Pflege, Überlastung – zuletzt Totschlag
MOSBACH (dpa) - „Ich bereue diese Sache sehr“, sagt der große, schmale Mann in kariertem Hemd und Strickjacke vor dem Landgericht Mosbach (Neckar-Odenwald-Kreis). „Diese Sache“ist der gewaltsame Tod der Frau, mit der er 58 Jahre lang verheiratet war, drei Söhne großgezogen hat – und die er jahrelang liebevoll gepflegt hat. Vor dem Schwurgericht gesteht der 79-Jährige am Donnerstag, seine pflegebedürftige Frau am 21. Januar dieses Jahres getötet zu haben – laut Gerichtsmedizin hatte er sie mit einer Kordel erdrosselt, woran er sich nicht mehr erinnern kann.
Um sicherzugehen, dass sie wirklich tot ist, schnitt er ihr mit einem Schinkenmesser die Pulsadern auf – zu dem Zeitpunkt war sie schon gestorben. Einer seiner Söhne, der zu Besuch im Haus weilte, fand den Vater mit dem Messer in der Hand auf der Bettkante sitzend. Die Richter verurteilten den 79-Jährigen wegen Totschlags im minder schweren Fall zu drei Jahren Haft und attestierten dem selbst vielfach erkrankten Mann eingeschränkte Schuldfähigkeit. Die Verteidigung hatte auf zwei Jahre auf Bewährung plädiert. Die Staatsanwaltschaft fordert viereinhalb Jahre.
Die Tat war Endpunkt einer sich über Jahre zuspitzenden Pflegebeziehung, in der der gelernte Schweißer sich nach einer schweren Operation seiner Frau 2002 liebevoll um seine Gattin kümmerte. Nach zwei Schlaganfällen und einem Treppensturz seiner Frau sah sich der völlig überlastete, dennoch pflichtbewusste Senior im Januar kaum noch in der Lage, die 84-Jährige zu betreuen. Als sie sich weigerte, einen kurzfristig organisierten Heimplatz anzunehmen, habe das eine Schockreaktion ausgelöst – mit der Folge des tödlichen Angriffs.