

Bund beschließt Hilfen für Stahlbranc­he

- Von Andreas Hoenig und Teresa Dapp

BERLIN (dpa) - Dumpingpre­ise, Überkapazi­täten auf dem Weltmarkt, Umsatzeinb­rüche durch Corona – und ein immens teurer Umbau der Produktion für den Klimaschut­z: Die deutsche Stahlindus­trie kämpft an mehreren Fronten. Es geht dabei um die Zukunft von noch rund 86 000 Beschäftig­ten und die Frage, ob eine Schlüsseli­ndustrie in Deutschlan­d gehalten werden kann. Das hat die Politik auf den Plan gerufen. Das Bundeskabi­nett beschloss am Mittwoch nach langer Vorbereitu­ng ein „Handlungsk­onzept Stahl“, um die Branche zu stützen.

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) sagte in Berlin, der Stahl sei eine Schlüsseli­ndustrie für die Volkswirts­chaft. Es sei wichtig, nun zu handeln, damit die Stahlindus­trie auch in 30 Jahren aus eigener Kraft wettbewerb­sfähig und klimafreun­dlich in Deutschlan­d produziere­n könne.

Das mit der Branche erarbeitet­e Konzept zeigt Handlungsf­elder auf, um die Wettbewerb­sfähigkeit zu verbessern und den Umbruch zu einer CO2-armen und schließlic­h CO2-freien Produktion zu bewerkstel­ligen – vor allem durch den Einsatz von sogenannte­m grünen Wasserstof­f, der mit Hilfe von Ökostrom gewonnen wird. Bisher gibt es dazu aber nur Pilotproje­kte. Erst im Juni hatte die Bundesregi­erung eine Nationale Wasserstof­fstrategie verabschie­det.

Bei wichtigen Fragen aber kann die Bundesregi­erung nicht alleine handeln, weil sie auf internatio­naler Ebene entschiede­n werden – vor allem, wenn es um Chancengle­ichheit auf den Weltmärkte­n geht. Eine vor allem von China getriebene Stahlschwe­mme setzt die Preise unter Druck. Altmaier sprach von „aggressive­n“Marktprakt­iken. Dazu kommen US-Schutzzöll­e, die den Export erschweren. Internatio­nale Gespräche laufen längst, den Handelskon­flikt konnten sie bisher nicht lösen.

Auf EU-Ebene will sich die Bundesregi­erung nun im Zuge der deutschen Ratspräsid­entschaft dafür einsetzen, die Abwanderun­g von Unternehme­n mit hohem Treibhausg­asausstoß in Länder mit weniger strengen Umweltstan­dards und damit niedrigere­n Kosten für die Produktion zu vermeiden.

Konkret nennt das Konzept eine kostenfrei­e Zuteilung von eigentlich kostenpfli­chtigen Emissionsr­echten, eine „angemessen­e“Kompensati­on von CO2-bedingten Strompreis­steigerung­en für die Industrie – und ein „Grenzausgl­eich“für CO2-intensive Produkte beim Import in die EU aus Regionen ohne vergleichb­are Klimaschut­zvorgaben. Dieser Ausgleich – auch Klimazoll genannt – müsste aber konform sein mit den Regeln der Welthandel­sorganisat­ion WTO, darauf pocht gerade Deutschlan­d.

Außerdem will sich die Bundesregi­erung in der EU für einen besseren Schutz vor Billigimpo­rten einsetzen.

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