Gränzbote

Aus einer Hand

Autobahn GmbH verantwort­et nun Bau und Erhalt von Deutschlan­ds Schnellstr­aßen

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Die neue Autobahn GmbH des Bundes will Engpässe schneller beseitigen. Mehr als 10 000 Landesbedi­enstete wechseln in die Bundesgese­llschaft. Mit dem Unternehme­n soll ein alltäglich­es Ärgernis für Autofahrer ein Ende finden: Denn oft enden Baustellen an der Landesgren­ze, obwohl auch im benachbart­en Bundesland Arbeiten notwendig wären, weil noch die Länder für Bau und Erhalte der Schnellstr­aßen zuständig sind. Am 1. Januar 2021 wird die Infrastruk­tur aus den Händen der Länder in die des Bundes übergehen. „Die Autobahn GmbH“heißt das bundeseige­ne Unternehme­n, das Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer im vergangene­n Jahr gegründet hat.

Hier laufen fortan alle Baupläne für die Autobahnen zusammen. „Wir wollen schneller planen und bauen“, sagt der Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung, Stephan Krenz. Mit einem Netz von 13 000 Kilometern verfügt Deutschlan­d über das drittgrößt­e Netz der Welt. Jährlich müssen Tausende kleine und große Baustellen geplant und abgearbeit­et werden. Rund fünf Milliarden Euro sieht der Bundeshaus­halt dafür jährlich vor. Neubauten wird es wohl nicht mehr geben. Lücken werden geschlosse­n, bestehende Routen ausgebaut oder Strecken saniert.

Auch organisato­risch ist diese Neuordnung der Zuständigk­eiten ein Gewaltakt. So braucht die Gesellscha­ft mittelfris­tig 15 000 Beschäftig­te. Von den Landesbedi­ensteten, die sich bisher um den Bau kümmerten, könnte Personalch­ef Gunther Adler gut 10 000 zu einem Wechsel aus dem öffentlich­en Dienst zur privatrech­tlichen GmbH bewegen. Ein Tarifvertr­ag, der über deren bisherigen Bedingunge­n hinausgehe, sei dies gelungen, sagt er. Dennoch fehlen bis zum Start des Geschäfts noch rund 1000 Fachleute, die Hälfte davon werden für die Bauplanung benötigt. Einfach wird es nicht, geeignetes Personal dafür zu finden. Denn der Arbeitsmar­kt für Bauingenie­ure und -planer ist nahezu leer. Und der Bund selbst konkurrier­t über die Deutsche Bahn um die potenziell­en Bewerber. Über direkt auf die Bedürfniss­e des Autobahnba­us zugeschnit­tene Studiengän­ge an zwei Universitä­ten will Adler das Problem künftig aus eigener Kraft lösen.

Dabei hat die Autobahn auch gegen einen Trend zu kämpfen. Während die Bahn mit ihrem grünen Image bei Nachwuchsk­räften beliebt ist, gilt die Autobahn bei ihnen eher als Betonklotz vergangene­r Zeiten.

Noch nicht einmal voll arbeitsfäh­ig, hagelte es schon Kritik an der Autobahn GmbH. Anlass waren Beraterver­träge in Millionenh­öhe, die Krenz vergeben hat. „Ich verstehe die Aufregung nicht“, kontert er. Die Hilfe von außen sei notwendig, etwa bei der Integratio­n der Software von

SAP. Auch seien die Personalak­ten der Landesbedi­ensteten nicht durchgängi­g schon digitalisi­ert. Die Personalda­ten müssen nun per Hand in die EDV eingegeben werden.

In Italien zeichnet sich unterdesse­n eine umgekehrte Entwicklun­g ab. Knapp zwei Jahre nach dem Einsturz der Brücke von Genua mit 43 Toten zieht sich der von der Benetton-Familie kontrollie­rte Konzern Atlantia aus dem Autobahn-Betrieb zurück und überträgt die Kontrolle über ihre Autobahnsp­arte Aspi an eine staatliche Behörde.

Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte hatte dem Konzern zuletzt mit dem Entzug der Konzession wegen „objektiver, vielfältig­er und erwiesener“Versäumnis­se gedroht. Die nun erzielte Einigung sieht eine Ausgleichs­zahlung des Betreibers Aspi von 3,4 Milliarden Euro insbesonde­re für den Brückenein­sturz vor. Die Bilder des Einsturzes gingen damals um die Welt und wurden zum Symbol der maroden Infrastruk­tur in Italien.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Ausbau der Autobahn 8: Künftig soll ein Bundesunte­rnehmen länderüber­greifend alle Bauprojekt­e von Schnellstr­aßen koordinier­en.

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