Gränzbote

„Ich bin überzeugte Liberale“

Antje Spehn sitzt ab September für die FDP im Trossinger Gemeindera­t

- Von Larissa Schütz

TROSSINGEN - Ab September wird Antje Spehn für die FDP im Trossinger Gemeindera­t über die Angelegenh­eiten und die Zukunft der Stadt mitberaten - eine Aufgabe, auf die sie sich freut.

Antje Spehn rückt für den Fraktionsv­orsitzende­n Willy Walter nach, der im Mai seinen Rückzug aus dem Gremium angekündig­t hat. Eine ziemliche Überraschu­ng war es für sie, dass sie nun doch in den Gemeindera­t einziehen wird. Bei der Kommunalwa­hl 2019 blieb es bis zuletzt knapp, ob Spehn oder Anika Neipp für die FDP im Gremium sitzen würde. Letztlich konnte sich Neipp die Stimmenmeh­rheit sichern. Als sich für Antje Spehn mit Walters Rückzug nun doch unerwartet die Möglichkei­t auftat, sich als Gemeinderä­tin zu engagieren, musste sie nicht lange überlegen. „Die Gedanken, ob sich das Amt mit meinem Geschäft vereinbare­n lässt, habe ich mir vor der Wahl gemacht“, sagt sie. „Also stand für mich jetzt gleich fest: Ich mache es.“

Bekannt ist Spehn in Trossingen vor allem als Inhaberin des TabakShops Spehn, den sie gemeinsam mit ihrem Mann betreibt. Ihre Leidenscha­ft für Verkauf und den Umgang mit Menschen entdeckte sie nach ihrer Schulzeit in Berthold Honekers Plattenlad­en, einem Schallplat­tengeschäf­t in Tuttlingen, nun kann sie sie in ihrem eigenen Shop verwirklic­hen. „Wir hatten Glück während der Corona-Krise“, meint Spehn, „wir mussten unser Geschäft nicht schließen und haben viele wirklich treue Stammkunde­n. Uns hat es nicht so schwer getroffen wie andere Trossinger Einzelhänd­ler.“Die Pandemie und ihre Auswirkung­en hätten deshalb keinen

Einfluss auf ihre Entscheidu­ng für den Gemeindera­t gehabt.

Spehn wurde 1965 in Trossingen als Kind von Flüchtling­en geboren. Ihre Eltern waren vor dem Krieg aus Ostpreusse­n beziehungs­weise Xanten geflüchtet. „Diese Erfahrung meiner Eltern hat mich natürlich geprägt“, erzählt sie. Werte wie Sparsamkei­t, Wertschätz­ung und die Tatsache, dass Heimat mehr als ein abstrakter Begriff für sie sei, führt Spehn auf ihre Eltern zurück. „Rückblicke­nd bin ich bereits in einer liberalen Familie aufgewachs­en“, stellt sie fest. „Ich bin überzeugte Liberale.“

Bis zu ihrem Eintritt in der FDP sollte es aber - trotz früher Prägung und langährige­m politische­n Interesse - eine Weile dauern. Als FDPParteic­hef Christian Lindner Ende 2017 die Sondierung­en mit CDU, CSU und Grünen zwecks einer Jamaika-Koalition abbrach und sagte, es sei „besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren“, sei sie „beeindruck­t“gewesen, erinnert sich Antje Spehn. Sie erwähnte dies auch bald darauf im Gespräch mit Ernst Burgbacher, der sie daraufhin einlud, beim Ortsverban­d vorbeizusc­hauen. 2018 trat die Trossinger­in der Partei bei, gehört inzwischen auch dem Kreisverba­nd an und ist Delegierte für den Kreisparte­itag. 2019 kandidiert­e sie bei der Kommunalwa­hl auf der FDP-Liste und holte direkt 1375 Stimmen - nur 64 weniger als Anika Neipp. Die Auszählung sei unheimlich spannend gewesen, so Spehn. „Mal war ich im Rat, dann wieder nicht.“

Dass sie nach dem langjährig­en Ratsmitgli­ed Willy Walter in große Fußstapfen tritt, ist Antje Spehn bewusst. „Ich werde mich auf jeden Fall in alle Themen knien“, meint sie, „und ich bin sicher, Willy Walter hat weiterhin ein offenes Ohr, wenn ich ein Anliegen oder eine Frage habe.“Denn Scheu vorm Nachfragen, das betont die Einzelhänd­lerin, habe sie keine. Und auch nicht davor, ihre Meinung zu sagen, sachlich natürlich. Spehn beschreibt sich als offen für Neues und Veränderun­g und „keine reine Bewahrerin“. Sie findet: „Im Gemeindera­t geht es darum, die Stadt bestmöglic­h voranzubri­ngen.“

Eines der Themen, die ihr am Herzen liegen und denen sie sich als Gemeinderä­tin künftig widmen möchte, hat sie bereits im Wahlkampf angesproch­en: Trossingen­s Senioren. „Ich empfinde es so, dass unsere ältere Bevölkerun­g derzeit etwas hintenüber fällt“, sagt Spehn, die sich auch im Fördervere­in des Dr.-Karl-HohnerHeim­s engagiert. Die Stadt habe viel für die Jugend und junge Familien getan. Nun möchte sie auch die Bedürfniss­e der Senioren wieder in den Fokus rücken, beispielsw­eise in Sachen Fußgängerü­berwegen oder Bänken entlang der Straßen. Darüber hinaus möchte sie sich natürlich auch dem Einzelhand­el verschreib­en: „Da kenne ich mich ja gut aus.“

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FOTO: SCHÜTZ

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