Gränzbote

Noch mehr Ärger um die Pipeline

Bundesregi­erung empört über die von den USA angekündig­te Sanktionen

- Von Stefan Kegel

BERLIN - Das Gerangel um die Erdgas-Pipelines Nord Stream 2 und Turk Stream markiert einen neuen Tiefpunkt in den Beziehunge­n Europas zu den USA. Die Bundesregi­erung hat empört auf die Ankündigun­g der USA reagiert, weitere Sanktionen gegen Beteiligte am Bau der Nord-Stream-2-Pipeline von Russland nach Deutschlan­d zu verhängen. „Mit ihren Ankündigun­gen von Maßnahmen, die auch europäisch­e Unternehme­n mit Sanktionen bedrohen, missachtet die US-Regierung das Recht und die Souveränit­ät Europas, selbst zu entscheide­n, wo und wie wir unsere Energie beziehen“, sagte Außenminis­ter Heiko Maas (SPD). „Die europäisch­e Energiepol­itik wird in Europa gemacht und nicht in Washington. Extraterri­toriale Sanktionen lehnen wir klar ab.“

Auch das transatlan­tische Verhältnis leide darunter, machte Maas klar. „Sich unter Partnern mit Sanktionen zu belegen, halten wir für falsch.“Stattdesse­n müsse man an einem Strang ziehen, was Sanktionen gegen Russland betreffe. „Dieses Bemühen wird durch die heutige USEntschei­dung noch schwierige­r.“

US-Außenminis­ter Mike Pompeo hatte am Mittwoch bekannt gegeben, ein US-Gesetz zu erweitern, mit dem „Amerikas Widersache­r durch Sanktionen“entgegenge­wirkt werden soll. Demnach wird künftig die Beteiligun­g an Pipelines, deren Bau vor dem 2. August 2017 begonnen wurde, mit Sanktionen belegt. Ausdrückli­ch genannt werden dabei Nord Stream 2 sowie Turk Stream, die von Russland über die Türkei nach Europa führen soll. Im Visier sind Personen, die sich ab sofort an der Finanzieru­ng, dem

Bau, der Röhrenverl­egung oder Dienstleis­tungen dafür beteiligen. „Beihilfe zu den Projekten eines schädliche­n russischen Einflusses werden nicht toleriert“, sagte Pompeo. Doch geht es den USA weniger um das Wohl Europas als mehr um Eigeninter­essen: Sie wollen den Absatz von US-Produkten wie Flüssiggas in Europa sichern, für dessen Entladung vor der polnischen Küste bereits Terminals gebaut werden.

Der Grünen-Außenpolit­iker Omid Nouripour nennt das NordStream-2-Projekt einen „Riesenfehl­er, aus ökologisch­en, europapoli­tischen und ökonomisch­en Gründen“. Das Vorgehen der USA hält er dennoch für falsch. „Hier werden Freunde mit Sanktionen überzogen und behandelt wie Schurkenst­aaten“, sagte er. „Das ist inakzeptab­el.“Er wünsche sich von der Bundesregi­erung

eine scharfe Reaktion. Letztlich müssten solche Sanktionen auch auf europäisch­er Ebene angesproch­en werden. Die AfD forderte Einfuhrzöl­le für amerikanis­ches FrackingGa­s. „Auch Einreisesp­erren für die Verantwort­lichen sind zu prüfen“, sagte der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher Steffen Kotré.

Auch die Wirtschaft protestier­te heftig. Von einem „unfassbare­n Tiefpunkt in den transatlan­tischen Beziehunge­n“sprach der Chef des OstAusschu­sses der deutschen Wirtschaft, Oliver Hermes. „Quasi über Nacht und ohne Konsultati­onen mit europäisch­en Verbündete­n werden bestehende Ausnahmere­gelungen gekippt und rund 120 Unternehme­n aus zwölf europäisch­en Ländern unmittelba­r mit US-Sanktionen bedroht.“Es seien Investitio­nen von zwölf Milliarden Euro gefährdet.

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FOTO: STEFAN SAUER/DPA Die USA drohen wegen der geplanten Pipeline Nord Stream 2 mit Sanktionen für die beteiligte­n Unternehme­n.

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