Aus einer Hand
Autobahn GmbH verantwortet nun Bau und Erhalt von Deutschlands Schnellstraßen
BERLIN - Die neue Autobahn GmbH des Bundes will Engpässe schneller beseitigen. Mehr als 10 000 Landesbedienstete wechseln in die Bundesgesellschaft. Mit dem Unternehmen soll ein alltägliches Ärgernis für Autofahrer ein Ende finden: Denn oft enden Baustellen an der Landesgrenze, obwohl auch im benachbarten Bundesland Arbeiten notwendig wären, weil noch die Länder für Bau und Erhalte der Schnellstraßen zuständig sind. Am 1. Januar 2021 wird die Infrastruktur aus den Händen der Länder in die des Bundes übergehen. „Die Autobahn GmbH“heißt das bundeseigene Unternehmen, das Verkehrsminister Andreas Scheuer im vergangenen Jahr gegründet hat.
Hier laufen fortan alle Baupläne für die Autobahnen zusammen. „Wir wollen schneller planen und bauen“, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung, Stephan Krenz. Mit einem Netz von 13 000 Kilometern verfügt Deutschland über das drittgrößte Netz der Welt. Jährlich müssen Tausende kleine und große Baustellen geplant und abgearbeitet werden. Rund fünf Milliarden Euro sieht der Bundeshaushalt dafür jährlich vor. Neubauten wird es wohl nicht mehr geben. Lücken werden geschlossen, bestehende Routen ausgebaut oder Strecken saniert.
Auch organisatorisch ist diese Neuordnung der Zuständigkeiten ein Gewaltakt. So braucht die Gesellschaft mittelfristig 15 000 Beschäftigte. Von den Landesbediensteten, die sich bisher um den Bau kümmerten, könnte Personalchef Gunther Adler gut 10 000 zu einem Wechsel aus dem öffentlichen Dienst zur privatrechtlichen GmbH bewegen. Ein Tarifvertrag, der über deren bisherigen Bedingungen hinausgehe, sei dies gelungen, sagt er. Dennoch fehlen bis zum Start des Geschäfts noch rund 1000 Fachleute, die Hälfte davon werden für die Bauplanung benötigt. Einfach wird es nicht, geeignetes Personal dafür zu finden. Denn der Arbeitsmarkt für Bauingenieure und -planer ist nahezu leer. Und der Bund selbst konkurriert über die Deutsche Bahn um die potenziellen Bewerber. Über direkt auf die Bedürfnisse des Autobahnbaus zugeschnittene Studiengänge an zwei Universitäten will Adler das Problem künftig aus eigener Kraft lösen.
Dabei hat die Autobahn auch gegen einen Trend zu kämpfen. Während die Bahn mit ihrem grünen Image bei Nachwuchskräften beliebt ist, gilt die Autobahn bei ihnen eher als Betonklotz vergangener Zeiten.
Noch nicht einmal voll arbeitsfähig, hagelte es schon Kritik an der Autobahn GmbH. Anlass waren Beraterverträge in Millionenhöhe, die Krenz vergeben hat. „Ich verstehe die Aufregung nicht“, kontert er. Die Hilfe von außen sei notwendig, etwa bei der Integration der Software von
SAP. Auch seien die Personalakten der Landesbediensteten nicht durchgängig schon digitalisiert. Die Personaldaten müssen nun per Hand in die EDV eingegeben werden.
In Italien zeichnet sich unterdessen eine umgekehrte Entwicklung ab. Knapp zwei Jahre nach dem Einsturz der Brücke von Genua mit 43 Toten zieht sich der von der Benetton-Familie kontrollierte Konzern Atlantia aus dem Autobahn-Betrieb zurück und überträgt die Kontrolle über ihre Autobahnsparte Aspi an eine staatliche Behörde.
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hatte dem Konzern zuletzt mit dem Entzug der Konzession wegen „objektiver, vielfältiger und erwiesener“Versäumnisse gedroht. Die nun erzielte Einigung sieht eine Ausgleichszahlung des Betreibers Aspi von 3,4 Milliarden Euro insbesondere für den Brückeneinsturz vor. Die Bilder des Einsturzes gingen damals um die Welt und wurden zum Symbol der maroden Infrastruktur in Italien.