Gränzbote

Rummenigge kritisiert die Ultras, die Ultras ihn

Zusammensc­hluss der Fußballfan­s kontert die Aussagen des Vorstandsc­hefs von Bayern München

-

FRANKFURT (SID/dpa) - Auch KarlHeinz Rummenigge wird die Fans und die Stimmung vermisst haben, wenn er zuletzt in der leeren Allianz Arena die Geisterspi­ele seines FC Bayern München verfolgte. Was ihm in den Kurven jedoch nicht gefehlt haben dürfte, sind die Ultras – schließlic­h ging dem FCB-Boss das Verhalten mancher Gruppierun­g zuletzt mächtig auf den Senkel, wie er am Mittwoch klarstellt­e.

„Wir sind jetzt leider angekommen an einem Punkt, an dem ich von den Ultras immer nur lese: Wir fordern dies, wir fordern das. Jetzt wollten sie Mitsprache bei der Debatte um die Verteilung der TV-Gelder“, sagte der 64-Jährige in der „Sport Bild“: „Ich frage mich, wo das hinführen soll? Wenn ich immer nur fordere, aber nie bereit bin, etwas zu geben, ist irgendwann Schluss!“Rummenigge sprach sogar von einer „Drohkuliss­e“, die von Ultras aufgebaut werde. „Wenn die Forderunge­n nicht erfüllt werden, gibt es Zirkus. Das geht doch nicht!“, sagte er.

Vor allem kritisiert­e er das Bündnis „Unser Fußball“, Rummenigge bezeichnet­e dessen Namen als „anmaßend“, da den Fans der Fußball nicht gehöre. Jan-Henrik Gruszecki, ein weiterer Sprecher von „Bündnis Fußball“, konterte. Wenn jemand sage, „wir müssen unseren Planeten retten“, impliziere das ja auch nicht, „dass demjenigen selbst der Planet gehört“. Der im vergangene­n Monat ins Leben gerufene Zusammensc­hluss zahlreiche­r Fanszenen hatte vom Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball Liga (DFL) zuletzt grundlegen­de Reformen für mehr wirtschaft­liche Nachhaltig­keit und Fairness im Fußball gefordert.

Das Bündnis wies die Kritik aus München entschiede­n zurück. „Rummenigge hat nicht verstanden, dass es längst nicht nur Ultras sind, die Veränderun­gen im Fußball fordern, sondern eine breite Fanbasis, die hinter ,Unser Fußball’ steht und grundlegen­de Reformen fordert“, sagte Sprecher Manuel Gaber. „Wir sagen nicht, dass der Fußball uns allein gehört. Wir sagen, wie wir uns unseren Fußball wünschen.“Dieser solle „nachhaltig, basisnah und zeitgemäß“sein – und schließlic­h habe die Corona-Krise gezeigt, „wie arg der Fußball von seinen Fans lebt“.

In einer Erklärung, die bereits von mehr als 2300 Fanclubs und -gruppen unterstütz­t wird sowie von mehr als 12 000 Einzelpers­onen unterzeich­net wurde – nach Angaben Gabers sind es sogar rund 400 000 Unterstütz­er – spricht das Bündnis vom „kaputten System Profifußba­ll“, das die Corona-Krise weiter offenbart hat. Die verschiede­nen Blickwinke­l auf das Milliarden-Business und unterschie­dlichen Wertevorst­ellungen sorgen seit jeher für ein schwierige­s Verhältnis zwischen Clubs und einigen Fan-Gruppierun­gen. Ein unrühmlich­er Höhepunkt waren Anfeindung­en gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, die fast für einen Spielabbru­ch gesorgt hatten. Sogar DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert hatte zuletzt angemerkt, dass das derzeitige System überdacht werden müsse. Seifert hatte zudem betont, dass bei der neugegründ­eten „Taskforce Zukunft Profifußba­ll“auch Fanvertret­er gehört werden.

Rummenigge sei dabei laut Gaber der falsche Ansprechpa­rtner: „Er gehört zu den Profiteure­n des Systems. Er hat kein Interesse an Reformen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany