Gränzbote

„Brauche keinen Beifall mehr“

André Schürrle beendet seine Karriere und rechnet ab

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DORTMUND (dpa) - André Schürrle redet offen über Einsamkeit, über Druck und über ein tiefes mentales Loch nach dem WM-Rausch: Sechs Jahre nach seinem goldenen Moment von Rio und mit nur 29 Jahren hat Schürrle überrasche­nd seine Karriere als Fußball-Profi beendet. „Die Entscheidu­ng ist lange in mir gereift“, sagte Schürrle dem „Spiegel“: „Ich brauche keinen Beifall mehr.“

Schürrle hatte im WM-Endspiel 2014 das einzige Tor des Spiels durch Mario Götze vorbereite­t. Fast 100 Millionen Euro Ablöse haben diverse Vereine im Laufe seiner Karriere für ihn bezahlt. Er selbst hat Millionen verdient. Doch er hat auch die Schattense­iten des Geschäfts kennengele­rnt. Am Mittwoch löste er seinen Vertrag bei Borussia Dortmund auf.

Er sei oft einsam gewesen, berichtete Schürrle, gerade als „die Tiefen immer tiefer wurden und die Höhepunkte immer weniger.“Die Branche habe es nicht erlaubt, Gefühle zu zeigen. „Man muss ja immer eine gewisse Rolle spielen, um in dem Business zu überleben“, sagte er: „Sonst verlierst du deinen Job und bekommst auch keinen neuen mehr.“

Bundestrai­ner Joachim Löw zollte Schürrle Respekt. „Ich ziehe den Hut vor seiner Entscheidu­ng und wünsche André alles Gute für die Zukunft“, sagte Löw. „Unvergesse­n bleibt seine Vorlage zum entscheide­nden Tor im WM-Finale 2014.“Die Nationalma­nnschaft habe er als stets „Nest“empfunden, sagte Schürrle: „Es war eine Flucht aus dem Trott, den man Tag für Tag im Verein hat.“Die Wochen in Brasilien seien „die geilste Zeit meines Lebens“gewesen.

Doch bei seiner Rückkehr zum FC Chelsea sei er „in das tiefste Loch gefallen, das es gibt. Ich wollte nicht mehr Fußball spielen. Ich war völlig am Ende.“Seine Mutter sagte: „Ich war manchmal wie besinnungs­los vor Sorge, weil ich gemerkt habe, wie er leidet.“

Danach beim VfL Wolfsburg habe er schon daran gedacht, „alles hinzuschme­ißen“, sagte Schürrle. „Aber diese gesellscha­ftliche Erwartungs­haltung hat schon gedrückt, dass man bis Mitte 30 ja eigentlich nicht aufhören kann.“Sportlich kriegte er die Kurve auch beim BVB nicht. Nachdem sich der 30-Millionen-Euro-Einkauf in Dortmund nicht durchsetze­n konnte, wurde er an den FC Fulham, und Spartak Moskau verliehen. Jetzt endet seine Karriere still. Für Schürrle ist das „völlig okay.“

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FOTO: ANDREAS GEBERT/DPA Nach dem WM-Triumph 2014 kam das tiefe Loch: André Schürrle hat genug vom Fußball.

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