No problem? Fremdsprachen lernen in Deutschland
Viele Veranstalter haben Muttersprachler engagiert, die online unterrichten
BERLIN (dpa) - Sprachreisen leben eigentlich vom Eintauchen in eine andere Kultur. Kann das in CoronaZeiten mit all den Reisebeschränkungen klappen? Eher nicht. Doch die Anbieter machen aus der Not eine Tugend – und bleiben in Deutschland.
Die Sommerferien sind für Schüler und Studenten eigentlich die optimale Zeit für eine Sprachreise. Sommercamps werden bei vielen Veranstaltern auch in diesem Jahr stattfinden – allerdings überwiegend in Deutschland. Das berichtet Julia Richter vom Fachverband Deutscher Sprachschulen und Sprachreise-Veranstalter. „Da haben die Anbieter definitiv einiges im Programm“, sagt sie. „Die Camps werden kleiner sein als im Regelbetrieb, betreut werden die Kinder und Jugendlichen in festen Kohorten“, so Richter. Das Sport- und Freizeitprogramm findet vorwiegend an der frischen Luft statt und mit den entsprechenden Hygienevorschriften. Denn auch das Freizeitprogramm ist ein wichtiger Bestandteil der Sprachkurse.
Auch der Anbieter Ruf Jugendreisen verlagert viele Aktivitäten nach Deutschland. „Wir haben unser Angebot in Deutschland ausgedehnt, haben neue Ziele aufgenommen und bieten so Sprachenlernen von Muttersprachlern hier in Deutschland an“, sagt Sprecherin Kristina Oehler. Nach den vielen Wochen unsteten Unterrichts in den Schulen und schwierigen Betreuungssituationen in vielen Haushalten wolle man nun Sprachreisen anbieten, die in die Situation passen. „Die Kids kommen raus, können ihre Sprachkenntnisse aktiv verbessern, und die Eltern haben das Thema Ferienbetreuung geklärt.“
Viele Anbieter hatten zu Beginn der Corona-Pandemie vom klassischen Lernen in einer Sprachschule auf virtuelles Lernen vor dem Rechner umgestellt – etwa in Form von Videokonferenzen mit den Lehrern. „Auch Schüler, die bereits vor Ort waren, als die Corona-Krise begann, stellten vom Präsenz- auf den Online-Unterricht um“, erzählt Simon Dominitz vom Veranstalter EF Education First, deren Sprachschulen zeitweilig weltweit geschlossen waren. Doch Julia Richter schränkt ein: „Das Online-Lernen ist nicht jedermanns Sache“– und sei vor allem nicht für die Jüngeren geeignet. „Da fehlt das Interaktive.“
Roland Becker betreibt in Edinburgh die Sprachschule Inlingua. Auch er leidet unter der Schließung, die das Virus mit sich brachte. „Unsere Kunden wollen Stadt und Land kennenlernen und dabei die Sprache lernen oder verbessern“, sagt er. Das sei online nur sehr bedingt möglich. Derzeit gehe man davon aus, dass Mitte August wieder Türen und Klassenzimmer geöffnet werden können.
Dieser Sommer wird überall ungewöhnlich: Lernen online und in kleinen Klassengemeinschaften, spezielle Unterkünfte, bei denen sich die Sprachschüler nicht mit Einzelreisenden durchmischen – etwa Jugendherbergen, am besten in weitläufigen Schlössern und Burgen. „Natürlich wollen wir Gruppengrößen haben, bei denen man ohne Maske den Unterricht machen kann“, sagt Richter.
Und was, wenn es doch etwas mehr Ferne sein soll? EF zum Beispiel bietet durchaus Englischcamps in Spanien, Griechenland und auf Malta sowie in den Schweizer Alpen an. „Hier werden die Gruppen in Wohnheimen untergebracht, in der Freizeit werden vor allem OutdoorAktivitäten angeboten“, sagt Dominitz. Die Ziele sind auf dem Landweg per Bus oder Zug zu erreichen.
Nachdem auch Reisen ins europäische Ausland wieder möglich sind, haben die Sprachschulen alle nötigen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen getroffen, wie Richter betont. Ein sicherer Aufenthalt könne gewährleistet werden. Allerdings: „Großbritannien wird aufgrund der Quarantänevorschrift in diesem Sommer wohl nicht den Spitzenplatz im Destinationsranking verzeichnen.“Und auch Sprachreisen in die USA oder nach Australien liegen buchstäblich in weiter Ferne.
Die älteren Semester, die ihren Bildungsurlaub zum Sprachenlernen im Ausland nutzen oder die Rentner können sich weiterhin online in ihre neue Sprache vertiefen und mit Muttersprachlern in Deutschland an Grammatik und Aussprache feilen. Oder sie verlegen ihre geplante Tour in den kommenden Sommer.