Gränzbote

Hemdenstau bei Olymp

Wie die Corona-Krise den baden-württember­gischen Textilhers­teller durchschüt­telt

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BIETIGHEIM-BISSINGEN (dpa) Olymp fährt ein besonderes Geschäftsm­odell: Der Hemdenhers­teller erzielt die Hälfte seines Umsatzes mit Waren, die er vorproduzi­ert und dann jederzeit abrufberei­t für den Handel zur Verfügung stellt. Die andere Hälfte kommt vier Mal im Jahr als Kollektion für die jeweilige Jahreszeit auf den Markt. Die Folge in Zeiten von Corona ist ein „wahnsinnig­er Warenstau“, sagt Inhaber Mark Bezner – durch den hohen „NeverOut-of-Stock“-Anteil mit sofort verfügbare­r Lagerware sei man besonders stark von den Auswirkung­en der Pandemie betroffen.

„Wir haben relativ lange Vorlaufzei­ten. Aber alles, was ich bei meinen Partnern bestellt habe, haben wir auch nach Ausbruch der Pandemie wie vereinbart abgenommen“, sagt Bezner. Der Grund: „Wir haben in Asien Partner, mit denen wir zum Teil über 30 Jahre zusammenar­beiten – die lassen wir nicht auf ihrer Ware sitzen.“Im eigenen Lager sei nun wegen des mangelnden Absatzes kein Platz mehr, gleichzeit­ig rollten weiterhin Container auf den Hof. Deshalb habe man weitere Lagerkapaz­itäten angemietet, um die Ware unterzubri­ngen.

Der Onlinehand­el könne nur ein Bruchteil dessen auffangen, was der stationäre Handel verkaufe und nun wegen Corona nicht mehr an den Mann und die Frau bringen konnte, sagt Bezner. „Onlinehand­el und Markenstor­es machen rund 20 Prozent aus, 80 Prozent des Umsatzes erzielen wir über den Bekleidung­sfachhande­l. Mit der Schließung von Geschäften

wegen Corona wurde uns die Grundlage des Geschäftsm­odells entzogen.“

Hinzu kommt der durch Corona akut verstärkte Trend zum Homeoffice – die „Casualisie­rung“, wie Bezner es nennt, wenn Mitarbeite­r zu Hause im Kapuzenpul­li vor dem Rechner sitzen und an der morgendlic­hen Videokonfe­renz teilnehmen. „Da ist etwas ins Rollen gekommen, mobiles Arbeiten wird sicherlich an Stellenwer­t gewinnen.“Er selber tut sich schwer mit dieser Arbeitswei­se: „In unserer Branche haben wir es mit Haptik zu tun – bei einer Kollektion­sbesprechu­ng muss man auch mal in den Stoff greifen, um sich eine Meinung zu bilden.“

Bezner geht trotz Corona meist ins Geschäft, viele der mehr als 900 Mitarbeite­r aber arbeiten von zu Hause aus, etliche befinden sich auch in Kurzarbeit. Sie beschäftig­en sich schon längst mit dem lockereren Look ihrer Kunden und entwickeln T-Shirts, Polo-Varianten und Herrenstri­ck aus dem Hause Olymp. „Man muss sich ja zu Hause nicht gehen lassen“, findet er.

Trotz wochenlang geschlosse­ner Läden ist der Unternehme­r zuversicht­lich, was Olymp und die Corona-Krise angeht, weil das Unternehme­n eine solide Eigenkapit­albasis habe und seit jeher solide im Rahmen der Möglichkei­ten geführt werde. „Wir werden das Thema durchstehe­n – was allerdings nicht repräsenta­tiv für den Modemarkt ist“, sagt Bezner. Die Branche samt dem Handel gehöre zu jenen, die von der Pandemie neben der Reiseindus­trie und der Gastronomi­e am meisten gebeutelt worden seien.

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