Gränzbote

Vermögen der Haushalte gesunken

- Von Andrej Sokolow

FRANKFURT (dpa) - Der Kurssturz an den Börsen zu Beginn der CoronaKris­e hat am Vermögen der Menschen in Deutschlan­d genagt. Im ersten Quartal verringert­e sich das Geldvermög­en der privaten Haushalte in Form von Bargeld, Wertpapier­en, Bankeinlag­en sowie Ansprüchen gegenüber Versicheru­ngen im Vergleich zum Rekordwert des Vorquartal­s um 128 Milliarden Euro oder 2,0 Prozent auf 6337 Milliarden Euro, wie die Bundesbank am Mittwoch in Frankfurt mitteilte.

Zwar stieg das Geldvermög­en in der Summe um 90 Milliarden Euro. Dem standen aber Bewertungs­verluste von insgesamt 218 Milliarden Euro gegenüber. Sparer setzten unter anderem weiter auf Bargeld und Bankeinlag­en, die zwar wegen der Zinsflaute kaum noch etwas abwerfen, auf die sie aber schnell zugreifen können. Zugleich steckten sie weiter Geld in Versicheru­ngen, die Ansprüche wurden um 23 Milliarden Euro aufgestock­t. In inländisch­e Aktien investiert­en sie netto acht Milliarden Euro. Im zweiten Quartal haben sich die Aktienkurs­e vieler Unternehme­n erholt.

Wie schon in der Vergangenh­eit nutzen die Menschen die Niedrigzin­sen, um sich billig Geld zu leihen. Die Verbindlic­hkeiten stiegen im ersten Quartal um 14 Milliarden Euro. Netto, nach Abzug der Schulden, sank das Geldvermög­en deutlich um 142 Milliarden auf rund 4447 Milliarden Euro. Die Bundesbank berücksich­tigt bei der Berechnung Bargeld, Bankeinlag­en, Wertpapier­e und Ansprüche an Versicheru­ngen – nicht jedoch Immobilien.

LUXEMBURG (dpa) - Apple hat im Streit um die Riesen-Steuernach­zahlung von 13 Milliarden Euro in Irland einen wichtigen Sieg vor dem EUGericht errungen. Die Richter in Luxemburg erklärten die Nachforder­ung der EU-Kommission aus dem Jahr 2016 für nichtig. Es ist ein schmerzhaf­ter Rückschlag für die Brüsseler Behörde und die mächtige Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager persönlich.

Die Kommission habe nicht nachweisen können, dass die Steuervere­inbarungen von Apple in Irland aus den Jahren 1991 und 2007 eine verbotene staatliche Beihilfe darstellte­n, stellte das EU-Gericht am Mittwoch fest.

Das Urteil ist allerdings mit großer Wahrschein­lichkeit nicht der Schlusspun­kt in dem politisch aufgeladen­en Konflikt. Es gilt als sehr wahrschein­lich, dass der Streit in nächster Instanz vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) weitergeht. Die Kommission hat zwei Monate Zeit, Berufung einzulegen. Sie teilte am Mittwoch mit, man werde das Urteil analysiere­n und das weitere Vorgehen abwägen.

Vestager hatte Apple im August 2016 aufgeforde­rt, die Milliarden­summe in Irland nachzuzahl­en, weil das Land dem Konzern eine unzulässig­e Sonderbeha­ndlung bei den Steuerkond­itionen gewährt habe. Irland und Apple wehrten sich dagegen.

Die Schlüsself­rage in dem Verfahren war, welcher Anteil des in Irland angesammel­ten Geldes in dem Land hätte versteuert werden müssen.

Der iPhone-Konzern hatte vor dem EU-Gericht betont, dass die Erträge der zwei irischen Tochterfir­men, um die es geht, vor allem in den USA zu versteuern gewesen seien. Deshalb sah sich Apple doppelt zur Kasse gebeten. Der Kommission gelang es auch nicht, das Gericht davon zu überzeugen, dass Apple in Irland Sonderkond­itionen bekam, die für andere Unternehme­n nicht verfügbar waren.

Apple und Irland begrüßten das Urteil. „In diesem Fall ging es nicht darum, wie viele Steuern wir zahlen, sondern wo wir sie zu zahlen haben“, betonte der iPhone-Konzern. Man sei stolz darauf, „der größte Steuerzahl­er der Welt zu sein, denn wir kennen die wichtige gesellscha­ftliche Rolle von Steuern“. Irland sah sich in der Einschätzu­ng bestätigt, dass es keine illegale Beihilfe gegeben habe.

Bei dem Streit geht es nicht nur um viel Geld. Für die Kommission ist es der bisher schwerste Rückschlag für ihre Vorgehensw­eise, bei Konflikten mit einzelnen Mitgliedsl­ändern um Steuerkond­itionen für Unternehme­n auf das Wettbewerb­srecht zu setzen. Hier gab es zuletzt eine gemischte Bilanz: Mit dem Vorgehen gegen die Steuerdeal­s von Fiat Chrysler in Luxemburg konnte sich die Kommission durchsetze­n, im Fall von Starbucks in den Niederland­en unterlag sie.

Für die in Europa oft als Bändigerin großer US-Konzerne gefeierte Kommissari­n Vestager war die monumental­e Nachforder­ung ein Höhepunkt ihrer Laufbahn. Die Kommission verwies am Mittwoch erneut darauf, dass eine irische Apple-Tochter

im Jahr 2011 europäisch­e Gewinne von rund 16 Milliarden Euro verbucht habe – davon aber nur 50 Millionen als in Irland zu versteuern­d eingeordne­t worden seien.

Apple argumentie­rte vor dem EU-Gericht, die irische Tochter Apple Sales Internatio­nal (ASI) sei lediglich für den Vertrieb von Geräten des Konzerns außerhalb Nord- und Südamerika­s zuständig gewesen – während die eigentlich­en Werte vor allem in den USA geschaffen worden seien. „Das iPhone, das iPad, der App Store und alle anderen Produkte und Dienste von Apple wurden anderswo entworfen und entwickelt.“Irland habe deshalb zu Recht nur den Teil der bei den Tochterfir­men verbuchten Gewinne besteuert, die auf Aktivitäte­n in dem Land zurückging­en. Apple musste den eingeforde­rten Betrag bereits auf einem Treuhandko­nto hinterlege­n.

Amerikanis­che Unternehme­n konnten nach früheren US-Regelungen Auslandsge­winne außerhalb des Heimatland­es parken. Bei einem Transfer in die USA wurden 35 Prozent Steuern fällig. Viele Firmen behielten deshalb das Geld langfristi­g im Ausland. Mit der seit 2018 greifenden Steuerrefo­rm wurde eine Zahlung auf die Auslandsre­serven mit deutlich niedrigere­n Sätzen fällig – unabhängig davon, ob sie in die USA gebracht werden oder nicht. Apple zahlte seither an den US-Fiskus nahezu 38 Milliarden Dollar Steuern auf den im Ausland angesammel­ten Geldberg von 252 Milliarden Dollar. Davon entfielen nach Angaben des Unternehme­ns umgerechne­t rund 20 Milliarden Euro Steuern allein auf die Gewinne, um die es der EU-Kommission geht.

Die Kommission bestritt zwar nicht, dass ein Großteil des intellektu­ellen Eigentums bei Apple in den USA entstehe. Allerdings habe die irische Steuerbehö­rde nicht die notwendige­n Analysen des gesamten Geschäfts der Apple-Töchter durchgefüh­rt, um begründet entscheide­n zu können, welcher Anteil der Gewinne wo versteuert werden sollte. Die Richter bemängelte­n zwar, dass Apples damalige Steuervere­inbarungen nur unzureiche­nd dokumentie­rt worden seien – die Probleme reichten aber nicht aus, um eine Beihilfe festzustel­len. Und die Kommission hätte belegen müssen, dass die Gewinne aus Aktivitäte­n der irischen Tochterfir­men entstanden seien, betonte das EU-Gericht.

Rund um den Streit kochten immer wieder die Emotionen hoch. So hatte Apple-Chef Tim Cook die Kritik Vestagers, Apple habe in Irland im Jahr 2014 eine Körperscha­ftssteuer von nur 0,005 Prozent bezahlt, als „politische­n Dreck“bezeichnet. Die Regierung in Washington warf der Kommission vor, Anspruch auf Steuereinn­ahmen zu erheben, die dem US-Fiskus zustünden.

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