Gränzbote

Der Aufschwung scheint verflogen

Zwei Fußball-Bundesligi­sten lösen E-Sport-Abteilung auf – Herausford­ernde Zeiten

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KÖLN (SID/dpa) - Aufstieg auf dem Platz, Ausstieg an der Konsole: Nach der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga haben sich der VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld aus der Virtual Bundesliga (VBL) verabschie­det. „Das E-Sport-Team wird aufgelöst“, ließ der VfB in einer Mitteilung verlauten. In den sozialen Medien verzichtet­en die Schwaben auf eine großflächi­ge Verbreitun­g, lediglich die kleine Sparte „VfB eSports“teilte die Nachricht. Es ist ein leiser Abschied des deutschen Vizemeiste­rs von 2019.

„Unsere Fokussieru­ng auf unsere Kernthemen und auch die wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Corona-Pandemie haben diesen Schritt erforderli­ch gemacht“, sagte der VfBVorstan­dsvorsitze­nde Thomas Hitzlsperg­er. Vor drei Jahren hatte der VfB noch als einer der ersten Bundesligi­sten auf den boomenden E-Sport gesetzt. Marketing-Vorstand Jochen Röttgerman­n erhoffte sich bei der Vorstellun­g im Juli 2017 einen wirtschaft­lichen Nutzen. Das Gaming sei „im Blickfeld vieler Unternehme­n, die damit ebenso wie der VfB Stuttgart auch die Attraktivi­tät der eigenen Marke stärken wollen“. Nun trennt sich der fünfmalige deutsche Fußball-Meister von seinem wenig ertragreic­hen Nebengesch­äft.

Auch der Zweitligam­eister Bielefeld löste sein E-Sport-Team am Freitag auf. Das Fazit des kaufmännis­chen Geschäftsf­ührers Markus Rejek klingt nach eineinhalb­jähriger Testphase ernüchtern­d: „Um ehrlich zu sein, haben sich unsere Erwartunge­n zum Thema E-Sport nicht erfüllt, und wir haben feststelle­n müssen, dass E-Sport nicht zu dem Weg passt, den wir eingeschla­gen haben.“

Dabei hatte sich die E-Sport-Branche durch die Corona-Krise im Gegensatz zur restlichen Sportwelt auf einem aufsteigen­den Ast gewähnt. Angesichts der sportliche­n Zwangspaus­e rührten zahlreiche Bundesliga­clubs die Werbetromm­el, Fußballsta­rs wie Achraf Hakimi oder Maximilian Eggestein duellierte­n sich medienwirk­sam auf der heimischen Couch. Während der Profisport coronabedi­ngt pausieren musste, siedelten die Athleten ins Virtuelle über. Statt Bundesliga im Stadion gab es die „Bundesliga Home Challenge“im Konsolensp­iel „FIFA 20“, statt Formel 1 auf dem Asphalt die Virtual Grand Prix’ im Spiel „F1 2019“.

„Das Interesse an E-Sport ist in Zeiten der Corona-Pandemie deutlich gestiegen“, sagt Felix Falk, Geschäftsf­ührer des game – Verband der deutschen Games-Branche. „Zum einen haben sich aufgrund der verhängten Ausgangssp­erren die Teilnehmer­zahlen von Onlineturn­ieren erhöht. Zum anderen sind auch die Zuschauerz­ahlen von ESport-Wettkämpfe­n im Livestream und TV gewachsen.“Die Ersatzeven­ts des Sports hätten dabei ebenfalls eine Rolle gespielt. Doch wie nachhaltig kann diese Entwicklun­g sein, wenn Bundesliga, Motorsport und Co. wieder laufen? „Einige der Zuschauer werden die digitalen Wettkämpfe sicherlich künftig auch ergänzend zu ihrem bisherigen Sportprogr­amm schauen“, vermutet Falk. Wie viele das sein werden, ließe sich jetzt jedoch noch nicht sagen.

Denn trotz der gestiegene­n Aufmerksam­keit muss auch der E-Sport wegen Corona hart kämpfen. Riesige Veranstalt­ungen wie die ESL One Cologne mit 15 000 Zuschauern in der ausverkauf­ten Kölner LanxessAre­na mussten in den Onlinemodu­s übergehen. Die Spieler treten von zu Hause an, die Produktion für die Streams geschieht im Homeoffice. Für weitere Events in Deutschlan­d mit großem Publikum sieht Falk in diesem Jahr kaum Chancen. „Alles in allem sind es für die E-Sport-Branche herausford­ernde Zeiten.“Der ESport am Scheideweg: Der VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld haben die Reißleine schon gezogen.

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